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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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findet man doch nichts», antwortete er. «Es gab nur ein Nudelsüppchen ohne Proteine.»
    «Dann wundert mich nichts mehr», sagte Ulla. «Wahrschein lich ist dir vor Hunger schwummerig geworden.» Sie nahm den Rucksack und die Segeltuchtasche und marschierte ins Freie.
    «Kann sein», räumte er ein, während er Ulla folgte. Marlene bildete die Nachhut und wurde das Gefühl nicht los, ihn stützen zu müssen, damit er nicht zusammenbrach.
    Trotz seiner desolaten Verfassung bemühte er sich, lässig und scherzhaft zu klingen. «Aber was hätte ich machen sollen? Die holde Weiblichkeit befiehlt, ich gehorche. Du kennst mich doch. Meine Kräuterhexe hat mich auf Diät gesetzt. Fasten ist die beste Medizin, wenn man sich an zu viel Protein den Magen verkorkst hat. Aber es ist doch glimpflich ausgegangen. Ich hatte mehr Glück als Verstand. Nur eine Fleischwunde und Quetschungen am linken Bein, wirklich nicht dramatisch.»
    Er hinkte zum Gotterbarmen und wirkte erleichtert, als er endlich hinten im Van Platz nehmen konnte. «Wenn es euch nichts ausmacht, strecke ich mich aus und mach die Augen zu. Ich bin vollkommen erledigt.»
    «Wann hast du denn zuletzt geschlafen?», nahm Ulla ihr Verhör wieder auf.
    «Vergangene Nacht», erklärte er und zeigte zurück auf den Krankenhauskomplex. «Die haben mir eine Lokalanästhesie verpasst, weil sie nähen mussten. Ich hab ihnen gesagt, dass ich so ein Zeug nicht vertrage. Das haut mich jedes Mal um. Das hat die aber nicht gekümmert.»
    Ulla gab sich damit zufrieden, hievte seinen Rucksack hinten in den Van, schob die Segeltuchtasche hinterher, schloss die Hecktür und stieg auf den Beifahrersitz.
    Es hatte ganz den Anschein, dass er einschlief, kaum dass Marlene losgefahren war. Ulla warf hin und wieder einen Blick über die Schulter. Aber erst auf der Autobahn meinte sie verständnislos kopfschüttelnd: «Von seiner Kräuterhexe hat er mir am Donnerstag schon erzählt. Ursprünglich wollte er von der Pizza gar nichts nehmen. Das hätte sie ihm verboten. Was denkt solch ein Weib sich, einen Mann auf Diät zu setzen, der nur noch aus Haut und Knochen besteht?»
    «Ich päppele ihn schon wieder auf», versprach Marlene. «Mach dir keine Sorgen.»
    «Tu ich gar nicht», behauptete Ulla mit trotzigem Unterton. «Ich habe mir letzten Mittwoch fest vorgenommen, mir niemals wieder Sorgen um Leute zu machen, die alt genug sind, um zu wissen, was richtig und was falsch ist. Wenn er meint, er müsste eine Kräuterhexe konsultieren statt einen Arzt   …»
    «Vielleicht ist er nicht mehr krankenversichert», meinte Marlene.
    «Er hatte am Donnerstag genug Geld bei sich, um eine Chefarztbehandlung zu bezahlen», erklärte Ulla.
    Sie bestand darauf, zurück zu Scheidweber & Co gebracht zu werden, weil dort das Rad stand, das sie nun noch ein paar Tage länger benutzen musste. Sie verabschiedete sich mit den Worten: «Vielleicht klappt es nächste Woche mit meinem neuen Auto. Überleg dir das bloß nicht anders.»
    Andreas schlief tatsächlich fest. Marlene musste ihn wecken, nachdem sie den Van in die Garage gefahren hatte. Unbemerkt von der Nachbarschaft, brachte sie ihn und sein Gepäck ins Haus. Diesmal trug sie Rucksack und Tasche in die Diele, obwohl er erklärte: «Wegen einem Kratzer am Bein bin ich noch lange kein Invalide, Lenchen.»
    «Du siehst aber aus wie einer», sagte sie. «Möchtest du dich weiter ausruhen, oder soll ich dir etwas zu essen machen? Wie wäre es mit Reis und einem Putensteak? Fettarm und nicht scharf gewürzt, kein Vergleich mit einer Pizza. Ich bring es dir auch nach oben, wenn du dich gleich hinlegen möchtest.»
    «Klingt verlockend, nachdem ich gestern Abend so üppig gespeist und heute noch gar nichts in den Leib bekommen habe», meinte er. «Aber ich will dir nicht zu viel Mühe machen.»
    «Es macht keine Mühe», sagte Marlene. «Ich habe ja auch noch nicht zu Abend gegessen.» Sie war auch nicht hungrig, hatte mittags beim Chinesen reichlich gespeist, was sie ihm jedoch nicht auf die Nase binden musste. «Ob ich nun eine Portion mache oder zwei, die Arbeit ist dieselbe.»
    Er betrachtete sie, als denke er über ihren Vorschlag nach. Doch dann schüttelte er den Kopf. «Ehe du mir etwas ans Bett bringen kannst, bin ich garantiert längst im Reich der Träume. Und dass du mich heute noch einmal wach bekommst, bezweifle ich. Dieses Narkosezeug hat mich fix und alle gemacht. Aber bis morgen früh werde ich nicht verhungern.»
    Die beiden Treppen

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