Der Flirt
Ich kann es auf den Tod nicht leiden, wenn ich ein Kreuzworträtsel nicht ganz gelöst bekomme.« Er neigte den Kopf ein wenig und lächelte sie an, sodass sie gar nicht anders konnte, als sein Lächeln zu erwidern.
»Okay, aber ich kann für nichts garantieren«, warnte sie ihn.
»Na! Es ist das hier« - er beugte sich vor und zeigte auf das Kästchen - »Französisch für …«
Es war sehr lange her, dass Amber jemandem erlaubt hatte, ihr so nahe zu kommen, ganz zu schweigen von einem gut aussehenden jungen Mann. Die Schulter des Fremden strich an ihrer Schulter vorbei, während sie in die Zeitung schaute. Die Luft um sie herum war mit einer subtilen sexuellen Energie aufgeladen, und er duftete so wunderbar, warm und frisch.
Die Lösung war leicht, sie sah, dass er die meisten wirklich schwierigen Begriffe auf Anhieb gefunden hatte. Doch obwohl sie die Antwort sofort wusste, verriet sie sie nicht gleich, sondern genoss seine Nähe noch ein wenig.
»Hmmm …« Sie tat, als müsste sie überlegen. »Das könnte … un coup de foudre sein.«
»Aber natürlich! Sie kluges Mädchen! Mit ER … nicht wahr?«
»RE«, verbesserte sie ihn.
»Natürlich!« Er nickte und trug den Begriff ein. »Ich hätte Sie gleich fragen sollen. Was lesen Sie da?« Er schaute auf ihr Buch. »Zola! Sie geniales Mädchen! Ich hätte mir den halben Vormittag ersparen können!«
»Ich bin wohl kaum genial!« Sie spürte, wie ihre Wangen anfingen zu glühen. »Nur gut in Französisch, mehr nicht.«
»Nun« - er lehnte sich zurück -, »ich hätte das allein nicht hingekriegt.«
»Aber Sie haben den ganzen Rest gelöst«, erinnerte sie ihn. »Und so schnell!«
Er verzog das Gesicht. »Was von meiner Bildung noch übrig ist … wenn man das Bildung nennen kann.«
»Wenn man das Bildung nennen kann?« Sie war neugierig geworden.
»Ach, nichts.«
»Nein, Sie haben mich neugierig gemacht. Was meinen Sie damit?«
»Also, ich habe nie einen Abschluss gemacht«, gestand er ihr und trank einen Schluck Kaffee. »Sie reden mit einem Abbrecher. Ich bin nach Cambridge gegangen, um Englisch zu studieren, aber das war einfach nichts für mich. Ich weiß, dass es eine große Sache sein soll, und meine Eltern waren ziemlich fertig, aber für manche ist es einfach nichts. Vielleicht finden Sie das dumm«, fügte er rasch hinzu, »aber ich wollte reisen, arbeiten, mich freischwimmen.«
Amber starrte ihn an. »Sie haben einfach abgebrochen?« Der Gedanke war ihr noch gar nicht gekommen. Sie hatte sich vorgestellt, sie würde noch einen Zusammenbruch bekommen und weggeschickt oder − womöglich in einem Krankenwagen − weggebracht werden, doch auf den Gedanken, einfach zu gehen und etwas anderes zu machen, war sie gar nicht gekommen.
»Ja. Ich dachte, na und, sollen die anderen doch ruhig denken, es wäre das A und O − ich hatte dort bloß das Gefühl, zu ersticken.«
Sie konnte es nicht recht glauben. »Und was machen Sie jetzt?«
Er lachte. »Sie werden es nicht glauben − ich habe in zehn Minuten ein Interview beim Royal Court!«
»Oh, Sie sind Schauspieler.« Kein Wunder, dass er sich mit ihr unterhielt, die waren doch besonders extravertiert.
»Regisseur«, sagte er. »Wir diskutieren über ein neues Stück, das ich gerne inszenieren würde. Aber hören Sie, ich schwafele. Das ist das Problem mit hübschen Mädchen, in ihrer Gegenwart plappere ich wie ein Idiot.«
Sie kicherte.
»Hey.« Er beugte sich noch einmal vor. »Sie sind wohl nicht zufällig Schauspielerin, oder? Und gerade auf der Suche nach einem jungen Regisseur, der Sie für ein heißes neues Stück besetzt?«
»Ich! Ausgeschlossen!«
»Aber Sie wären perfekt!«
»Ehrlich? Für welche Rolle?«, fragte sie gespannt.
»Für jede Rolle! Sehen Sie sich doch nur an − klug, schön!« Er zuckte die Achseln. »Sie wären einfach perfekt, Punkt! Verdammt!« Er schaute auf seine Uhr. »Wenn ich nicht aufpasse, vermassle ich den Job noch, bevor ich ihn überhaupt habe.«
Er stand auf, legte einen Fünf-Pfund-Schein auf den Tisch, und Amber merkte, wie sie plötzlich von Panik übermannt wurde. Normalerweise vermied sie es tunlichst, mit Fremden zu reden, doch jetzt wollte sie nicht, dass er ging. Aus einem Impuls heraus stand sie ebenfalls auf.
»Es war sehr schön, Sie kennenzulernen. Es ist komisch, ich kann nicht erklären, wie gut es mir getan hat, mit Ihnen zu reden … ich meine … oh, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll …« Ich plappere, dachte sie. Ich
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