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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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insgesamt sieben Etablissements im Umkreis von achtzig Kilometern durchsucht. Und den Russen für die nächsten Wochen hoffentlich empfindliche Umsatzeinbrüche beschert.
    Blieb zu hoffen, dass die Dame in Schriesheim meine Nachricht verstand.

    An diesem Vormittag drohten gleich zwei unangenehme Termine: Besprechung bei der Staatsanwaltschaft um halb neun und Pressekonferenz um elf.
    Bei beiden Terminen würde auch der Leitende Polizeidirektor Doktor Egon Liebekind anwesend sein. Seit unserer nächtlichen Fahrt hatte ich ihn nur einmal kurz gesehen und gesprochen. Man kann nicht sagen, dass ich mich vor dem Wiedersehen fürchtete. Aber ich hatte sehr konfuse Gefühle bei der Vorstellung. Wie würde er reagieren? Würde er mir vertraulich zuzwinkern? Waren wir ab jetzt so etwas wie heimliche Verbündete?
    Nichts dergleichen geschah: Liebekind war wie immer. Reichte mir die weiche Hand mit seiner üblichen, oft ein wenig abwesenden Freundlichkeit. Das Gespräch riss ohnehin schon in den ersten Sekunden die Chefin der Staatsanwaltschaft an sich, Frau Doktor Steinbeißer. Sie sei äußerst beunruhigt, gab sie uns unmissverständlich zu verstehen.
    Â»Es muss etwas geschehen, meine Herren!«, erklärte sie streng.
    Â»Es ist schon eine Menge geschehen, Frau Doktor Steinbeißer«, wagte ich zu erwidern. Trotz eines besonders starken Kaffees zum Frühstück war ich sterbensmüde. »Wir haben die Russen in der vergangenen Nacht kräftig aufgemischt. Wir haben sie hoffentlich dort getroffen, wo es ihnen am meisten wehtut: am Geld.«
    Â»Und was ist mit den Bulgaren? Sie sind immer noch nicht in Haft, seit … warten Sie … zweieinhalb Tagen sind die beiden untergetaucht, und Sie haben nicht den Hauch einer Spur von ihnen?«
    Â»Wir suchen sie ja vorerst nur als Zeugen. Nicht als Verdächtige.«
    Die Staatsanwältin waltete ihres Amtes, trampelte auf meinen Nerven herum, verlangte Aktivität, proaktives Vorgehen, mehr Phantasie. Was ich an ihrer Stelle auch verlangt hätte.
    Â»Und vor allem anderen, meine Herren: Wir müssen die Öffentlichkeit beruhigen! Wenn die Medienleute erst einmal Blut geleckt haben, dann gnade uns Gott. Sagen Sie bei der Pressekonferenz bitte nicht ein falsches Wort, Herr Gerlach. Wir haben die Lage fest im Griff, das muss unsere Botschaft sein. Wir sind den Tätern dicht auf den Fersen. Wir haben so viele Spuren, dass wir mit dem Auswerten gar nicht fertig werden. Sie wissen, was ich meine, meine Herren.«
    Ja, wir wussten.
    Schließlich erhob sie sich von dem hochlehnigen Stuhl hinter ihrem stets sauber aufgeräumten Schreibtisch, wobei sie nicht viel größer wurde, weil sie kurze Beine hatte, drückte jedem von uns die Hand mit einem Blick, als würde sie uns ihr Beileid aussprechen. Liebekind machte das, was man in meiner Jugend einen Diener genannt hätte. Ich beließ es bei einem knappen Nicken und einem Händedruck, den sie hoffentlich noch eine Weile spüren würde.
    Vor der Tür der Staatsanwaltschaft trennten wir uns. Liebekind war mit dem Wagen gekommen und würde die zweihundert Meter zur Direktion fahren. Ich wollte lieber nicht mit ihm allein sein und redete mich darauf hinaus, frische Luft zu brauchen, was nur zur Hälfte gelogen war.
    Aber die Luft half nicht. Als ich die Direktion erreichte, war ich so unausgeschlafen wie zuvor. Meine Augen brannten vom Schlafmangel. Immerhin lag der unangenehmste Teil des Vormittags nun hoffentlich hinter mir. Die Pressekonferenz würde um elf Uhr im großen Besprechungszimmer der Staatsanwaltschaft stattfinden. Heute würde es voll werden. Und bis dahin musste ich unbedingt wach werden.
    Als ich wieder hinter meinem Schreibtisch Platz nahm, war es Viertel nach neun. Ich bat Sönnchen um einen zweiten Cappuccino und machte mich an die Arbeit. Noch war reichlich Zeit, mich gründlich vorzubereiten. Als sie die Tasse brachte, plauderte ich sogar ein wenig mit meiner unersetzlichen Sekretärin, die mir schon mehr als einmal die Karriere gerettet hatte. Sie erzählte von einem Tennismatch am Samstag, das sie zur eigenen Verwunderung gewonnen hatte,
    Â»Ich glaub fast, der Doktor Czernitz ist ein bisschen krank gewesen«, meinte sie. »Oder seine Frau hat ihn wieder mal verlassen. Man hört so manches von der Ehe. Meine Cousine Erika kennt eine Nichte von seiner Frau, und ich kann Ihnen sagen …«
    Sonja Walldorf,

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