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Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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war.
    Verwirrt über diese neuen, unbekannten Gefühle und die Art, wie Dayna damit umging, strich Max mit der Hand über die Kartons in der Ecke. Er musste die Plane darüberziehen, sonst wäre bald alles ruiniert. Er nahm die Schachtel mit dem Dampfbügeleisen zur Hand. Er hatte es allen möglichen Leuten angeboten, aber niemand hatte es haben wollen. Es gab auch noch einen Entsafter und ein Bastelset. Er schob beides beiseite und schälte die aufgeweichte Pappe ab. Das Bastelset stellte er auf den Autositz. Er konnte es Lorrell schenken und hätte damit einen Vorwand, Dayna zu besuchen und zu sehen, wie die Dinge standen.
    Max gab den Sicherheitscode ein und schloss dann die Haustür im georgianischen Stil auf. Sie war frisch gestrichen, roch noch immer ölig und neu. Martha hatte den dicken Türknauf und der Türklopfer aus Messing auf Hochglanz poliert. In der Eingangshalle duftete es nach den Lilien, denn auf Anordnung seiner Mutter musste stets ein Strauß auf dem Dielentisch stehen, der alle drei Tage durch einen frischen ersetzt wurde.
    Er streifte die Schuhe ab und stellte sie in den begehbaren Schrank. Seine Mutter würde ausrasten, wenn er sie im Haus anbehielt. »Du schleppst den Dreck anderer Leute herein. Erwartest du etwa, dass ich das gut finde?« Max hatte mehr als einmal eine solche Tirade über sich ergehen lassen. Wenn er ehrlich war, fiel es ihm schwer, das hier als sein Zuhause anzusehen.
    Er blieb stehen und lauschte. Martha war sicher schon gegangen. Und seine Mutter … Die konnte von New York bis Selfridges überall sein, vielleicht auch in ihrem Fernsehstudio. Im Grunde war es ihm egal. Ihr Anblick hätte ihn nur daran erinnert, was für ein Freak er war. Dabei wollte er nicht anders sein, auch wenn es ihn mit Dayna verband. Wer wollte das schon? Am allerwenigsten ein Teenager wie er, der sich schon im Aussehen von den anderen unterschied. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte er die Treppe hinauf, dankbar dafür, dass seine dünnen Beine ihn wenigstens schnell nach oben in sein Zimmer trugen.
    »Bist du das, Max?« Der schrille Befehlston ließ ihn in vollem Lauf erstarren.
    »Ja«, rief er zurück.
    »Komm doch mal kurz her.«
    Wenn er nicht zu ihr ging, würde sie in sein Zimmer kommen, und das wollte er vermeiden. »Was ist denn, Mum?« Er rannte die Treppe wieder hinunter. Zu seiner Überraschung verschlug ihr Anblick ihm den Atem. Sie sah heute wunderschön aus. So etwas hatte er noch nie zuvor gedacht. Lag es vielleicht an Daynas Kuss? Seine Mutter saß in ihrem Arbeitszimmer am Schreibtisch, der Monitor zeigte irgendeine Website, und die lederne braune Aktentasche auf dem Boden quoll über von Papieren. Ihr Haar umrahmte das Gesicht wie ein goldener Hauch, ihre Lippen glänzten, und ihr Ausdruck versetzte ihn in eine Zeit zurück, als alles noch schön war.
    Sie lächelte. »Ich wollte dir nur Hallo sagen und sehen, wie es dir geht. Setz dich doch.« Sie deutete auf den Lehnstuhl auf der anderen Seite des Zimmers. Bevor er sich hinsetzte, nahm Max das Mohairplaid vom Stuhl und betete, dass seine Jeans sauber waren. Wenn er das Leder dreckig machte, würde er etwas zu hören bekommen. »Also, wie steht’s?«
    O Gott, dachte er. Wieder eine dieser Schlechtes-Gewissen-Veranstaltungen, eher ein Interview als ein Gespräch zwischen Mutter und Sohn. Er überlegte, wann sie sich zuletzt gesehen hatten – am Morgen kurz durchs Fenster und davor vergangene Woche, als sie Gäste zum Dinner hatte. Das ganze Haus war voller alter Männer gewesen, die sich lautstark über Viagra und Polo ausließen. Weit nach Mitternacht hatten sie dann irgendwelche scheußliche Popmusik aufgelegt, die Max einfach nicht ertragen konnte. Er hatte sich etwas übergezogen und war zu seinem Vater geradelt. Auf dessen alter Couch zu schlafen war immer noch besser als zuzuhören, wie seine Mutter mit ihren dämlichen reichen Freunden einen draufmachte.
    »Max?«
    »Ja, alles in Ordnung.«
    »Wie gefällt dir die neue Schule?«
    Er bemerkte, wie angespannt ihre Stimme klang, als sie den Ort erwähnte, über den sie so heftig gestritten hatten. Carrie Kents Sohn geht auf die Milton Park . O ja, das gefiel ihm.
    »Ist toll dort.«
    »Lernst du viel?«
    Seine Mutter schlug die Beine andersherum übereinander. Sie trug ein leuchtend pinkfarbenes Shirt und darüber eine hellrosa Bluse. In den Sachen hatte er sie schon einmal im Fernsehen gesehen. Sie war wirklich hübsch, das musste er zugeben. Mit ihr würden

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