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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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von Holzheimern und Steinhausenern, mit denen sich Covenant bereits auskannte. Von einigen hatte er den Eindruck, daß sie Lillianrill oder Rhadhamaerl waren; die Mehrheit jedoch übte anscheinend prosaischere Tätigkeiten aus, die sein mußten, um das Leben in einer Stadt zu gewährleisten – Kochen, Reinigen, Handwerken, Reparieren, Ernten. Auch Bluthüter sah man gelegentlich unter den Leuten. Viele Menschen nickten Lord Mhoram mit respektvoller Freundlichkeit zu, und er erwiderte nach allen Seiten Grüße, kannte häufig die Namen jener, die ihn grüßten. Hinter ihm aber trug Bannor die Fackel und stapfte so stur dahin, als sei er allein in der Festung. Als der Strom der Menschenmenge sich zu immer größerem Gedränge verstärkte, lenkte Mhoram seinen Schritt zur Seite an die Felswand. Vor einer Tür blieb er stehen. Er öffnete sie und wandte sich an Bannor. »Ich muß zum Hoch-Lord«, sagte er. »Geleite Thomas Covenant zu einem Platz unterm Volk in der Heiligen Halle.« Er drehte sich nach Covenant um. »Bannor wird dich morgen zur rechten Zeit zur Klause bringen.« Mit einer Grußgebärde ließ er Covenant mit dem Bluthüter stehen.
    Danach übernahm Bannor die Führung Covenants durch Schwelgenstein. Nach einiger Entfernung mündete der Hauptflur in zwei rechtwinklige Abzweigungen, die nach rechts oder links um eine in weitem Bogen geschwungene Felswand führten, und in diesen Rundgang ergoß sich der Menschenstrom aus allen Richtungen. Die gekurvte Felswand zeichnete sich durch Torbogen in gleichmäßigen Abständen aus, hoch genug für Riesen, und durch diese Zugänge eilten die Menschen weiter, zwar zügig, aber ohne wirres Geschubse oder mißmutige Ungeduld. An jedem dieser Tore standen zu dessen beiden Seiten je ein Glutsteinmeister und ein Allholzmeister; und als sich Covenant einem solchen Eingang näherte, hörte er die Torwächter die Leute im Chor ansprechen: »Ist Übel in deinem Herzen, laß es hier! Dafür ist kein Raum in der Heiligen Halle!« Bisweilen hob jemand im Vorbeigehen eine Hand und berührte einen Wächter, als gebe er ein Stück lästiger Garderobe ab. Als sie den Torbogen erreichten, händigte Bannor seine Fackel dem Allholzmeister aus. Der Allholzmeister löschte sie, indem er ein Bruchstück irgendeines Liedes brummte und seine Hand um die Flamme schloß. Er gab die Rute Bannor zurück, und der Bluthüter betrat die Halle; Covenant hielt Anschluß.
    Er fand sich auf einem Balkon wieder, der an der Innenwand einer gewaltigen Höhle entlang verlief. Drinnen war nirgends Licht, aber durch die offenen Tore drang genügend Helligkeit herein, so daß Covenant erkennen konnte, daß es oberhalb von dem, worauf er stand, noch sechs weitere solche Balkone gab, alle zugänglich durch eine beträchtliche Anzahl geöffneter Tore. Er vermochte alles recht deutlich zu sehen. Die Balkone befanden sich senkrecht übereinander, und über fünfundzwanzig Meter tief unter ihnen war der ebene Boden der Höhle. An einer Seite war drunten eine Estrade, aber ansonsten gab es dort nichts zu sehen als viele Menschen. Auch die Balkone waren voller Leute, jedoch weniger dicht gedrängt; von allen Seiten hatte man ungehinderten Blick auf die Estrade.
    Wie mitten aus der Luft befiel Covenant urplötzlich ein Schwindelgefühl und schien rings um seinen Kopf alles in Drehung zu versetzen. Er klammerte sich an die Brüstung, preßte sein in wildes Wummern verfallenes Herz an den Stein. In Schwelgenstein kam er anscheinend an allen Ecken und Enden an Abgründe; wohin er auch ging, mußte er sich mit Klippen, Klüften und Tiefen abfinden. Es beruhigte ihn ein wenig, daß die Brüstung aus hartem Granit bestand. Er kauerte sich dagegen wie ein Huhn auf der Stange, rang seine Furcht nieder und hob den Blick nach oben, bloß um ihn vorerst vom tiefgelegenen Boden der Heiligen Halle zu wenden. Irgendwie überraschte es ihn, als er feststellte, daß die Höhle himmelwärts nicht offen war; eine gewölbte Kuppel, hundert oder mehr Meter oberhalb des höchsten Ringbalkons, verschloß sie vorm freien Himmel. Einzelheiten ließen sich an der Höhlendecke nur mangelhaft erkennen, aber er glaubte, er könne in den Stein gehauene Darstellungen erspähen, riesige Umrisse von Gestalten, aneinandergereiht wie zum Tanz.
    Das Licht begann zu schwinden. Eines ums andere schloß man die Tore; allmählich erfüllte Dunkelheit die Höhle wie eine wiedererschaffene Nacht. Bald war die Halle vollkommen gegen jede Helligkeit

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