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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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schnitt er das Thema, sobald sie gegessen hatten und Atiaran auf die Nacht vorbereitet war, mit soviel Freundlichkeit, wie er aufzubringen vermochte, erneut an. »Erzähl mir mehr über diese Wegrast. Vielleicht habe ich irgendwann entsprechende Kenntnisse nötig.«
    Sie hielt ihr Gesicht von ihm abgewandt und lag noch für eine Weile stumm im Dunkel, das nun herabsank. Anscheinend mußte sie erst wieder, ehe sie sich erneut mit ihm unterhalten konnte, Mut fassen, und als sie endlich den Mund öffnete, sprach sie nur ein Wort. »Frag.«
    Ihr Zögern bewirkte, daß seine Frage wieder barsch ausfiel. »Gibt es viele solche Einrichtungen?«
    »Es gibt viele und überall im ganzen Lande.«
    »Wieso? Wer erstellt sie?«
    »Die Anregung dazu haben die Lords gegeben. Schwelgenstein ist nur ein Ort, wogegen die Menschen an vielen Orten wohnen – deshalb ersannen die Lords einen Weg, um den Leuten das Reisen zu erleichtern, damit sie unter weniger Härten nach Schwelgenstein und anderen Orten gelangen können.«
    »Na, und wer kümmert sich darum? Hier lagern doch frische Nahrungsmittel?«
    Von neuem seufzte Atiaran, als sei es ihr lästig, mit ihm zu reden. Es war rasch noch dunkler geworden; er sah von ihr nur einen Schatten. »Unter den Dämondim-Abkömmlingen, welche die Trostlosigkeit überlebten, gab es einige, die sich Lord Lorik Übelzwingers mit Dankbarkeit erinnerten. Sie stellten sich gegen die Urbösen und baten die Lords, ihnen eine Aufgabe zuzuteilen, die sie zum Ausgleich für die Sünden ihrer Art erfüllen könnten. Diese Geschöpfe, die seither Wegwahrer heißen, gewährleisten die Wegraststätten – sie sorgen fürs rechte Wachstum der Bäume, liefern Speise und Trank. Doch das Band zwischen Menschen und Wegwahrern ist zart gesponnen, und du wirst keinen von ihnen unter deine Augen treten sehen. Sie versehen diese Aufgabe infolge eigener Gründe, nicht aus Liebe zu uns ... sie verrichten einen bescheidenen Dienst, um das Schlechte in ihrer großen Geschichte nach und nach aufzuwiegen.«
    In der Wegrast herrschte nunmehr vollständige Finsternis. Trotz seiner Verwirrung fühlte sich Covenant schläfrig. Er stellte nur noch eine Frage: »Wie findet man so eine Stätte, und gibt es dafür eine Karte?«
    »Eine Karte gibt's nicht. Eine Wegrast ist ein Segen, der jedem Reisenden willkommen ist, wo immer er darauf trifft – ein Zeichen des Wohlseins und der Gastfreundlichkeit des Landes. Man kann eine Wegrast finden, wenn man sie benötigt. Die Wegwahrer bringen im Umland Zeichen an.«
    Covenant glaubte, er höre in ihrer Stimme einen Anflug von Dankbarkeit, der in sonderbarem Gegensatz zur Widerwilligkeit ihrer Auskunft stand. Dieser Eindruck erinnerte ihn an die konstante Bürde ihres Konflikts – ihrem Gefühl für ihre persönliche Schwäche angesichts der dringlichen Not des Landes, ihrem Verlangen, ihn sowohl im Interesse des Landes zu schützen wie auch bestraft zu sehen. Aber dergleichen vergaß er bald über seiner nachdenklichen Beschäftigung mit den Wegraststätten. Eingehüllt in den frischen Duft des Grases, auf dem er ruhte, schlief er sogleich ein.
    Während der Nacht wechselte das Wetter. Der Morgen dämmerte trübe unter dicken Wolken heran, die ein unsteter Wind aus dem Norden herüberblies, und Covenant blickte mit gerunzelter Stirn ins morgendliche Dämmerlicht. Er erwachte, ehe Atiaran ihn wecken konnte. Obwohl er in der Geborgenheit der Wegrast tief geschlafen hatte, war er noch immer müde. Während Atiaran das Frühstück bereitete, holte er Triocks Messer heraus und suchte in den Regalen des hohlen Baums; er fand ein Becken für Wasser und einen kleinen Spiegel. Seife entdeckte er nicht; anscheinend verwendeten die Wegwahrer den gleichen feinen Sand, den er in Atiarans Haus kennengelernt hatte. Also machte er sich darauf gefaßt, sich ohne Schaum rasieren zu müssen. Triocks Steinmesser lag ungefüge in seiner Rechten, und er konnte die Vorstellung nicht loswerden, wie er sich damit die Kehle aufschlitzte. Um seinen Mut zu sammeln, betrachtete er sich im Spiegel. Sein Haar war wüst zerzaust; mit seinem Stoppelbart sah er aus wie ein versoffener Wanderprediger. Seine Lippen waren schmal und verpreßt wie beim scharfzüngigen Mund eines Orakels, und in seinen grämlichen Augen klebten Dreckkörnchen. Seiner Erscheinung fehlte bloß noch ein Anflug von Irrsinn, um sie abzurunden. »Alles zu seiner Zeit«, brummte er vor sich hin und setzte das Messer an die Wange. Zu seiner

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