Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
schluchzend Luft in seine Lungen sog. Ein Nerv zuckte in seiner Wange. Er brachte ihn unter Kontrolle. Kühler Schweiß tropfte von den Händen hinter seinem Rücken, die er so fest ineinander gekrallt hatte, daß selbst die kurzgeschnittenen Fingernägel derbe, rote, halbmondförmige Abdrücke in seinen Handflächen hinterließen. Mit grausam beherrschter Courage hielt Arithon trotz des Soges, den Desh-Thieres Fluch über ihn brachte, seinen Verstand aufrecht. Mit sicherer Hand dirigierte er seine Schatten in ihrem Tanz über das Wasser, ließ sie wieder und wieder seine näherkommenden Schiffe verhüllen. Durch Inseln wächsernen Lichtes vor der allumfassenden Finsternis, segelten seine Zweimaster so unfaßbar und flüchtig wie Rauchschwaden. Geisterhaft glitten sie über das Wasser, und ihre gespenstische Erscheinung ließ sie nur um so bedrohlicher wirken.
Ein Donnerschlag, gefolgt von einem gewaltigen Brausen, erscholl über Werende. Gegen die Flotte und seinen eingeschworenen Feind wehrte sich Lysaer mit reinem Licht. In einer heftigen Detonation riß der Himmel über den Wehranlagen der Stadt auf. Mit nur einem einzigen gewaltigen Schlag roher Macht wurde Arithons aufreizendes Schattenspiel zerstört.
Der Blitz aber zog weiter und traf die Bucht wie ein Hammer, der auf den Amboß der schwarzen Wogen niederging. Die näherkommende Flotte der Zweimaster ging knisternd in Flammen auf. Ein Schock erschütterte den Wind, als Balken, Öltuch, Segel und Spieren Feuer fingen und sich in ein brennendes Inferno verwandelten.
Getroffen von den Auswirkungen dieser machtvollen, ungezügelten Gewalt, verlor Arithon seine Selbstkontrolle. Noch ehe Jieret reagieren konnte, brüllte er, erfüllt von ursprünglichem Zorn, und rammte seine Schulter gegen den Mittelpfosten des Fensters. Klirrend zersplitterten die Scheiben. Dann brachten ihn seine gefesselten Hände zur Raserei. Mit weit aufgerissenen Augen und einem Blick ungezähmter Wut wand er sich wie ein Aal. Glassplitter bohrten sich durch sein Leinenhemd, und schon bald färbten Blutstropfen die verkrampften Hände seines Clankriegers rot.
Jieret fluchte, packte immer wieder zu und keuchte schließlich, als ihn ein heftiger Hieb in den Magen traf. »Nein, das werdet Ihr nicht tun«, donnerte er, kaum daß er wieder zu Atem kam.
Arithon wirbelte herum, kam frei und wurde von der Wucht seiner Befreiungsversuche zur Kajütstreppe geschleudert.
Jieret stürzte ihm hinterher. »Zeigt Euer Gesicht draußen, und Ihr wißt, was geschehen wird. Ihr selbst habt diesem Verbrecher von einem Maat befohlen, Euch die Kehle durchzuschneiden und diese Brigg als Preis zu kassieren.«
Der Herr der Schatten antwortete mit einem höhnischen Lachen, das niemand unter seinen Freunden je von ihm erwartet hätte. »Das wird ihm nicht gelingen, wenn ich sein Fleisch mit meinen Schatten an seinen aufrechten Gebeinen gefrieren lasse.«
»Möge Dharkaron diesen verfluchten Handel rächen«, rief Jieret. Er stürzte an dem Tisch vorbei und packte seinen Prinzen mit ehernem Griff.
Von seinem Aussichtspunkt, gefesselt auf der Koje, beobachtete der Kapitän verwundert den unnatürlich scheinenden Verlauf der Auseinandersetzung. Ein soviel kleinerer Mann sollte niemals fähig sein, sich erfolgreich gegen diesen Clankrieger zur Wehr zu setzen, um so weniger, da seine Hände gefesselt waren. Allein der Gewichtsunterschied hätte ihn zur Aufgabe zwingen müssen. Und doch rollten Clankrieger und Prinz vereint in irrsinniger Gewalt miteinander ringend über die Planken, ehe sie sich, einander noch immer umklammernd, mühsam auf die Beine kämpften.
»Arithon! Mein Gebieter!« klang der Schrei Jierets auf, als ein gezielter Tritt ihn gegen den Lampenpfosten schleuderte. Schatten flackerten im Rhythmus der schwankenden Laterne durch den Raum. Wie besessen setzte Arithon nach. Vor und zurück wütete er durch die Kabine, während Jieret im unsteten Schein der Flamme darum bemüht war, ihn unter Kontrolle zu bringen, obschon ihm selbst zum Fluchen nicht genug Luft blieb.
Nun schlang Jieret beide Arme um seinen Prinzen, konnte ihn aber wieder nicht niederringen; ebensogut hätte er versuchen können, flüssiges Magma mit einem Seidentuch aufzuhalten.
Ein Stiefelabsatz bohrte sich in seine Wade und schleuderte ihn zurück. Nur seine schnellen Reflexe bewahrten ihn vor einer Bißwunde im Handgelenk. Mit beeindruckender Standhaftigkeit verkrallte er beide Hände in das zerknitterte Hemd. Durch Glassplitter
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