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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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wie es damals war. Alberto interessierte sich nur für die Fliegerei und hin und wieder mal für ein schönes nächtliches Vergnügen. Aber vielleicht war es bei Mademoiselle D’Acosta anders. Bei ihr als Lateinamerikanerin, mag sein, dass er sich da frei genug fühlte, Dinge zu äußern, die er mir, einem Franzosen, gegenüber nie geäußert hätte.
    Immer noch Freunde  Aber natürlich liebte er Brasilien, sagte Antônio Prado immer wieder. Wäre Alberto Politiker geworden, wäre er liberal-progressiv gewesen. Manchmal litt er unter den Nachrichten, die er aus Brasilien erhielt, und er hatte immer im Kopf, dass er Brasilianer war und freiwillig im Ausland lebte, nie machte er sich vor, er könnte auch Franzose sein, obwohl doch französisches Blut in seinen Adern floss …
    Der Tourismus-Lehrling  Die Nr. 9 fliegt von einer sanften Brise geschaukelt an diesem strahlend sonnigen Vormittag mit vereinzelten Wolken an einem leuchtend blauen Himmel. Während Alberto von oben auf die vielfältigen Grünnuancen des Bois de Boulogne hinunterschaut, nimmt er zwangsläufig auch die zahlreichen Luxuskutschen und extravaganten Wagen wahr, in denen schöne Frauen mit fast nacktem Dekolleté sitzen und ihm, halb von Spitzensonnenschirmen verdeckt, mit Batisttüchlein fröhlich zuwinken.
    Ein Offizier mit grosser Zukunft  Für eine der schönen Kutschen hat sich der stattliche Heeresoffizier, der dort zwischen zwei Damen sitzend spazieren fährt, in Unkosten gestürzt. Die Kutschenmiete und die Rechnung, die er im Restaurant wird bezahlen müssen, entsprechen einem beträchtlichen Teil seines Hauptmannssoldes. Die französische Armee bezahlt ihre Leute sehr schlecht. Trotzdem gibt der Offizier sich sorglos, der Bois de Boulogne ist rege besucht, der Tag ist klar, und es geht ein duftender, leichter Wind. Die jüngere Dame ist schlicht gekleidet und wunderschön in ihrem Spitzenhut. Die ältere Dame sieht aus wie ein wandelndes Schaufenster von Cartier, so viele Juwelen trägt sie. Allein der Solitär auf einem Finger ihrer rechten Hand könnte schon einige der Probleme lösen, die Hauptmann Ferber am meisten drücken.
    Der Hauptmann jedoch hat nur Augen für das andere Juwel, das schweigend an seiner Seite sitzt, in auffälligem Gegensatz zur unaufhörlich schwatzenden Mutter. Madame ist nicht daran gewöhnt, so früh aufzustehen, und nicht einmal die Aussicht auf ein Mittagessen bei einem der besten Chefs de Paris scheint ihre gereizte Stimmung besänftigen zu können.
    Das Schlimme ist, dass Madames Gemütszustand dem Hauptmann keinerlei Möglichkeit für ein angenehmes und intelligentes Gespräch mit der Person lässt, die er beeindrucken möchte. Aída hat ihn am Morgen sehr freundlich begrüßt, doch er wünscht sich weit mehr als das. Das Mädchen wirkt bedrückt, und er weiß, dass sie wohl noch immer unter dem Schock der Demütigung steht, die sie in Petitsantôs’ Hangar erfahren hat. Madame ist brüsk und herrisch aufgetreten und hat ihre Tochter wie ein Kind ohne eigenen Willen behandelt. Ferber hat Madames Vorgehen missbilligt, aber seine Bedenken für sich behalten. Madame ist explosiv, und wenigstens hat sie nicht verraten, dass er an der Sache beteiligt war, denn dann wäre alles verloren gewesen.
    Ferber hat einen Mann aus dem Kabinett des Ministers dafür abgestellt, Petitsantôs zu beobachten. Auf diese Weise wollte er sich einen Überblick über das Vorleben seines Rivalen verschaffen und einen Weg finden, ihn loszuwerden, aber schon die erste Enthüllung ist schockierend gewesen: Aída besucht regelmäßig den Hangar seines Widersachers.
    Die Krieger ruhen aus  An den besonders begehrten Tischen auf der Terrasse vom Les Cascades sitzen fast nur Offiziere der Armee. Stadtbekannte Besucherinnen des Bois de Boulogne kreisen um die Offiziere, während draußen immer mehr Wagen vorfahren. Ein Streichertrio spielt leise Beethoven.
    Was ist das denn? Ein Biwak?, bemerkt Madame D’Acosta ironisch, als sie das Restaurant betreten.
    Meine Kameraden wissen, dass man hier vorzüglich speist.
    Der Maître kommt dem Hauptmann und seinen Gästen entgegen und weist ihnen einen Ecktisch im Schutz einer blühenden Kletterpflanzenlaube zu.
    Sie durchqueren den Raum, und Ferber winkt zu fast allen Tischen hinüber.
    Ich wusste gar nicht, dass Sie so bekannt sind, Hauptmann, bemerkt Aída.
    Ferber schmilzt dahin: Das sind Kollegen aus dem Ministerium, Mademoiselle.
    Des Hauptmanns Bescheidenheit nimmt Aída für ihn

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