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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Oder womöglich bloß, um aus reiner Freundschaft Bescheid zu wissen.«
    Covenant hörte Offenheit aus Mhorams Stimme, und diese Aufrichtigkeit nahm ihm seinen Widerwillen. Er schuldete den Lords und sich eine gewisse Ehrlichkeit. Aber die Schuld schmeckte ihm bitter, und er sah, daß es keinesfalls leichtfallen konnte, das alles auszusprechen, was gesagt werden mußte. Unwillkürlich begann er eine Liste aufzustellen. Wir haben Krebs, Herzkrankheiten, Tuberkulose, multiple Sklerose, Mißgeburten, Lepra ... haben Alkoholismus, Geschlechtskrankheiten, Drogenabhängigkeit, Vergewaltigung, Raub, Mord, Kindesmißhandlung, Völkermord. Doch er brachte es nicht über sich, eine Aufzählung anzufangen, die kein absehbares Ende besaß. Nach einem Moment des Überlegens richtete er sich in seinen Steigbügeln auf und wies auf die zerklüftete Ebene hinaus. »Wahrscheinlich erkennst du's viel besser als ich ... aber auch ich sehe ganz klar, daß es hier schön ist. Es lebt ... es lebt so, wie's eben leben soll. Diese Art von Gras ist gelb, steif und dünn – aber ich kann sehen, daß es gesund ist. Es gehört in diesen Landstrich, in diese Art von Erdreich. Zur Hölle! Ich kann ihm den Frühling ansehen. Woher ich stamme, dort sieht man so was nicht ... wenn man nicht die jährlichen Zyklen der Pflanzenentwicklung kennt, kann man den Unterschied zwischen Frühling und Sommer nicht feststellen. Wenn man ... wenn man keine Vergleichsmöglichkeiten, keine Maßstäbe dafür hat, läßt sich so was nicht erkennen ... Doch auch unsere Welt ist schön – das heißt, was noch davon übrig ist, was wir noch nicht zerstört haben.« Unweigerlich suchten Erinnerungen an die Haven Farm ihn heim. Er vermochte seinen Tonfall nicht von Sarkasmus freizuhalten, als er weitersprach. »Wir kennen ebenfalls Schönheit. Bloß nennen wir sie ›Szenerie‹.«
    »›Szenerie‹«, wiederholte Mhoram. »Das Wort ist mir fremd – aber sein Klang mißfällt mir.« Covenant fühlte sich seltsam aufgewühlt, als habe er gerade über seine Schulter geschaut und dabei bemerkt, daß er zu nahe an einem Abgrund stand. »Es bedeutet, daß Schönheit ein Extra ist«, ergänzte er barsch. »Es ist ganz nett, sie zu haben, aber wir kommen ohne sie aus.«
    »Ohne?« In Mhorams Augen glitzerte es bedrohlich.
    »Leben ohne Schönheit?« seufzte hinter ihm Schaumfolger merklich verblüfft. »Ach, mein Freund! Wie widersteht ihr der Verzweiflung?«
    »Ich glaube, gar nicht!« murmelte Covenant. »Manche von uns sind bloß trotzig.« Danach versank er in Schweigen. Mhoram stellte ihm keine weiteren Fragen, und Covenant ritt dahin, indem er auf dem Unrat seiner Gedanken kaute, bis Hoch-Lord Prothall eine Rast anordnete. Während der Tag voranschritt, schien Covenants Schweigen allmählich die gesamte Truppe anzustecken. Das Gerede und der gelegentliche Gesang des Fähnleins ließen immer mehr nach und verstummten schließlich ganz; Mhoram beobachtete Covenant mit auffälligem Argwohn, sah jedoch davon ab, einen Versuch zur Fortsetzung ihrer Unterhaltung zu unternehmen. Prothall wirkte bald so finster wie die Bluthüter. Nach einiger Zeit erriet Covenant den Grund der immer stärker spürbaren Bedrücktheit. An diesem Abend mußte zum erstenmal ein blutroter Vollmond aufgehen. Ein Schauder durchfuhr ihn. Die kommende Nacht würde so etwas wie einen Testfall für Seibrichs Macht liefern. Wenn der Höhlenschrat sein Rot auch dem vollen Mond aufzuprägen vermochte, mußten die Lords zugestehen, daß seine Gewalt keine erkennbaren Grenzen kannte. Und eine solche Macht konnte mühelos Heere aus dem Boden stampfen, mußte zweifellos bereits Scharen von Plünderern angelockt haben, die darauf brannten, Seibrichs Gier nach Beute zu befriedigen. Möglicherweise hatte das Aufgebot sich den Weg freizukämpfen. Mit einem Schaudern erinnerte sich Covenant an seine kurze Begegnung mit Seibrich in den Höhlen unterm Kiril Threndor. Wie seine Begleitung fühlte er sich zusehends im Bann der sorgenvollen Erwartung, was die bevorstehende Nacht enthüllen möge. Nur Variol und Tamarantha wirkten unberührt von der allgemeinen Stimmungsveränderung. Sie machte wieder einen schläfrigen Eindruck und ritt gleichmütig des Weges, vertraute völlig dem Ranyhyn. Ihr Mann saß aufrecht im Sattel, hielt die Zügel mit fester Hand, aber sein Mund zeugte von Erschlaffung, und seine Augen starrten ausdruckslos in die Ferne. Beide sahen zerbrechlich aus; Covenant hatte das Gefühl, er könne die

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