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Der freundliche Mr Crippen | Roman

Der freundliche Mr Crippen | Roman

Titel: Der freundliche Mr Crippen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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entsprechenden Pläne zu entwickeln. Bis dahin gibt es für mich nicht viel zu tun, fürchte ich. Da stehe ich höchstens im Weg.«
    »Andrew ist nicht wirklich jemand, der sich die Hände schmutzig macht«, sagte Margaret und lachte.
    »Das wäre auch nicht sinnvoll«, sagte er. »Ich habe die Ideen und überlasse die harte Arbeit denen, die dafür gemacht sind. Nein, ich selbst werde wahrscheinlich im April oder Mai hinfahren, um dafür zu sorgen, dass alles rechtzeitig fertig wird, und die Arbeiter zu treten, falls nötig. Es ist eine Schande, aber wir werden ein Menge Mexikaner einstellen müssen.«
    »Oh, doch sicher nicht«, sagte Cora erschüttert.
    »Doch, doch, wir brauchen Hunderte von Männern und können kaum eine Schiffsladung Engländer hinüberschicken. Es ist einfacher, mit Mexikanern zu arbeiten. Obwohl es mir, wie ich zugeben muss, einige Sorge bereitet. Ich hoffe, sie sind der Aufgabe gewachsen. Billiger als Engländer sind sie allemal.«
    »Sie müssen einen Engländer hinüberschicken, der ein Auge auf sie hat«, sagte Alec Heath. »Jemanden, der dafür sorgt, dass keiner aus der Reihe tanzt.«
    »In der Tat. Selbstverständlich sind ein paar Firmenmitarbeiter da, die …«
    »Ich meine jemanden, der die kleinen Dreckskerle in den Hintern tritt. Keinen Haufen vornehmer Pinkel.«
    »Alec«, beschwichtigte Hawley ihn von der anderen Seite des Tischs, »es sitzen Ladys am Tisch.«
    »Oh, keine Sorge«, sagte Louise Smythson. »Der junge Mr Heath hat ganz recht. Den Männern der Firma drüben geht es um Pläne und Zahlen. Sie sitzen den ganzen Tag im Büro, gehen Listen durch, rechnen Spalten rauf und Spalten runter, von innen nach außen und von außen nach innen, und keiner achtet darauf, ob die Leute ihre Arbeit tun. Und schon steigen die Kosten.«
    »Da hast du recht«, sagte Andrew. »Ich werde darüber nachdenken.«
    »Ich wüsste, was ich zu tun hätte, wenn sie ihr Soll nicht erfüllen«, sagte Alec, beugte sich vor und schlug unversehens mit der rechten Faust in die linke, geöffnete Hand. »Das.«
    Rund um den Tisch war nervöses Lachen zu hören, nur von Ethel nicht, die neben Alec saß und bei seinem Schlag erschreckt zusammengefahren war. Schmächtig, wie sie war, fühlte sie sich neben diesem muskelbepackten Riesen wie ein Zwerg. Seit mehr als einer Stunde ignorierte Alec sie vollkommen, er starrte ihr nur verschiedentlich, wie sie bemerkt hatte, in den Ausschnitt, wenn er dachte, sie sähe in eine andere Richtung. Er war attraktiv, das war klar, doch er hatte auch etwas an sich, was ihr Angst machte.
    »Vielleicht sollte ich Kaffee kochen«, schlug Hawley vor, aber Cora winkte ab.
    »Keinen Kaffee, du Langweiler«, sagte sie lachend. »Warum machst du nicht noch eine Flasche auf? Mach dich ein einziges Mal in deinem Leben nützlich.«
    »Ein weiteres Problem mit diesen Ausländern«, erklärte Margaret Nash, »besteht darin, dass sie schon beim leichtesten Anflug eines Kopfschmerzes die Arbeit Arbeit sein lassen. Sie sind so faul, dass sie einfach so tun, als wären sie krank. Und dann wollen sie dafür auch noch bezahlt werden.«
    »Ich war noch nicht einen Tag in meinem Leben krank«, sagte Alec. »Was soll das? Steh einfach auf, tu, was zu tun ist, und benimm dich nicht wie ein Baby, so sehe ich das.«
    »Manchmal geht das nicht«, erklärte Hawley. »Wenn jemand wirklich krank ist, meine ich, und nicht nur abends vorher zu viel getrunken hat.«
    Alec starrte ihn an. »Was wissen Sie denn schon?«, sagte er.
    »Hawley ist Arzt«, sagte Ethel. »Er behandelt viele Patienten. Sie sollten ihn manchmal bei uns in der Apotheke erleben. Obwohl wir eigentlich nur homöopathische Mittel verkaufen, gibt es viele Kunden mit Beschwerden, die Hawley beiseitenimmt, um ihnen einen Rat zu geben, und sie gehen los, und wir sehen sie nie wieder.«
    »Vielleicht, weil sie dran gestorben sind«, sagte Cora. »Vielleicht kommen sie deshalb nicht wieder, und wenn er sie in Ruhe gelassen und ihnen verkauft hätte, was sie wollten, hätten sie’s überlebt.«
    »Sie sterben nicht«, sagte Ethel und nahm sie fest in den Blick. »Hawley weiß genau, was er tut.«
    »Hört, hört«, sagte Andrew Nash, steckte sich eine Zigarre an und bot auch Nicholas und Alec eine an, Hawley aus unerklärten Gründen nicht. »Ich glaube, Sie haben da eine Bewunderin, Crippen. Ich sage nur, Cora, seien Sie auf der Hut.«
    Ethel lief tiefrot an, starrte auf ihren Teller und spürte die Blicke der gesamten Runde auf sich.

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