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Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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diesem Scheiß herumschlagen musste?
    »Ich hab dich was gefragt, du Emo-Lesbe. Mit welcher von uns willste knutschen?«
    Schaudernd hob Dayna den Blick und kämpfte gegen ihre Angst an. Wieder die lange Blonde. Die Anführerin. Diejenige, die sie angestarrt hatte, ohne es zu merken, ganz in Gedanken an Max und seinen Kuss. Es hatte gar nichts mit dem Mädchen zu tun.
    »Vielleicht mit uns allen«, mischte sich ein anderes Mädchen ein.
    »Ich kann euch allesamt nicht ausstehen«, hörte sich Dayna sagen. »Ich finde euch alle zum Kotzen.« Sie hielt den Atem an, um nicht vollends in Panik zu geraten.
    Den anderen fiel die Kinnlade herunter, und sie starrten sie erstaunt an.
    »Auf sie!«
    Mit einem Satz sprang Dayna von dem Mäuerchen und rannte zum Tor. Im Gegensatz zu den anderen Mädchen trug sie flache Stiefel, so dass sie wesentlich schneller war. Das Adrenalin trieb sie zusätzlich an.
    »Komm zurück, du Schlampe! Wir kriegen dich schon!«, hörte Dayna sie brüllen, während sie vom Schulhof rannte. Immer weiter lief sie, über den leeren Parkplatz, durch den zugewucherten Grünstreifen hinunter zum Bach, wo sie und Max gepicknickt hatten. Am Ufer blieb sie keuchend stehen und beugte sich vor, die Hände auf die Oberschenkel gestützt.
    Dayna schluchzte. Tränen der Wut brannten auf ihren verschwitzten Wangen. Sie hasste sie alle. Warum konnten sie sie nicht in Ruhe lassen? Sie hatte ihnen nichts getan. Sie bückte sich, hob einen Stein auf und schleuderte ihn gegen einen alten Einkaufswagen, der im Wasser lag. Dabei malte sie sich aus, wie sie den Kopf des blonden Mädchens tief in den Morast am Grund des verdreckten Baches drückte und zusah, wie immer weniger Luftblasen aufstiegen und die zuckenden Glieder des Mädchens schlaff wurden. Mehr als alles in der Welt sehnte sie sich danach, jemandem – irgendwem – weh zu tun, um den Schmerz zu lindern, der sich über so lange Zeit in ihr aufgestaut hatte.
    Sie beschloss, nicht in die Schule zurückzukehren, sondern zu Max’ Bude zu gehen. Sie wusste, dass er nicht dort war, aber sie konnte ja auf ihn warten. Wenn sie noch ein Guthaben auf ihrer Telefonkarte hatte, konnte sie ihm auch eine SMS schreiben. Heute Nachmittag hatten sie Englisch, und sie hatte sich darauf gefreut, ihre Arbeit zurückzubekommen. Diese Mädchen machten ihr ganzes Leben kaputt. Sie musste sich täglich auf einigermaßen sicherem Weg in die Klasse schleichen, damit sie sie nicht abfangen und umzingeln konnten; statt in der Mensa zu essen, war sie gezwungen, sich mit einem Joint und einer Cola hinter dem naturwissenschaftlichen Trakt herumzudrücken. Jeden Atemzug von ihr beherrschten sie, jedes Blinzeln ihrer Lider, jeden Schlag ihres Herzens.
    Ein Zug ratterte über die Brücke. Dayna spürte das Vibrieren in jeder Faser ihres Körpers und fragte sich, wie die kleine Hütte die ständigen Erschütterungen so lange überstehen konnte. Sie ging zur Tür und drehte am Bügel des Vorhängeschlosses. Er war nicht eingerastet. Erschrocken fragte sie sich, wer oder was wohl dort drin sein mochte. Sie hatte angenommen, Max sei in der Schule. Von drinnen kam ein Geräusch. Hatte sie Einbrecher überrascht, die gerade Max’ Sachen klauen wollten?
    Sie wollte schon das Schloss wieder einhängen, da wurde die Tür plötzlich aufgerissen.
    Da stand jemand und fuchtelte mit einem Messer vor ihr herum.
    Mit einem Aufschrei riss Dayna die Fäuste hoch und ließ sie gleich darauf wieder sinken, als sie erkannte, wer es war. »Was zum Teufel …« Sie konnte kaum sprechen, so sehr zitterte sie. Sie hob das Schloss auf, das ihr aus der Hand gefallen war, und sagte wütend: »Ich dachte, du wärst in der Schule.«
    »War ich auch.« Max ließ das Messer sinken und wollte sich wieder in die Hütte zurückziehen.
    »He, warte mal!« Dayna fasste ihn an der Schulter und drehte ihn zu sich herum. »Du hast ja geweint.«
    »Na und«, erwiderte Max achselzuckend, entwand sich ihrem Griff und ging hinein.
    Dayna folgte ihm. »Was ist los?« Sie drückte ihn auf den Autositz, neben dem eine Dose Ale stand, steckte den halbgerauchten Joint, der ebenfalls dort lag, wieder an und reichte ihn Max. Dann trank sie einen Schluck Bier und verzog das Gesicht. »Erzähl.«
    Max schaute ihr in die Augen. Sie konnte seinen Blick kaum ertragen.
    Es dauerte eine Viertelstunde, bis sich Max’ Herzschlag beruhigt hatte. Er hatte sich bemüht, sich seine Angst nicht anmerken zu lassen, doch Dayna entging nichts. Mit

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