Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
Vom Netzwerk:
er seine Fehler immer noch so schön findet.« Sie packte die Autoschlüssel, zog ihre Stiefel an und riss die Haustür auf. Im selben Augenblick flammten tausend Blitzlichter auf, so grell, dass sie die Hand vor die zusammengekniffenen Augen halten musste. Jetzt hatten sie doch herausgefunden, wo sie wohnte.
    »Ach, verdammt!«, hörte sie Leah hinter sich sagen, dann prasselten die Fragen auf sie ein.
    »Stimmt es, dass Ihr Sohn einer Jugendbande angehörte, Miss Kent?«
    »Stimmt es, dass er vom Internat verwiesen wurde?«
    »Wurde er erstochen, weil jemand einen Groll gegen Sie hegte?«
    »Wie fühlen Sie sich jetzt, nachdem Sie selbst ein Opfer der sozialen Probleme geworden sind, aus denen Sie Kapital geschlagen haben?«
    Doch bevor Carrie antworten konnte, bevor ihr überhaupt ein paar zusammenhängende Worte einfielen, brach sie auf der Türschwelle zusammen.

Januar 2009

    D aynas ganzer Körper stand in Flammen. Sie wollte mit Max schlafen. Sie hatte es noch nie getan und fragte sich, ob es auch für ihn das erste Mal wäre.
    »Der größte Teil war unter aller Kritik.« Mr Lockhart schritt durch die Klasse und knallte die Englischaufsätze auf die Tische. »Das heißt, von denen, die sich überhaupt die Mühe gemacht haben.« Neben Daynas Tisch blieb er stehen und suchte in dem kleinen zerfledderten Stapel nach ihrer Arbeit. Ihr wurde flau im Magen. Endlich zog er die Seiten heraus. »Das war Unterrichtsstoff! Und falls ihr etwas werden wollt, und damit meine ich etwas anderes als Aushilfe in der Imbissbude, dann setzt euch hin und fangt an zu arbeiten. Und schreibt so was wie das hier.« Er hielt ihre Arbeit hoch und legte sie dann vor Dayna auf den Tisch.
    »Vielen Dank, Sir«, sagte sie leise. Ihre Wangen glühten, als sie die Blicke der anderen spürte. Es kamen, wie zu erwarten, ein paar Bemerkungen darüber, dass sie bestimmt mit dem Lehrer bumse oder den Aufsatz aus dem Internet abgeschrieben habe. Dayna selbst musste sich ehrlicherweise eingestehen, dass ihre Arbeit nicht besonders gut war. Ihre Rechtschreibung war schlecht – sie hatte erst im Alter von neun Jahren lesen und schreiben gelernt –, und sie hatte das Stück nur halbwegs verstanden. Doch sie war fest entschlossen, die geforderten Arbeiten abzuliefern und irgendwie die Abschlussprüfung zu bestehen, damit sie aufs College gehen konnte und endlich hier wegkam.
    »Traurig, nicht wahr?«
    »Was?« Dayna blickte auf. Mr Lockhart hatte zu ihr gesprochen.
    »Was mit diesen beiden Kindern passiert. Ich meine, all das Morden und die Fehde zwischen ihren Familien.« Er verzog das Gesicht und ging nach vorn.
    »Äh, ja.« Etwas traf ihren Hinterkopf. Sie befühlte die Stelle und ertastete einen Kaugummi. Er klebte unter der Spange, die sie sich am Morgen ins Haar gesteckt hatte. Sie ließ das klebrige Zeug, wo es war. Wahrscheinlich musste sie es später auf dem Klo herausschneiden.
    »Was hat das alles mit uns heute zu tun? Weiß es jemand?«, dröhnte Mr Lockharts Stimme durch den Klassenraum. Niemand antwortete. »Eure nächste Aufgabe ist eine Erörterung darüber, inwiefern sich die Beziehungsprobleme heutiger Jugendlicher von den Schwierigkeiten unterscheiden, mit denen es Romeo und Julia zu tun hatten. Verstanden?« Wieder kam keine Antwort.
    Dayna hätte gern ein paar Fragen gestellt, wollte jedoch nicht riskieren, Prügel zu beziehen.
    Nach der Stunde holte sie Max auf dem Flur ein. »Was hast du bekommen?«, fragte sie.
    »Eine Drei«, entgegnete Max, ohne sie anzusehen. Er trottete mit dem Strom der Schüler, die aus den Klassenzimmern kamen und sich durch den tristen Flur auf den Weg zur Mensa machten.
    »Ich auch«, erwiderte sie, obwohl sie in Wirklichkeit eine Eins bekommen hatte. »Hast du was zu essen dabei?«
    »Nee. Ich habe bei meinem Vater übernachtet. Er hatte nur Instantnudeln im Haus.«
    »Sollen wir uns Pommes holen?«
    »Keinen Hunger. Bis später.« Max vergrub die Hände in den Taschen und ging rasch weiter. Dabei stieß er mit einem älteren Schüler zusammen, der ausholte und ihm einen Schlag gegen die Schulter versetzte.
    »He, warte doch. Was ist denn los?« Atemlos versuchte Dayna, mit ihm Schritt zu halten. Sie hatten das Schulgebäude inzwischen verlassen. In der Eiseskälte, die ihnen entgegenschlug, blieb ihr fast die Luft weg. »Warum bist du sauer auf mich?«
    Max fuhr herum. »Weißt du das wirklich nicht? Kannst du es nicht sehen?«
    Dayna fand, dass er wunderschön aussah, auch wenn in seinen

Weitere Kostenlose Bücher