Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe
je zuvor, als hätte ihr Höhepunkt zu einer Läuterung geführt. Sacht drückte sie die Lippen auf die kleinen Bisswunden. Sie heilten bereits aus. Eine neue Hitze überschwemmte ihren Schoß. Sein Samen.
Ein letztes Beben zog durch sie hindurch, gefolgt von tiefer Erfüllung. Eng umschlungen blieben sie liegen. Berenike streichelte seinen Rücken und lauschte seinem schweren Atem. Das Rauschen seines Blutes mischte sich in ihren Herzschlag. Die Melodie der Sünde. Es fühlte sich gut an. Nein, es fühlte sich richtig an. Zum Teufel, sollte er doch ein Werwolf sein. Er gehörte ihr, dieser wunderschöne, dunkle Alphawolf.
„Rücksicht“, wisperte sie in sein Ohr und kämmte durch sein weiches Haar. „Beinahe wären wir mit diesem Ungetüm von einem Bett durch die Wand gebrochen.“
Sie lächelte. Niemals hätte sie gedacht, dass sich hinter seiner unnahbaren Fassade ein wunderbarer Liebhaber versteckte. Eine Lamia hatte von Geburt an hohe Ansprüche und war schwer zufriedenzustellen. Obwohl ihre Erfahrung mit Liebhabern äußerst gering war, konnte sie sich ein Urteil erlauben. Juvenal hob den Kopf. Mit den Fingerspitzen berührte er die Wölbung ihrer Brust. Andächtig. Doch gleichzeitig verhärtete sich seine Miene. Die Leidenschaft in seinen Augen verflog. Er löste sich aus ihren Armen.
„Die Nacht ist vorüber. Wir sollten aufbrechen“, sagte er heiser.
Wehmut erstickte ihre Euphorie, als er ihrem Blick auswich. Lag es daran, dass sie ihn gebissen hatte? Aber sie hatte kein Blut von ihm genommen. Sollte dieser Biss sie etwa trennen? Ehe sie es erklären konnte, war die Kluft entstanden. Vieles stand zwischen ihnen. Der im Nachhinein alberne Wunsch, ihn zu töten, ihr missglückter Anschlag auf sein Leben, der Tod seines Sohnes. In auffälliger Hast sprang er aus dem Bett, zog seine Kniehose über und begutachtete sein zerrissenes Hemd.
„Da ist nichts mehr zu retten“, stellte er fest und zog eine launige Grimasse.
Ihr war das Lachen vergangen. Mit enger Kehle drehte sie den Kopf zur Seite und sah aus dem Fenster in einen wolkenlosen Himmel.
„Das gilt für vieles im Leben“, murmelte sie so leise, dass er sie überhören konnte.
Sinnend drehte Mica den langen Nagel zwischen den Fingern. Die rostige Spitze war in seine Leber gedrungen, ehe Branwyn die stumpfe Waffe mit Brachialgewalt durch sein Fleisch gezogen hatte. Der hohe Blutverlust, ein Riss in der Leber und der Zorn über seine Nachlässigkeit verlangsamten den Heilprozess. Er hätte diesen Angriff vorhersehen müssen, anstatt Branwyns Drohungen mit Verachtung zu begegnen. Über Jahrtausende hatte er sich für unantastbar gehalten. Der Großmeister. Der Goldene. Es gab nichts Dümmeres als einen Blender, der seinem eigenen Blendwerk verfiel. Er warf den Nagel auf einen Beistelltisch und zog sein Hemd über die Narbe. Ein purpurroter Wulst war es, der sich von seiner Seite bis zum Nabel zog und seinen Oberkörper verunstaltete.
Obwohl die Wunde nun bedeckt war, glotzte Melody weiterhin darauf. Seit sie einem blutüberströmten Vampir die Tür geöffnet hatte, kämpfte sie mit dem Würgereiz. Die Hand an den Mund gepresst, lehnte sie an den Bücherregalen. Sancho trug die Waschschüssel und die blutgetränkte Kleidung hinaus. Dabei bedachte er Grishan mit einem ungehaltenen Blick. Splitternackt war er zurückgekehrt und hatte sich lediglich die Zeit genommen, eine rostbraune Kniehose überzuziehen, bevor er in die Bibliothek zurückkehrte. Muskeln spielten unter der straffen Haut seiner Oberarme. Das Fieber der Jagd brannte in ihm fort. In dieser Nacht hatte die junge Raubkatze eine beachtliche Leistung vollbracht.
„Das Haus liegt außerhalb von London im Süden. Es steht leer. Eine Seite der Hausmauer ist schwarz, als hätte es einen Brand gegeben. Der Garten ist verwildert. Am Tor war ein Schild. Bethel House.“
Melody ließ die Hand sinken. „Ich kenne dieses Haus. Es ist in Besitz der Knights of St. Francis. Vor einigen Jahren war ich dort zu … Besuch.“
Knights of St. Francis? Mica horchte auf. Was Melody einen Besuch nannte, war eher eine Orgie gewesen. Es gab weitere Bezeichnungen für diese Männer. Brotherhood of St. Francis. Monks of Medmenham. Hinter all den Namen stand ein Mann. Francis Dashwood. Branwyn hatte sich einen sterblichen Getreuen gewählt, der durch politischen Einfluss und lasterhafte Neigungen gleichermaßen glänzte. Dank dieser Kanaille besaß er einen sicheren Hort und eine stetige Zufuhr neuer
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