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Der Fluch der Sphinx

Titel: Der Fluch der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Oberägypten.«
     
    Die nachmittägliche Sonne stand tief am Himmel, und der Nil wirkte wie ein glattes silbernes Band. Bisweilen funkelten auf seiner Oberfläche kleine Lichter, wenn der Wind das Wasser aufrührte.
    Erica mußte ihre Augen wegen der Sonne beschatten, um die Umrisse der Pyramiden erkennen zu können. Die Sphinx schien aus Gold zu sein. Erica stand auf dem Balkon ihres Zimmers im Hilton. Es war bereits an der Zeit, zu gehen. Die Hoteldirektion war schier außer sich vor Freude gewesen, als sie sich abmeldete, denn wie üblich hatten sie bei weitem zu viele Buchungen entgegengenommen. Erica hatte gepackt; ihr einziger Koffer stand bereit. Der Reiseschalter im Foyer hatte ihr einen Schlafwagenplatz im Neunzehn-Uhr-dreißig-Zug in den Süden besorgt.
    Der Gedanke an die Zugfahrt schob die Erinnerung an die durchgestandenen Ängste in den Hintergrund und tröstete sie über die Auseinandersetzung mit Richard weg. Der Tempel zu Karnak, das Tal der Könige, Abu Simbel, Dendera – das waren die Gründe, weshalb sie nach Ägypten gekommen war; sie wollte nachSüden, Abdul Hamdis Sohn besuchen, aber in der Hauptsache die berühmten Denkmäler besichtigen. Sie war froh, daß sich Richard zur Abreise entschlossen hatte. Vor ihrer Heimreise wollte sie über ihre Beziehung nicht mehr nachdenken. Dann konnten sie weitersehen.
    Erica schaute ein letztes Mal im Bad nach und fand hinter dem Duschvorhang noch ihre Waschcreme. Sie steckte sie in ihre Handtasche und sah auf die Uhr. Es war Viertel vor sechs. Sie wollte gerade zum Bahnhof aufbrechen, als das Telefon klingelte. Yvon war am Apparat.
    »Haben Sie sich mit Stephanos getroffen?« fragte er gutgelaunt.
    »Das habe ich«, gab Erica zu. Sie ließ eine peinliche Pause entstehen. Sie hatte Yvon von sich aus nicht angerufen, weil sie empört war, von ihm einer derartigen Gefahr ausgesetzt worden zu sein.
    »Na, und was hat er gesagt?« erkundigte sich Yvon.
    »Sehr wenig. Was er tat, war auch viel wichtiger. Er hatte eine Pistole. Wir hatten uns gerade erst in der El-Azhar-Moschee getroffen, da kam plötzlich ein großer kahlköpfiger Kerl, der aussah, als sei er soeben geschlagen worden, und rief Stephanos zu, jemand namens Khalifa sei in der Moschee. Dann brach die Hölle los. Yvon, wie konnten Sie mir das zumuten, mich mit so einem Menschen zu treffen?«
    »Mein Gott«, sagte Yvon entsetzt. »Erica, bitte bleiben Sie in Ihrem Zimmer, bis ich wieder anrufe.«
    »Entschuldigung, Yvon, aber ich ziehe gerade aus. Ich verlasse Kairo!«
    »Verlassen!« rief verblüfft Yvon. »Ich dachte, das Abreisen sei Ihnen amtlicherseits verboten worden?«
    »Es ist mir lediglich verboten worden, das Land zu verlassen«, entgegnete Erica. »Ich habe Achmed Khazzans Büro angerufen und mitgeteilt, daß ich nach Luxor reise, und man hatte nichts dagegen.«
    »Erica, warten Sie, bis ich mich wieder melde. Reist Ihr … Freund mit Ihnen?«
    »Er fliegt zurück in die Vereinigten Staaten. Er war über die Zusammenkunft mit Stephanos genauso wütend wie ich. Danke für Ihren Anruf, Yvon. Wir bleiben in Verbindung!« Erica beendete das Gespräch absichtlich so abrupt und legte den Hörer auf. Ihr war klar, daß Yvon sie in irgendeiner Weise als Köder benutzt hatte. Yvons Kampf gegen den Altertümerschwarzhandel leuchtete ihr ein, aber als Köder benutzt zu werden, das paßte ihr nicht. Das Telefon läutete nochmals, aber sie scherte sich nicht darum.
    Das Taxi brauchte vom Hilton bis zum Hauptbahnhof über eine Stunde. Erica hatte ausgiebig geduscht, ehe sie sich auf den Weg machte, aber innerhalb einer Viertelstunde war ihre Bluse schweißdurchtränkt, und ihr Rücken klebte am heißen Vinylbezug der Autositze.
    Der Bahnhof befand sich an einem stark belebten Platz hinter einem alten Standbild von Ramses II. dessen zeitloses Aussehen in scharfem Gegensatz zum nahezu wahnwitzigen Trubel des Straßenverkehrs stand. Im Bahnhofsinnern herrschte ein fürchterliches Menschengedränge; alles war vertreten, angefangen bei den Geschäftsleuten in westeuropäischer Kleidung bis zu Bauern, die leere Kisten, Kasten und Körbe mitschleppten. Obwohl ein paar Gaffer Erica nachblickten, versuchte niemand, sie zu belästigen, und sie schob sich vergleichsweise mühelos durchs Gewimmel. Vor dem Schlafwagenschalter hatte sich eine nur kurze Schlange Wartender gebildet, und Erica war nach kurzer Zeit im Besitz ihrer Fahrkarte. Sie wollte die Fahrt in einemkleinen Dorf namens Balianeh unterbrechen und

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