Der Fürst der Maler
verschlossener Tür.«
»Papst Alexander ist seit fast zwei Jahren tot …«
»Er hat dem Teufel seine Seele zurückgegeben! Giuliano della Rovere ist nicht besser als Rodrigo Borgia. Papst Alexander hat mehr Kinder gezeugt als Julius, allen voran seine Bastarde Juan, Cesare und Lucrezia Borgia. Aber seit der della-Rovere-Clan den Vatikan besetzt hält, hat das Wort Vendetta eine neue Dimension bekommen. Julius, dieser als Papst verkleidete römische Imperator, schläft mit einem Dolch unter dem Kopfkissen.«
Angelo Doni kam mit einem Glas in der Hand zu uns herüber. Vor Giovanni fiel er auf die Knie und küsste den Ring an seiner rechten Hand. »Herzlich willkommen in Florenz, Eminenz.«
»Danke, Angelo. Ich freue mich, nach all den Jahren wieder hier zu sein«, antwortete Giovanni. »Lass uns in den nächsten Tagen eine Partie Calcio spielen. Im Hof des Palazzo. Wie in den alten Zeiten.«
»Die Zeiten haben sich geändert, Eminenz«, wandte Angelo ein.
»Wir sind beide älter geworden, Angelo. Ich bin auch etwas aus der Form, denn als Kardinal habe ich im Vatikan selten Gelegenheit zu einem Fußballspiel. Du musst mir versprechen, mir nicht wieder ein Bein zu stellen, um an den Ball zu kommen. So wie früher!«
»Das meinte ich nicht, Giovanni«, wandte Angelo ein.
»Ich weiß, dass ich in Florenz nicht willkommen bin. Wenn Piero Soderini erfährt, dass ich hier bin …« Der Kardinal legte Angelo die Hand auf die Schulter. »Die Medici werden nach Florenz zurückkehren. Das ist so sicher wie die Auferstehung Christi.«
Als Angelo Doni sich entfernt hatte, um auch die anderen Gäste zu begrüßen, fiel ich vor Kardinal de’ Medici auf die Knie, um seinen Ring zu küssen. »Ich bitte um Vergebung, Euer Eminenz! Ich wusste nicht …«
»Niemand weiß, dass ich hier bin«, offenbarte er, als er mir aufhalf.
Kardinal Giovanni de’ Medici bat seine Gäste in den benachbarten Bankettsaal. Die Tafel war mit silbernem Geschirr mit dem Wappen der Medici gedeckt. Auf einem schneeweißen Tischtuch funkelten Messer und Gabeln aus Silber, geschliffene Weingläser aus venezianischem Glas und Kristallkaraffen mit Wein. Dazwischen prangten goldene Tafelaufsätze, die dem Tisch eines Königs angemessen gewesen wären, und durchscheinende Alabastervasen mit weißen Lilien, der Wappenblume der Medici. Lorbeerzweige, die Symbole des Sieges, rankten von einem Ende der Tafel zum anderen.
Kardinal de’ Medici plante offensichtlich eine triumphale Rückkehr der Medici nach Florenz. Nur um sicherzugehen, dass seine Gäste verstanden, um was es ging, lagen neben jedem Gedeck wertvolle Gemmen und Kameen aus der unschätzbaren Sammlung Lorenzo il Magnificos. Giovanni de’ Medici hatte die Schatztruhen seines Vaters geplündert, um seinen Gästen Geschenke zu machen.
Der Kardinal bat mich, neben ihm Platz zu nehmen. Er hatte die Blicke bemerkt, die ich Eleonora zuwarf. Sie saß zu seiner Rechten und ignorierte mich, nachdem sie von meiner Anwesenheit Kenntnis genommen hatte. Nach dem Zerbrechen unserer Liebe hatten wir kein Wort mehr gewechselt. Sie war mir so fern, als würde sie am Strand der Neuen Welt sitzen und auf das Meer hinausschauen.
Am anderen Ende der Tafel saßen Giovannis Cousin Monsignor Giulio de’ Medici und sein Freund und Vertrauter Monsignor Tommaso Inghirami. Beide hatten den Kardinal auf seiner geheimen Mission von Rom nach Florenz begleitet.
Die Speisen wurden aufgetragen. Wie im Palazzo Medici zu erwarten, entsprach weder das Tafelsilber noch die zehngängige Speisenfolge den florentinischen Gesetzen zur Beschränkung der öffentlichen Zurschaustellung des Reichtums. Giovanni war ein Medici, und republikanische Gesetze kümmerten ihn genauso wenig wie seinen Vater Lorenzo, der nicht ohne Grund Il Magnifico genannt wurde.
Zum ersten Glas Wein, einem mit Nelken gewürzten Rotwein, knabberten wir Pinocchiati, süßes Gebäck mit Pinienkernen. Zwischen den Gängen trugen die Diener immer wieder das Tafelgeschirr ab und leerten die großen Schüsseln unter dem Tisch, in die die Reste geworfen wurden.
Während drei Musiker ein fröhliches Stück von John Dunstable anstimmten, konzentrierte sich das Tischgespräch auf die Rückkehr der Medici nach Florenz.
Eleonora Gonzaga schien eine wichtige Spielfigur in diesem Spiel der Macht zu sein. Manus manum lavat – eine Hand wäscht die andere. Doch was versprach sich der Marchese von Mantua von der Rückkehr der Medici? Eine Allianz gegen Herzog Alfonso
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