Der Funke des Chronos
gelauscht.
»Rede erst, wenn du gefragt wirst!« Kettenburg bedeutete Tobias mit der Waffe, sich still zu verhalten, und ließ sich von der Haushälterin noch einmal ihre Version der Geschichte erzählen.
In der Zwischenzeit tastete der dicke Konstabler die beiden Männer ab.
»Hier, Herr Polizeiaktuar. Ik hebb wat funden!« erklärte der Dicke. Nachdem er Tobias das Florett abgenommen hatte, aber sonst nicht weiter fündig geworden war, fischte er unter Heines Kleidung die Sachen aus de Lagardes Wohnung, die Pistole des Dichters und eine lederne Brieftasche hervor. Heine schüttelte resigniert den Kopf.
»Ein Skandal«, murmelte er immer wieder. »Das gibt einen Skandal.«
Kettenburg kommentierte Hannchens Aussage mit einem unwilligen Grunzen und nahm seinem Untergebenen die Fundstücke ab. Die Haushälterin trug den weinenden Jungen in den Nachbarraum. Noch immer hielt der Polizist die Pistole auf seine beiden Gefangenen gerichtet. »Sehen wir doch mal, was wir da gefunden haben.«
Der Polizeiaktuar reichte seinem dicken Begleiter die Pistole und öffnete die Brieftasche des Dichters. Mit spitzen Fingern zog er einen sauber gefalteten Ausweis hervor.
»Aha, du Spitzbube bist also … Wie bitte?« Ungläubig starrte er Heine an. »Den haben Sie doch wohl gestohlen!«
Heine wandte sich forsch um und musterte sein Gegenüber mit kühlem Blick. Der dicke Konstabler hob warnend die Pistole.
»Nein, ich bin Heinrich Heine.«
»Etwa de beröömte Dichter?« wollte der Konstabler mit zweifelndem Gesichtsausdruck wissen.
»Ja, verdammt noch mal.«
»Also, wenn Sie wirklich Heinrich Heine sünn …«, murmelte der Dicke und blickte den Polizeiaktuar an, »kunn ik mi eigentlich nich vorstellen, dat er wat mit alledem to dohn hat. Ik meen, er hett doch dat Buch der Lieder schreeben. Dat sünn Liebesgedichte.«
»Seit wann liest du Liebesgedichte?« fuhr Kettenburg seinen Untergebenen an.
»Nein, nich ik, aber mien Margarethe. Früher«, erwiderte der Konstabler leise.
»Halt dich einfach da heraus«, wies der Beamte seinen Untergebenen an.
»Herr Polizeiaktuar«, begehrte Tobias auf. »Egal, was Sie von uns denken, wir haben mit der Sache im Keller der Abdeckerei nichts zu schaffen. Erinnern Sie sich bitte an die Aussage von Caroline Lewald. Wir sind ebenso hinter dem Mörder her wie Sie. Der Mann, den Sie suchen, ist Doktor de Lagarde.«
»An Ihrer Stelle hielte ich den Mund, Sie … Sie Hilfsschauspieler«, fuhr ihn Kettenburg an. »Das vorgestern beim Dragonerstall, das waren doch Sie, oder? Das war Amtsanmaßung! Wenigstens dafür landen Sie für einige Jahre im Zuchthaus.«
»Also glauben Sie uns?« hakte Tobias nach.
Kettenburg starrte ihn wütend an. »Ja. Nein. Ach, Himmelherrgott! Ich kann ja nicht übersehen, was hier geschehen ist. Herunter mit der Pistole, Bordiert!«
Verwirrt kam der Konstabler der Aufforderung nach. Heine entspannte sich sichtlich.
»Und jetzt die Wahrheit, junger Mann. Wer sind Sie?« fragte Kettenburg.
»Wollen Sie das wirklich wissen?« fragte Tobias zweifelnd.
»Ja, verdammt.«
Tobias schilderte in wenigen Worten das Wesentliche seines Abenteuers. Den Brandausbruch überging er. Die Polizeibeamten starrten ihn ungläubig an.
»Wollen Sie mich zum Narren halten, Sie … Sie Filou?« schrie Kettenburg.
»Dann erklären Sie mir doch mal die Beschaffenheit und Funktion der Uhr, die Sie in der Tatnacht gefunden haben!« hielt Tobias dagegen. »Diese Technik gibt es in Ihrer Zeit doch noch gar nicht.«
Kettenburg presste die Lippen zusammen.
»Mann«, stammelte der Dicke und wischte sich einige Schweißtropfen von der Stirn, »denn weer dat Ihre Maschin, de wi ut dem Herrenfleet rausholt hebben.«
»Was? Sie haben die Zeitmaschine?« rief Tobias entgeistert.
»Wi hatten sej«, antwortete der Dicke tonlos. Noch immer sah er Tobias staunend an. »sej ward uns vun een Ingenöör namens William Lindley stoolen.«
»Zeitmaschine, Zeitmaschine …«, grollte der Polizeiaktuar. »Diesen horrenden Unsinn nehme ich Ihnen nicht ab. Die Geschichte können Sie Ihrer Großmutter erzählen. Und für dieses … Ding findet sich garantiert noch eine andere Erklärung.«
»Himmel, dann werfen Sie doch endlich einen Blick in die Unterlagen, die wir bei dem Franzosen gefunden haben!« rief Tobias und deutete auf die Funde in dessen Hand. »Es ist doch völlig gleichgültig, ob Sie mir meine Geschichte glauben oder nicht. De Lagarde hat es sehr wohl getan. Oder nehmen Sie den
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