Der Fluch des Verächters - Covenant 01
geflügelten Aasfressern zu wimmeln. In den Abgründen seines Herzens spürte er, daß er mit immer heftigerer Besessenheit darauf brannte, endlich aus diesem Traum zu entfliehen.
Das Klopfen an der Tür schreckte ihn auf, aber er wankte verdattert durchs Dunkel, um darauf zu reagieren. »Her ... herein ...!« In seiner Verwirrung tastete er nach einer Türklinke, die es nicht gab. Da öffnete sich die Tür, und eine Helligkeit strömte ins Zimmer, die ihn blendete und benommen machte. Zuerst konnte er nicht mehr sehen als drei Gestalten, wovon eine im Gang an der Wand gegenüber lehnte, zwei jedoch direkt auf der Schwelle standen. Eine dieser beiden Gestalten hielt in jeder Hand eine entflammte hölzerne Rute, die andere hatte jeden Arm um einen Topf voller Glutsteine geschlungen. Inmitten der plötzlichen Helligkeit schienen sie aus dem Halbschatten vor Covenant aufzutauchen, und er trat verdutzt zurück, blinzelte hastig. Als sei sein Zurückweichen eine Begrüßung, betraten die beiden Männer das Zimmer. »Dürfen wir eintreten?« fragte hinter ihnen eine Stimme, die sonderbar rauh und doch sanftmütig klang. »Ich bin Lord Mhoram ...«
»Natürlich dürfen wir«, unterbrach der größere der beiden vorderen Männer mit einer Stimme, die vom hohen Alter knochentrocken und schartig klang. »Er braucht doch Licht, oder wie? Dunkelheit verdörrt das Herz. Wie soll er an Licht gelangen, treten wir nicht ein? Na, verstünde er sich darauf, er könnte sich selber versorgen. Natürlich. Und von uns wird er nicht viel zu sehen bekommen. Zuviel zu tun. Das Abendgebet steht noch bevor. Der Hoch-Lord mag besondere Anweisungen haben. Wir sind spät dran. Weil er sich auf nichts versteht. Natürlich. Aber wir sind schnell. Dunkelheit verdörrt das Herz. Gib acht, junger Mann! Wir können nicht noch einmal umkehren, bloß um auch noch das Dunkel deiner Unwissenheit aufzuhellen.« Während der Mann sprach, die Worte wie faule Diener aus dem Gewölbe seiner Brust riß, klärte sich Covenants Sicht. Er erkannte in der größeren Gestalt einen noch aufrechten, aber uralten Mann mit eingesunkenem Gesicht und einem Bart, der ihm wie eine ausgefranste Fahne fast bis zu den Hüften hing. Er trug ein Gewand nach Art der Holzheimer, allerdings blau gesäumt, und auf dem Kopf einen Kranz aus Blättern. Sein Nebenmann dagegen war anscheinend fast noch ein Junge. Er trug ein braunes Gewand, wie Covenant es von Steinhausenern schon kannte, an dessen Schultern blaue Bänder so eingenäht waren, daß sie beinahe Schulterstücke ergaben, und besaß ein offenes Gesicht, das von Frohsinn zeugte. Er grinste den Greis belustigt und gleichzeitig voller Zuneigung an.
»Er ist unser Gast, Birinair«, sagte der Mann hinter den beiden im Ton einer Ermahnung, während Covenant noch das Paar musterte. Der Alte verharrte, als dächte er über sein Auftreten nach, und Covenant schaute an ihm vorbei hinüber zu Lord Mhoram. Der Lord war ein hagerer Mann von ungefähr Covenants Größe. Er war in eine lange Robe im Blau des Hoch-Lords und mit pechschwarzer Schärpe gekleidet; mit der Rechten hielt er einen langen Stab.
Schließlich räusperte sich der Greis. »Ach, nun gut«, meinte er und sagte nichts damit. »Aber das hier kostet Zeit, und wir sind spät dran. Das Abendgebet muß vorbereitet werden. Vorbereitungen für die Zusammenkunft des Großrats sind zu treffen. Natürlich, du bist ein Gast. Sei willkommen. Ich bin Birinair, Allholzmeister des Lillianrill und Herdwart zu Herrenhöh, und dieser alberne Welpe hier an meiner Seite ist wahrhaftig niemand anderes als Tohrm, Glutsteinmeister des Rhadhamaerl und gleichfalls Herdwart zu Herrenhöh. Nun merke auf! Schau her!« In großartiger Würde begab er sich zum Bett. Darüber befand sich eine Halterung für eine Fackel. »Diese Dinge sind für unwissende junge Menschen wie dich selbst gemacht«, sagte Birinair und schob das brennende Ende einer der zwei Ruten, die er dabeihatte, in die Halterung. Die Flamme erlosch; aber als er die Rute wieder herausnahm, loderte sie erneut auf. Er streckte das nicht entflammte Ende der Rute in die Halterung und durchquerte das Zimmer, um an der Wand gegenüber das gleiche zu bewerkstelligen.
Tohrm stellte einen seiner Töpfe voller Glutgestein auf den Tisch, während der andere Herdwart seine Arbeit tat, und den anderen auf einen Sockel am Becken, das als Badewanne diente. »Deck sie zu, wenn du schlafen möchtest«, sagte er mit heller Stimme.
»Dunkelheit
Weitere Kostenlose Bücher