Der Flug des Falken
Dutzend Fahrzeuge verloren hatten, ohne im Gegenzug eine Clan-Maschine zu vernichten - wie Aleks' Ortung meldete -, zogen die alkaidi-schen Truppen ihren Plan unbeeindruckt weiter durch und schwärmten um beide Flanken des unerwartet eingegrabenen Trinärsterns. Selbst dass ihre Infanterie hatte absitzen müssen, änderte nichts an ihrer Taktik. Sie brauchten eine frontale Streitmacht, um Aleks' Leute zu binden, sonst hatte eine Zangenbewegung keinen Sinn.
»MechKrieger Mordechai«, orderte Aleks, »Angriff wie befohlen.«
Roter Sand strömte vom Rumpf der Maschine, als Mordechais Kampfgeist aus allen Rohren feuernd aus der Deckung brach. Gleichzeitig erhoben sich die wartenden Jadefalken-Schweber in wirbelnden Sandstürmen, um sich in einem vernichtenden Angriff auf die Feinde links von ihnen zu stürzen. Wie geplant unterstützte sie MechKriegerin Ninas Horst dabei.
Aleks - mit seiner Infanterie an der Front der Formation in sicherer Deckung mit überlappenden Schussfeldern, sollten die alkaidischen Fußtruppen einen Vorstoß wagen - blieb es überlassen, mit der Hilfe seiner Elementare den Flankenvorstoß an der rechten Seite aufzuhalten.
Es war kein ausgewogenes Gefecht. Oder ein sonderlich langes.
Ryde
Präfektur IX, Republik der Sphäre
24. Juni 3134
Malvina Hazen kam wie eine biblische Plage über Ryde.
Obwohl der Flug vom Standardsprungpunkt nur elf Tage dauerte, war er der ungeduldigen Jadefalkin zu lang, und sie ging das Risiko ein, einen nur fünf Flugtage entfernten Piratenpunkt anzuspringen - und wie ihrem Kobruder gelang ihr das Glücksspiel. Bei der Ankunft im System, noch vor dem Start der Landungsschiffe, versammelte Malvina ihre Offiziere im Besprechungsauditorium ihres Flaggsprungschiffs La vie en rose, das die Jadefalken im vorherigen Jahrhundert vom Davion-Kontingent des damaligen Vereinigten Commonwealth erbeutet und umbenannt hatten. Malvina hatte darauf bestanden, dem Schiff seinen ursprünglichen Namen wiederzugeben, und als eine Kometin hatte sie ihren Willen auch erhalten. Außerdem kümmerte es Khanin Jana Pryde wenig, wie ihre Schiffe hießen, solange sie siegten.
Nackt trat Malvina vor ihre Offiziere. Sie hob die schlanken weißen Arme über den Kopf und schlitzte sie mit ihrem großen Jagdmesser auf - wobei sie sorgfältig darauf achtete, nur die Haut zu verletzen, weder Muskeln noch Nerven oder Sehnen. Sie ließ das Blut über ihr weißblondes Haar strömen, ihr Gesicht hinab, zwischen ihre Brüste und Schultern fallen und in sich teilenden und wieder vereinenden Rinnsalen über ihren flachen Bauch fließen.
Mit hallender Stimme verkündete sie, dass es so allen ergehen würde, die sich der Rückkehr der Jadefalken in die Innere Sphäre in den Weg stellten. Sie würde in ihrem Blut baden.
Ihre Gierfalken schrien sich heiser vor Begeisterung.
Sie übertrug die Zeremonie live nach Ryde, damit dessen Bewohner wussten, welches Schicksal sie erwartete.
Im Licht einer hellen, aber fernen weißgelben Sonne sanken ihre Landungsschiffe durch die dünne, schwefelhaltige Atmosphäre und setzten an strategischen Punkten der drei Kontinente auf. Sie selbst führte ihren 1. Falken-Angriffssternhaufen gegen den überlebenswichtigen Klarwasserkomplex, aus dem die Bevölkerung der kalten, trockenen Welt ihr Trinkwasser erhielt. Er lag in der Nähe der planetaren Hauptstadt Heaven's Gate auf dem südlichen Kontinent Kaie. Ihr Schiff setzte innerhalb der Umzäunung auf. Die Landestützen gruben sich tief in das Pflaster des Parkplatzes, Fahrzeuge und Zement zerschmolzen unter der Hitze der Triebwerksflammen zu brodelnder Lava.
Ihre Gierfalken stürmten kampfbereit aus den Schleusen. Die Verteidiger Rydes enttäuschten sie nicht. Die meisten Geschützbunker waren während der Nachfolgekriege errichtet worden, als die an Chemikalien reiche Welt häufig zwischen Haus Steiner und Haus Kurita den Besitzer gewechselt hatte. Sie waren dann nach Gründung der Republik entkernt worden und verfallen. Die Festung an der Wasserreinigungsanlage jedoch nicht. Sie war nicht der Preis, dessentwegen jemand den Planeten angegriffen hätte - aber sie war doch unzweifelhaft der Schlüssel zum Besitz dieser Welt. Auch im Frieden der Republik hatten die Behörden Rydes darauf geachtet, diese Anlage angemessen zu schützen.
Die Festung der Republikanischen Ryde-Miliz lag zwar in der Nähe der Anlage, aber mehrere Kilometer außerhalb des Werksgeländes, auf einer ockerfar-benen Ebene unweit der Hauptstadt. Da
Weitere Kostenlose Bücher