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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Gelächter brandete auf und verebbte wieder. Jemand sang leise eine melancholische Melodie.
    Auch aus einem Raum weiter hinten hörte ich Stimmen, wobei nicht erkennbar war, ob die Stimmung dort ernst oder heiter war. Von den wenigen Anwesenden, die ich zu Gesicht bekam, sah keiner so aus, wie man sich einen russischen Mafioso vorstellt. Die meisten hätte man auf der Straße für das gehalten, was sie ihrer eigenen Ansicht nach vermutlich auch waren – erfolgreiche und nicht immer zimperliche Geschäftsleute.
    Die Eingangshalle, in der Vangelis und ich – argwöhnisch im Auge behalten von dem übellaunigen Gorilla schräg hinter uns – etwas verloren herumstanden, war kaum möbliert. Ein riesiger Spiegel mit vergoldetem Barockrahmen prangte an der Längswand neben einer bescheidenen, derzeit unter Kaschmirmänteln fast verschwundenen Garderobe. Eine alte, möglicherweise wertvolle, auf jeden Fall aber sehenswert hässliche Standuhr tickte.
    Aus einer bisher geschlossenen Tür trat unvermittelt eine unauffällig gekleidete schlanke Frau und musterte uns kurz unter zusammengekniffenen Brauen. Dann entspannte sich ihre Miene. Sie war weder schön, wie manche offenbar behaupteten, noch hässlich. Auf eine strenge Weise war sie jedoch durchaus attraktiv. Nun stöckelte sie auf hohen Schuhen und wie mit dem Lineal ausgerichteten Schritten auf uns zu. Ihr dunkles Haar trug sie lang und gerade geschnitten. Als sie noch zwei Meter entfernt war, streckte sie ihre Rechte aus und setzte ein geschäftsmäßiges Lächeln auf. Wir machten uns bekannt, und ich fand, dass sie hinter ihrer freundlichen Fassade angespannt wirkte.
    Â»Polizei?« Sie zog die Hand zurück, nickte Vangelis nur zu. »Was führt Sie zu mir?«
    In der Tasche meines Sakkos summte schon wieder das Handy. Ich ließ es summen.
    Â»Kennen Sie einen Mann namens Piotr Voronin?« Ich suchte und fand den Zettel mit der Autonummer in derselben Tasche, wo das Handy immer noch summte.
    Â»Ein wenig.« Das Lächeln der Russin zerfiel. »Wir haben früher hin und wieder Geschäfte zusammen gemacht. In letzter Zeit kaum noch.«
    Â»Er ist leider auf der Autobahn kurz vor Heidelberg verunglückt. Herr Voronin war offenbar auf dem Weg zu Ihnen.«
    Â»Es gibt nichts Schlechtes ohne Gutes.« Unvermittelt lächelte sie wieder. »Ich kann mir nicht denken, was er von mir wollte. In letzter Zeit hatten wir kaum Kontakt, wie gesagt. Wie geht es ihm?«
    Â»Er ist schwer verletzt. Aber er lebt.«
    Sie nahm es gelassen. »Kostenlosen Käse gibt es nur in der Mausefalle, sagen wir in Russland. Und schlechte Menschen gibt es überall.«
    Mein Handy wollte sich nicht beruhigen.
    Â»Weshalb sagen Sie das?«
    Â»Wäre er vernünftig gefahren, dann wäre er noch gesund.«
    Diese Frau im schlichten dunkelblauen Kleid log entweder unglaublich gut, oder sie war eine begnadete Schauspielerin. Falls das nicht dasselbe war. In dem großen Raum linkerhand lachten viele Männerstimmen dröhnend. Jemand schien eine launige Ansprache zu halten. Handelte es sich bei dieser Versammlung etwa gar nicht um die Krisensitzung einer kriminellen Vereinigung, sondern um eine Geburtstagsparty?
    Â»Können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?«, fragte ich.
    Â»Was gibt es zu unterhalten?«, fragte die Russin mit hochgezogenen Brauen zurück. »Verlorenes bringt niemand zurück, sagen wir in Russland. Was hilft es da zu schwatzen?«
    Â»Sie wissen also nicht, was er von Ihnen gewollt haben könnte?«
    Â»Wie gesagt, ich habe mit Piotr seit Längerem keinen Kontakt mehr. Und das ist auch gut so. Ich kann Ihnen also nicht helfen. Außerdem, Sie sehen, ich habe Gäste. Wenn Sie weitere Auskünfte brauchen, wenden Sie sich bitte an mein Büro.«
    Als letzte Gnade drückte sie mir ein Visitenkärtchen in die Hand. Dann ließ sie uns einfach stehen. Der Gorilla hielt grinsend die Tür auf.

    Â»Das war ja wohl nichts«, meinte Vangelis wütend, als sie aus der Lücke manövrierte und mit aufjaulenden Reifen anfuhr.
    Â»Sehe ich anders.« Ich schnallte mich an. »Sie weiß jetzt, dass wir sie im Auge haben. Sie wird hoffentlich entsprechend vorsichtig sein bei ihren nächsten Schritten.«
    Â»Diese Frau hatte etwas im Blick … Ich möchte nicht in der Haut der Bulgaren stecken.«
    Â»Falls es wirklich die Bulgaren

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