Der Fliegenfaenger
kaufen!«
Das hätte ich mir sparen können. Mein Onkel Jason, gegen Sarkasmus völlig immun, sah mich nur an und sagte: »Genau. Der stellt einen wieder auf die Beine, der Kabeljau von Grimsby.«
Ich seufzte und konnte es kaum erwarten, dass er ins Wohnzimmer runterging und mich endlich in Ruhe ließ. Ich hatte die Nase voll. Es war Donnerstagabend. Ich hatte mit dem Packen so lange wie möglich gewartet, weil ich immer noch hoffte, dass Grimsby vielleicht doch noch plötzlich im Meer versank, immerhin ist die Ostküste bekanntlich starker Erosion ausgesetzt. Nicht mal, nachdem ich die Fernsehnachrichten gesehen hatte, gab ich die Hoffnung auf. Grimsby wurde zwar nicht erwähnt, aber vielleicht war es ja trotzdem ins Meer gerutscht, und man hielt es einfach nicht für berichtenswert! Aber dann kam Michael Fish mit der Wetterkarte. Und da lag Grimsby, das gnadenlose Grimsby, am unteren Rand einer Tiefdruckzone und klammerte sich hartnäckig am Rest von Großbritannien fest.
Ich begann zu packen.
Und jedes Mal, wenn ich mich in meinem Zimmer umsah, wurde ich dran erinnert, dass mir nur noch zwei Nächte blieben, bis ich Failsworth verlassen musste und nicht mehr in meinem Zimmer sein konnte. Also wollte ich die letzten Stunden noch richtig auskosten. Ausgerechnet da war mein blöder Onkel Jason hereingeplatzt – unangekündigt, unaufgefordert. Er hatte nicht mal angeklopft! Und jetzt faselte er was von gesteigerter Lebensqualität durch ein Stück frittierten Kabeljau!
Seufzend packte ich weiter und sagte: »Vermutlich ist es deiner Aufmerksamkeit entgangen, Onkel Jason, aber ich bin seit fast zwei Jahren Vegetarier. Und Vegetarier essen keinen Fisch, auch wenn es der beste Kabeljau der Welt ist.«
Vielleicht reichte es ihm ja jetzt und er ging endlich wieder zu Mam und Tante Fay ins Wohnzimmer runter. Aber er schnaubte nur verächtlich: »Um Gottes willen, Junge! Du bist neunzehn Jahre alt! Wär es nicht langsam Zeit, dass du aus diesem verdammten Vegetarierquatsch rauswächst?«
Ich starrte ihn an. »Quatsch?«, sagte ich. »Vegetarismus ist kein Quatsch. Das ist nicht Lego oder Playmobil oder der Zauberwürfel. Das ist keine Marotte, keine Kinderkrankheit, die man einfach überwindet. Du hast zwar sicher noch nie von ihm gehört«, sagte ich, »aber es gab mal einen Mann namens George Bernard Shaw, der war sein ganzes Leben lang Vegetarier und wurde über neunzig!«
An dem Blick, den mir mein Drecksonkel Jason jetzt zuwarf, merkte ich, dass er sich ärgerte. Das war mir gerade recht. Er hatte in meinem Zimmer nichts verloren, und wenn ich jemanden auf keinen Fall dort haben wollte, dann ihn, der in einem fort seine Ratschläge und Platituden servierte und vom gigantischen Grimsby schwafelte. Wenn es in Grimsby so gigantisch schön war, warum verpisste er sich nicht endlich und fuhr selber hin, samt seiner ekelhaften Brut und Tante Fay, und ließ mich hier in aller Ruhe das tun, was ich am liebsten tat: unglücklich sein in Failsworth!
Endlich näherte er sich der Tür und ich dachte schon, ich sei ihn los. Aber plötzlich drehte er sich noch mal um und machte ein paar Schritte auf mich zu. Und dann kniff er die Augen zusammen und sagte: »Du hältst dich wohl für verdammt schlau, wie?«
Er zeigte mit dem Finger auf mich und fuhr fort: »Komm du mir bloß nicht mit George Bernard Shaw, verdammt noch mal! Du brauchst mir nicht zu sagen, wer George Bernard Shaw war. Meine eigene Mutter hat das ganze Jahr von solchen Arschlöchern wie George Bernard Shaw geschwafelt!«
Jetzt kam er noch einen Schritt näher und sagte: »Hör mal, du Klugscheißer! Ich bin hier raufgekommen, um dir ein paar Ratschläge zu geben. Mag sein, dass George Bernard Shaw nur Kopfsalat und Linsen gefressen hat und trotzdem über neunzig geworden ist! Aber George Bernard Shaw hat auch nicht auf einer Baustelle in Grimsby geschuftet! Der hatte doch nur Schwule und Tunten und Schlaffis um sich, die mit ihren Zigarettenspitzen wedelten! Und das war vermutlich ganz gut so, denn ich glaube kaum, dass so ein bärtiger vegetarischer Schreiberling eine gute Figur gemacht hätte mit einer Tragmulde voller Ziegel auf jeder Schulter! Die andern Bauarbeiter hätten sich totgelacht über deinen scheiß George Bernard Shaw!«
Aber ich zuckte nur die Achseln und sagte: »Mir wiederum fallen nicht allzu viele Maurer ein, die imstande wären, Pygmalion zu schreiben!«
Er starrte mich immer noch böse an. Dann glitt sein Blick über meine
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