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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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gesetzt wurden, blieb er nach jeder Runde durch die Kabine stehen wie ein eingesperrter Tiger, um auf die Vorgänge auf Deck zu lauschen. Als die Brigg sich in Bewegung setzte und in den Wind krängte, beruhigte er sich allmählich und verfiel nun in einen leichteren, ausgeglicheneren Schritt.
    Die Zeit verging. Flackernd verlosch die Flamme in der Laterne. Als wäre der Seelenfrieden des Clankriegers mit dem Licht entschwunden, rührte er sich im Dunkel und wühlte so lange in den Schränken, bis er das Lampenöl gefunden hatte. Blind im Dunkel, allein auf seinen Tastsinn angewiesen, füllte er den Öltank auf. Mürrisch wartete er sodann, bis die erloschene Laterne weit genug abgekühlt war, sie zu berühren, um den frisch getränkten Docht zu entzünden.
    Während er mit seinem Messer damit beschäftigt war, die Lampe vom Ruß zu befreien, sagte er zögernd mit tiefer Stimme: »Es gibt wohl kein verdammtes Argument, Euch diese Sache auszureden.«
    »Gnädiger Ath!« Mit einer explosiven Wildheit, die den gefesselten Kapitän unwillkürlich zurückschrecken ließ, wirbelte der kleinere Mann um die eigene Achse. In seinen Fesseln zusammengekauert, den Rücken gekrümmt, erblickte er den Ausdruck unverfälschter Qual im Antlitz des Herrn der Schatten.
    »Jieret«, rief der Verbrecher aufgebracht. »Was habe ich denn für eine Wahl? Wenn wir dieses Heer nicht gleich hier und jetzt aufhalten, so wird es ein weiteres Blutbad geben. Wer auch immer dieses Mal dem Unrecht geopfert würde, ich werde nicht zusehen und es einfach geschehen lassen. In meinem Namen soll nicht getötet werden und ebenso wenig auf einem Schlachtfeld nach Lysaers Wahl.«
    Das Messer blitzte auf. Ein Stück der Rußschicht löste sich von dem Zinngehäuse und beschmutzte die lackierte Oberfläche des Tisches. Gänzlich versunken in die Betrachtung seiner schwarzen Finger und die schwierige Aufgabe, den Docht im Schwanken des Schiffes zu justieren, reckte Jieret sein Kinn vor. Nicht der Mann, sich auf einen Streit einzulassen, den er nicht gewinnen konnte, schnappte er sich einen Lappen, um das schmierige Lampenglas zu reinigen, während sich die Segel über ihnen knarrend im Wind blähten und die Brigg Kurs nach Norden nahm.
    »Sind auf Kurs«, rief der Steuermann; das Jaulen der Takelage unter der steifen Brise hinterließ eine unheimliche Stille, als sich das Schiff ruhig in den Wind legte. Nun, da nur noch Bohlen ächzten und Taue knarrten, das Gespräch hingegen verstummt war, verriegelte Jieret Rotbart die gereinigte Lampe. Jenseits der Bullaugen breitete sich hinter den Wogen ihres Kielwassers der Hafen von Werende wie die golddurchwirkte Seidenwäsche einer Hure aus. Die Lichter von tausend nah beieinander vertäuten Schiffen glitzerten in den muschelförmigen Buchten. Auch an Land funkelten allerlei Lichtquellen. Die Stadt wurde umrahmt von dem Schein der Fackeln auf den Wehranlagen, und unzählige Feuer in geschützten Höhlen markierten das ausgedehnte Kriegerlager.
    Wie die amboßartige Silhouette einer Gewitterfront hob sich des Clankriegers bärtiges Profil hart gegen das trübe Licht ab. »Nun, sollte es möglich sein, ein solches Ungeheuer zu provozieren und zu überleben, so ist das mindeste, was ich tun kann, Euch mit aller Kraft meines Herzens zu unterstützen.« Ruhig und gemessen erklangen die zuversichtlichen Worte; und doch, als Jieret sich erhob, die Lampe wieder an ihren Haken zu hängen, offenbarte das flackernde Licht ein Gesicht, kalkweiß vor Furcht.
    Quälend schlichen die Stunden dahin. Besorgnis nagte an den Nerven der Männer. Von Minute zu Minute litt der eingeschnürte Kapitän der Brigg unter schweißtreibender Furcht. Den Wind hart von achtern, segelte das Schiff über die See, während die feindlichen Seeleute Anordnung erhielten, die Rah zu brassen. Fehlerlos glitt die Savrid durch den Kanal auf der Ostseite ihres vorgesehenen Patrouillenkurses. Trotz seines wenig vertrauenerweckenden Äußeren erwies sich der schlitzäugige Maat als ein Mann, der sein Handwerk wohl beherrschte. Vor den düsteren Untiefen rund um die Halbmondinsel lotete ein Matrose die Wassertiefe aus. Seine Rufe, die den Steuermann über die Wassertiefe informieren sollten, brachten ein wenig Erleichterung. Was auch immer der Herr der Schatten im Schilde führen mochte, zumindest würde das Schiff nicht auf den Felsen zerschellen.
    Mit schweren Lidern und brennenden Augen schrak der Kapitän von einem unruhigen Nickerchen auf. Zinnfarben

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