Der Frauenjäger
Herbert, dem es gerade sehr schlechtgeht. Herbert soll den Kopf nicht hängen lassen, es kommen bald bessere Zeiten. – König heißt mit Vornamen Herbert.»
«Das war Ammer», sagte Marlene.
«Ja», stimmte Karola zu. «Kolber und Heißler meinten das auch. Wir haben sie sofort informiert. Sie haben zwei Leute bei König einquartiert, falls der Kerl dort noch einmal auftauchen sollte. Aber so blöd wird der nicht sein.»
«Das glaube ich auch nicht», sagte Marlene. «Der ist bestimmt längst über alle Berge.»
Danach erst fragte Karola: «Wie geht’s dir denn?»
«Geht so», sagte Marlene. «Meine Knie sehen fast aus wie neu, ganz rosig. Ich hab gutes Heilfleisch. Nur der Arm macht mir noch zu schaffen. Da drückt ein mächtiger Bluterguss aufs Gelenk.»
«Kannst du schlafen?»
«Stundenweise. Aber das Problem hatte ich vorher schon.»
«Hast du Albträume?»
«Keine, an die ich mich erinnere», sagte sie und wechselte das Thema. «Wie geht’s Andreas? Ich hätte ihn gerne nochmal besucht, aber ich soll nicht unnötig in der Gegend herumfahren.»
«Er hat auch gutes Heilfleisch», sagte Karola. «Und seit er weiß, dass ich sein Bett nicht abgebrochen habe, kann er es gar nicht erwarten, mal wieder richtig auszuschlafen. Im Krankenhaus kommt er nicht dazu.» Unvermittelt begann sie zu weinen. «Es tut mir so leid.»
«Was?», fragte Marlene, verblüfft von diesem Ausbruch, der so gar nicht zu Karola passte.
«Alles», stammelte Karola. «Einfach alles.» Dann legte sie auf.
Marlene ging zurück in die Küche, setzte sich wieder vor ihren Milchkaffee an den Tisch und wartete auf die nächsten Nachrichten. Jede halbe Stunde bestand die Chance, dass die Sprecherin die Festnahme eines Mannes verkündete, der Frauen unter die Erde gebracht hatte, darunter Mona Thalmann, deren Schwester ein Buch herausgebracht hatte und kürzlich bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Jede halbe Stunde. Und vorher die Werbung. Und dazwischen Musik. Und wenn sie nicht genau hinhörte, sang immer nur Marianne Faithfull die Ballade von einer jungen Frau, die mit ihrem Leben nichts mehr anzufangen wusste.
Epilog
Nummer fünf war eine wirklich ärgerliche Geschichte. Schon im Vorfeld waren ihm Fehler unterlaufen. Zweimal war er ihr so nahe gekommen, dass sie ihn bemerkt hatte. Aber dass sie Tagebuch führte, ihn darin erwähnte, ihn sogar als ihren Tod bezeichnete, hatte er doch nicht erwarten können. Als ob sie es geahnt hätte.
Sein größter Fehler war allerdings gewesen, ihrem Mann eine geraffte Fassung ihrer letzten Tage in den Postkasten zu werfen. Natürlich keine Bilder, nur Worte. Er hatte gedacht, dem sauberen Pärchen Josch und Heidrun damit einen Dienst zu erweisen. Dass die beiden mehr füreinander empfanden als unter Verschwägerten üblich, war ihm schon klar gewesen, als er die hohläugige Schlampe noch im Visier gehabt hatte. Und wenn Heidrun ein Kind von Josch erwartete …
Er hatte wirklich geglaubt, ihnen eine Last von den Schultern zu nehmen, wenn er sie begreifen ließ, dass sie keine Rückkehr der widerlichen Hure befürchten mussten. Wenigstens einmal sollte ein Mann erfahren, dass der Weg ins neue Glück frei war.
Eine Gefahr für sich hatte er nicht gesehen, wo die Schlampe so freimütig ihre Ansicht preisgab, der gute Josch habe ihre wilden Jäger für ihren Abgang bezahlt. So ein Tondokument konnte man nicht der Polizei aushändigen, wenn man ohnehin bereits unter Verdacht stand.
Und was tat dieses dreiste Biest von einer Schwester? Schnitt aus Monas Ergüssen zwei Sätzchen aus, ließ den guten Josch damit nach Madrid fliegen, schrieb ein Buch und dichtete ihm darin eine ekelhafte Affäre mit der magersüchtigen Schlampe an. Als ob er sich mit so einer eingelassen hätte. Er doch nicht!
Aber die clevere Heidrun hatte ihre Strafe bekommen. Da sollte man nicht an eine höhere Gerechtigkeit glauben, die gute Taten zu würdigen wusste. Dass es ihn trotzdem erwischte, weil Nummer neun entkommen war …
Nachdem er an einem Bankautomaten in der Kölner Innenstadt etwas Bargeld abgehoben hatte, wurde er kurz darauf in einem preiswerten Hotel festgenommen. In der ersten Vernehmung vertraten zwei LK A-Fritzen die Überzeugung, er hätte mit Nummer neun keine Schlampe, sondern eine liebevolle und treue Ehefrau und Mutter erwischt – und entkommen lassen.
Sie glaubten offenbar, er habe ihr die Flucht ermöglicht, jedenfalls nichts getan, um sie daran zu hindern, weil er nur mit halbem
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