Der Fremde vom anderen Stern
gestern abend wieder bei ihr sein wollen, aber irgendwie hatte er über der Arbeit mit Dylan vollkommen die Zeit vergessen.
Er machte sich bittere Vorwürfe, daß er Charity so lange allein gelassen hatte, und nur die schreckliche Vorstellung, was hätte geschehen können, wenn er einige Minuten länger im Laboratorium geblieben wäre, hielt ihn davon ab, weiter darüber nachzudenken. Glücklicherweise schien die Platzwunde am Hinterkopf die einzige Verletzung zu sein, die sie hatte.
„Wie bist du hierhergekommen?" fragte Charity ihn unvermittelt.
„Wie schon? Als ich zum Haus zurückkam und dich nicht finden konnte, bin ich rausgegangen und habe nach dir gesucht." Dies war wieder eine seiner Notlügen. In Wirklichkeit hatte er gespürt, daß sie Hilfe brauchte, sich auf sie konzentriert und sie vor seinem geistigen Auge in ihrem Garten im Schnee liegen sehen. Dann hatte er sich rasch durch seine telekinetischen Fähigkeiten zu ihr transportiert.
„Aber hier im Schnee sind nur Spuren von mir", wandte sie ein. „Außer diesen dort."
Sie deutete auf Fußstapfen, die zum Wäldchen führten. Doch da diese Spuren deutlich kleiner waren als Starbucks Füße, mußte sie von der Person stammen, die sie niedergeschlagen hatte.
Charity schaute auf die glatte Schneefläche und dann zu Starbuck.
„Ich denke, wir beide sollten uns einmal in aller Ruhe unterhalten."
Während er sie zum Haus trug, war er versucht, ihr die Wahrheit über seine Herkunft zu gestehen.
Aber würde sie ihm glauben? Da kann ich ihr genausogut etwas über kleine grüne Männchen erzählen, dachte er resigniert.
„Ich koche schnell einen Kaffee", schlug er vor, als er sich vor der Haustür den Schnee von den Schuhen klopfte.
„Du kannst mich wieder runterlassen", meinte sie. .Außerdem habe ich das dumme Gefühl, daß ich jetzt etwas Stärkeres als Kaffee brauche."
„Ich fürchte, da könntest du recht haben."
Vorsichtig berührte sie ihren Kopf. Sie konnte einfach nicht fassen, was sie erlebt hatte. Aber bestimmt gibt es für all diese Dinge eine logische Erklärung, tröstete sie sich. Sie mußte sie nur finden. Vielleicht war das alles auch nur ein Traum. Sie kniff sich in den Arm.
„Warum hast du das getan?"
„Ich wollte wissen, ob ich träume oder ob das alles Wirklichkeit ist."
„Das ist leider kein Traum, Charity." Seine tiefe Stimme klang ernster denn je, und als sie das Bedauern in seinem Blick sah, bekam sie Angst.
„Ja. Das habe ich auch schon gemerkt." Charity ging ins Wohnzimmer, und Starbuck folgte ihr. Als sie abrupt stehenblieb, wäre er beinahe mit ihr zusammengestoßen.
„Charity?" Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. „Was ist denn los?"
„Dylans Computer", murmelte sie. „Jemand hat sich daran zu schaffen gemacht." Der Schacht des CD-ROM-Laufwerks war offen. Sie drückte die schwarze Kunststoffklappe hinunter.
„In der ersten Nacht, als du hier warst, hatte ich den Eindruck, außer uns wäre noch jemand im Haus. Ich habe so ein seltsames Klicken gehört."
Da erinnerte er sich. Als er in jener Nacht in Charitys Bett gelegen hatte war er plötzlich aufgewacht und hatte gespürt, daß sie in Gefahr war. Er hatte sie beschützen wollen, doch sein geschwächter Körper hatte ihm nicht gehorcht.
„Du hast dich im Zimmer umgeschaut, aber nichts entdecken können.
„Ganz genau." Sie wunderte sich kaum noch darüber, daß er wußte, was sie getan hatte, während er bewußtlos war.
„Aber dann habe ich mir gedacht, daß mir meine Phantasie einen Streich gespielt haben muß."
„Du denkst doch nicht, daß die kleinen grünen Männchen Dylans Computer angezapft haben?"
„Nein." Sie mußte lachen. „So schlimm ist es noch nicht. Aber Dylan tut so geheimnisvoll, wenn es um sein Projekt geht. Es würde mich nicht wundern, wenn jemand hinter seinen Forschungsergebnissen her wäre."
Das war leider gar nicht so weit hergeholt. Dylan hatte Starbuck erzählt, daß jemand versucht hatte, den Sicherheitscode des Laboratoriums zu knacken. Da es dem Eindringling nicht gelungen war, an den Hauptrechner heranzukommen, war er in Charitys Haus eingebrochen, in der Hoffnung, Dylan hätte die Daten in dem PC dort nicht gesichert.
„Wer auch immer an dem Computer war, es ist zweifellos derselbe, der dich niedergeschlagen hat."
„Sieht so aus", pflichtete ihm Charity bei. „Und ich würde sofort die Polizei rufen - aber dummerweise bin ich selbst die Polizei." Sie tastete erneut ihren Hinterkopf ab, der
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