Der Fluch der Sphinx
irgendeinem Zusammenhang mit dem Verkauf der ersten Sethos-Statue, die an einen Käufer in Houston ging. Ich sorge mich nun, daß er auch die zweite Statue in die Klauen bekommen könnte. Sie wissen, wieviel mir daran liegt, diese Räubereien an Altertümern zu verhindern.«
Erica blickte hinüber zu dem hell erleuchteten Hilton. »Der Mann, der die erste Sethos-Statue gekauft hat, ist ebenfalls heute aus Houston eingetroffen. Er hat mich heute nachmittag im Foyer des Hilton abgepaßt. Sein Name ist Jeffrey Rice.«
Yvons Mund wurde schmal.
»Er sagte mir«, fügte Erica hinzu, »daß er jedem zehntausend Dollar bietet, der ihm bloß verrät, wo diese zweite Sethos-Statue hingekommen ist, damit er sie kaufen kann.«
»Herrje«, sagte Yvon, »das wird Kairo in einen Zirkus verwandeln. Und man stelle sich einmal vor, ich habe mich gesorgt, Achmed Khazzan und die Altertümerbehörde könnten von der Existenz dieser Statue erfahren! Tja, Erica, das heißt, ich muß schnelle Arbeit leisten. Ich kann verstehen, daß Ihnen nicht wohl dabei ist, so tief in diese Vorgänge verwickelt worden zu sein, aber bitte erweisen Sie mir den Gefallen und sprechen Sie mit Stephanos Markoulis. Ich muß besser über seine Absichten informiert sein, und dazu könnten Sie mirvielleicht verhelfen. Wenn Jeffrey Rice mit solchen Summen um sich wirft, dürfen wir annehmen, daß die Statue noch erhältlich ist. Und wenn ich nicht rasch eingreife, wird sie garantiert in irgendeiner Privatsammlung verschwinden. Ich bitte Sie lediglich darum, sich mit Stephanos Markoulis zu treffen und mir nachher mitzuteilen, was er gesagt hat. Lückenlos.«
Erica schaute in Yvons flehende Miene. Sie spürte sein dringendes Anliegen und war sich dessen bewußt, wie wichtig es war, daß die prunkvolle Statue Sethos’ I. der Allgemeinheit erhalten blieb.
»Sind Sie auch sicher, daß es ungefährlich ist?«
»Natürlich«, entgegnete Yvon. »Sobald er anruft, verabreden Sie sich mit ihm an irgendeinem öffentlichen Ort, dann brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.«
»Na schön«, sagte sie. »Aber dafür schulden Sie mir dann noch ein Abendessen.«
»D’accord«, sagte Yvon und küßte Erica – auf die Lippen.
Erica sah in Yvons gutaussehendes Gesicht. Seine Mundwinkel hoben sich zu einem herzlichen Lächeln. Für einen Moment fragte sie sich, ob er sie womöglich nur benutzte. Dann verbot sie sich aber derartigen Argwohn. Außerdem war es keineswegs ausgeschlossen, daß in Wahrheit sie ihn benutzte.
Wieder auf ihrem Zimmer, fühlte Erica sich so wohl wie während der gesamten bisherigen Reise noch nicht. Yvon hatte sie in einer Weise erregt, wie sie es seit langer Zeit nicht mehr erlebt hatte, zumal auch die körperliche Beziehung zu Richard seit einigen Monaten nicht völlig zufriedenstellend war. Bei Yvon hatte man das Gefühl, daß sein sexuelles Verlangen gleich nach dem Wunsch zu einer tiefen persönlichen Beziehung rangierte. Er war zuwarten bereit, und das empfand sie als angenehm. Vor ihrer Zimmertür schob sie rasch den Schlüssel ins Schlüsselloch und stieß die Tür weit auf. Anscheinend befand sich alles an seinem Platz. Sie entsann sich der etlichen hundert Filme, die sie gesehen hatte und wünschte, sie hätte irgendwelche Vorkehrungen getroffen, um ein mögliches Eindringen in ihr Zimmer während ihrer Abwesenheit augenblicklich feststellen zu können. Sie knipste das Licht an und begab sich ins Schlafzimmer. Dort war niemand. Sie schaute auch ins Bad, obwohl sie über ihre melodramatische Anwandlung lächeln mußte. Dann versetzte Erica, indem sie einen Seufzer der Erleichterung ausstieß, der Eingangstür einen Schubs, die sich mit einem dumpfen Laut schloß, gefolgt vom beruhigenden Klicken ihrer Metallteile aus amerikanischer Fabrikation. Sie schüttelte die Schuhe von den Füßen, schaltete die Klimaanlage aus und öffnete die Balkontür. Bei den Pyramiden und der Sphinx waren inzwischen die Flutlichter gelöscht worden. Sie kehrte zurück ins Zimmer, streifte sich dabei das Jerseykleid über den Kopf und hängte es auf. Entfernt vernahm sie den Verkehrslärm vom Korneish el Nil, auf dem trotz der fortgeschrittenen Stunde noch reger Betrieb herrschte. Ansonsten war es still im Hotel. Aber noch während sie ihre Augen vom Make-up reinigte, vernahm sie von ihrer Tür her das erste unzweideutige Geräusch. Sie versteinerte inmitten ihrer Bewegungen und starrte entsetzt ihr Abbild im Spiegel an. Sie trug noch ihren Büstenhalter
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