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Der Flug der Stoerche

Der Flug der Stoerche

Titel: Der Flug der Stoerche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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sah man mir meine Verblüffung an, denn Schwester Pascale sagte: »Es gibt vieles, was Sie nicht wissen, Louis. Zum Beispiel sind wir hier keine vergessene afrikanische Missionsstation mit rudimentären Mitteln. Im Gegenteil. Die Klinik von Zoko ist ein Pilotprojekt, dessen Tauglichkeit wir derzeit prüfen und das nur möglich war dank der großzügigen Hilfe einer humanitären Organisation.«
    »Was ist das für eine humanitäre Organisation?« stammelte ich.
    »Monde Unique.«
    Ich hatte damit gerechnet; dennoch stockte mir der Atem, und mein Herz begann wild zu schlagen.
    »Vor drei Jahren«, erklärte Schwester Pascale, »hat unser Orden ein Abkommen mit Monde Unique geschlossen. Die Organisation wollte Stützpunkte in Afrika gründen und von unserer Erfahrung auf dem Kontinent profitieren. Man bot uns modernste Ausrüstung, technische Fortbildungskurse für unsere Schwestern und Medikamente je nach unserem Bedarf. Als Gegenleistung wurde nichts anderes verlangt, als daß wir mit der Genfer Zentrale in Verbindung blieben, die Ergebnisse unserer Untersuchungen mitteilten und manchmal ihre Ärzte bei uns aufnehmen. Unsere Mutter Oberin hat dieses einseitige Abkommen natürlich gern akzeptiert. Das war 1988. Von diesem Augenblick an ging alles sehr schnell. Ein Budget wurde uns zugeteilt, die Mission von Zoko eingerichtet. Leute von Monde Unique kamen und brachten mir den Umgang mit den Geräten bei.«
    »Was für Leute?«
    »Sie sind nicht religiös, aber sie glauben an die Menschheit und dienen ihr - nicht weniger als wir.«
    »Woraus besteht Ihre Ausstattung?«
    »Es sind vor allem Geräte für Untersuchungen – zum Beispiel haben wir einen Röntgenapparat - und für Laboranalysen aller Art.«
    »Was für Laboranalysen?«
    Schwester Pascale lächelte säuerlich, als hätte eine Nadelspitze das Metall ihres Gesichts geritzt. »Ich verstehe nicht sonderlich viel davon, Louis«, murmelte sie. »Ich bin keine Ärztin. Ich entnehme lediglich Blutproben und führe Biopsien durch.«
    »Und wer nimmt dann die Analysen vor?«
    Die Missionsschwester zögerte, dann flüsterte sie mit gesenkten Lidern:
    »Er.« Und wies auf den Computer.
    »Ich lege die Glasplatten mit den Proben auf den Scanner, der speziell programmiert ist. Er liest alle Daten ein, die er braucht, und der Computer führt dann die Untersuchungen durch und erstellt eine Datei für jedes Individuum, die ich auf Karteikarten ausdrucken lasse.«
    »Wer wird denn hier auf diese Weise untersucht?«
    »Eigentlich alle. Es ist zu ihrem Besten, verstehen Sie?«
    Ich nickte müde, dann fragte ich: »Und wer außer Ihnen bekommt die Ergebnisse?«
    »Die Genfer Zentrale. Regelmäßig, und zwar mit Hilfe eines Modems und dieses Funktelefons. Sie fragen die Daten ab und erstellen Statistiken über den Gesundheitszustand der Pygmäen von Zoko. Zur Früherkennung von Seuchengefahren, zur Überwachung von Parasitenbefall und so weiter. Es ist zuallererst eine Vorbeugungsmaßnahme. Im Notfall können sie uns sehr rasch Medikamente zukommen lassen.«
    Die Heimtücke des Systems entsetzte mich. Schwester Pascale entnahm Blut- und Gewebeproben, in aller Unschuld und in bester Absicht. Dann führte der Computer die durch die Software vorgegebenen Analysen durch: neben anderen Parametern ermittelte das Programm auch den HLA-Typ jedes einzelnen Pygmäen, und die Ergebnisse wurden anschließend von der Zentrale in Genf abgefragt. Die Bewohner von Zoko stellten ein ausgezeichnetes menschliches Vorratslager dar, dessen jeweilige Gewebeeigenschaften im Detail bekannt waren. Auf die gleiche Weise wurden vermutlich auch in Sliven und in Balatakamp die >Subjekte< erfaßt und überwacht. Und genauso in jedem anderen von Monde Unique betriebenen Lager und Ambulatorium - die ach so humanitäre Organisation hielt sich ein lebendes Organlager.
    »Stehen Sie in persönlichem Kontakt mit Monde Unique?«
    »Nein. Meine Medikamentenbestellungen gebe ich über Computer durch. Genauso wie durchgeführte Impfungen und medizinische Versorgung. Aber von Zeit zu Zeit bin ich mit einem Techniker in Verbindung, der per Modem die Geräte wartet.«
    »Sie sprechen also nie mit den Leitern von Monde Unique?«
    »Nie.«
    Schwester Pascale schwieg eine Weile nachdenklich, dann fragte sie: »Glauben Sie denn, daß zwischen diesen Gewebeanalysen und Gomuns Tod ein Zusammenhang besteht?«
    »Ich habe nicht den geringsten sicheren Beweis«, sagte ich vorsichtig, denn es widerstrebte mir, meine

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