Der Flirt
sie eine fast gelangweilte Sinnlichkeit aus. Ihre Jeans war hauteng und betonte sehr erfolgreich ihre Model-Figur. Sie konnte nicht älter sein als vierundzwanzig.
Arnaud war gebannt.
»Ich weiß nicht«, seufzte sie mit schwerem russischem Akzent. »Sie ist so teuer!«
»Und doch«, sagte der Verkäufer eifrig, »kommt sie nie aus der Mode. Es ist eine Investition.«
»Alles kommt aus der Mode!«, schnaubte sie und drehte sich noch einmal um, um ihr hübsches Profil unter der Kapuze zu betrachten. »In dieser Welt hat nichts Bestand! Nichts.«
Da begegnete sie Arnauds Blick. Sie wusste im Bruchteil einer Sekunde, was mit ihm los war, und beschloss, ihre Chance zu nutzen.
»Stimmt es nicht?«, fragte sie ihn und fixierte ihn mit einem sinnlichen Blick voller lüsterner Versprechungen, um sich dann genauso schnell wieder abzuwenden.
(Heiß, kalt, siedend heiß, frostig − hier war eine junge Frau, die wusste, wie man sich einen Mann angelte.)
Arnaud konnte sein Glück nicht fassen. Diese sexy junge Frau wollte ihn! In wenigen Sekunden war es ihr gelungen, monatelange Selbstzweifel auszulöschen.
Er hatte bei der Sache mit dem Spiegel viel zu empfindlich reagiert.
Lässig lehnte er sich gegen die Verkaufstheke, schob die Hände tief in die Taschen und grinste. Als er jünger war, hatte er zwei bezaubernde Grübchen besessen; jetzt tat er sein Bestes, um sie noch einmal aufblitzen zu lassen. »Ich finde, Sie sind zu zynisch.«
»Nein, ich bin realistisch. Also, was meinen Sie?« Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und zog langsam den Reißverschluss hoch. »Ich will die Meinung eines Mannes hören.«
Er hielt ihrem Blick stand. »Ich finde, Sie sind zu schön, um nicht genau das zu kriegen, was Sie wollen.«
Sie lachte und warf ihre schwarze Haarmähne über die Schulter. (So sehe ich aus, wenn die Leidenschaft mit mir durchgeht, signalisierte sie ihm.) »Leichter gesagt als getan!«
Er hatte eine Vision, wie sie sich über ihm rekelte, dunkles Haar über ihrer nackten Brust.
Schon zückte er seine Brieftasche. »Gestatten Sie.«
Sie machte große Augen.
»Natürlich nur unter einer Bedingung.« Er reichte dem verdutzten Verkäufer seine Kreditkarte. »Sie müssen mir erlauben, Sie nach Hause zu bringen.«
Ein Fremder im Garrick Club
Jonathan Mortimer, Esq., von der Kanzlei Hawes Dawson blieb am Fuß der Treppe stehen und rieb sich die Augen.
Es war spät.
Er hatte ein weiteres quälendes Abendessen mit seinem wichtigsten Mandanten, Arnaud Bourgalt du Coudray, und einem seiner Jasager, Jack Pollard, überstanden, für das er sich sehr kurzfristig ein privates Speisezimmer im Garrick Club gesichert hatte. Arnaud hatte darauf bestanden, eine russische Begleiterin mitzubringen. Was nicht länger hätte dauern sollen als eine oder zwei Stunden, in denen man hauptsächlich eine weitere Fusion diskutiert hätte, hatte sich über drei Stunden hingezogen, in denen sie sich unermüdlich befummelt und betatscht hatten. Wie ermüdend. Mit ihrem ständigen Bedürfnis nach Aufmerksamkeit waren reiche Menschen wie Kleinkinder.
Jetzt wollte er nur noch nach Hause. Doch der Gedanke daran, die Treppe hinaufzusteigen, wo seine Frau Amy ihm demonstrativ den Rücken zukehrte, wenn sie ins Bett gingen, ließ ihn zögern.
Warum war es so verdammt kompliziert, verheiratet zu sein?
Am Morgen hatten sie sich schon wieder gestritten. Er konnte sich nicht einmal mehr erinnern, warum − nur, dass der Streit sich viel zu schnell auf gefährliches Terrain zubewegt hatte. Sie spielten immer wieder dieselbe Szene durch.
Er wusste nicht einmal so recht, worum es eigentlich gegangen war, nur dass es bitter gewesen war und voller Spannungen.
Stattdessen ging er also zurück in die Bar des Garrick Club, ließ sich in einen der altersschwachen Ledersessel plumpsen und machte sich an seinen vierten Scotch.
Das tröstliche Hintergrundgemurmel von Männern, die sich wie richtige Männer benahmen, lullte ihn ein und glättete die ausgefransten, fadenscheinigen Kanten seiner Seele. Genau dazu waren Gentlemen’s Clubs da, letztes Refugium vor der von Frauen heimgesuchten Realität in jeglicher Form.
Er nahm einen kräftigen Schluck der bernsteinfarbenen Flüssigkeit und räsonierte über den Zustand seines Lebens. Hätte er es in einem Laden gekauft, würde er es sofort zurückgeben, denn es war eindeutig nicht so, wie die Werbung es versprochen hatte.
Und das war allein Amys Schuld.
Er erinnerte sich daran, wie sie in
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