Der Funke des Chronos
sie mit dem Fuß in die Dunkelheit, wo sie irgendwo gegen einen Pfeiler prallte.
»Die anderen bitte ebenfalls!« stieß der Arzt hervor.
»Sie sind ein elender Schuft!« Tobias starrte den Franzosen hasserfüllt an und kam der Aufforderung widerwillig nach. Mit leisem Klirren fiel das Florett zu Boden. Und auch der dicke Konstabler ließ seine Axt fallen.
»Und nun auf die Boden bitte«, kommandierte der Franzose.
Die drei legten sich auf das kalte Gestein, und Tobias blickte auf eine Grabplatte mit der Aufschrift Carl Philipp Emanuel Bach 1714-1788.
»Ah, der Zeitreisende«, höhnte der Arzt und trat an Tobias heran. »Endlich komme isch dazu, Sie mir näher anzusehen. Immerhin habe isch Ihnen zu verdanken, dass isch jetzt mit eine Finger weniger praktizieren muss.«
Tobias spuckte ihm vor die Füße.
De Lagarde trat ihm ohne Vorwarnung so heftig ins Gesicht, dass er vor Schmerz laut aufschrie. Im nächsten Augenblick hielt ihm der Arzt die Pistole an die Schläfe.
»Im Gegensatz zu Ihre Begleiter lässt Ihre Kooperationsbereitschaft leider zu wünschen übrig.« Er lachte. »Isch dachte stets, die Menschen der Zukunft seien größer, intelligenter. Aber wenn isch Sie mir so betrachte, sehe isch nur eine bessere Clochard, der mir wie ein dumme Junge in die Falle gelaufen ist. Isch würde Sie jetzt gern erschießen, aber mir steht danach, Sie noch etwas zu befragen. Über die Zeit, aus der Sie stammen. Über Ihr leider ach so kurzes Leben. Vor allem aber möschte isch misch gern revanchieren.«
Der Arzt hob böse lächelnd seine bandagierte Linke und erhob sich wieder. »Hector. Lie les hommes!«
Sein Begleiter knüpfte das Seil auf, mit dem der tote Küster gefesselt war, und bedeutete Tobias, Heine und dem Konstabler, sich mit dem Rücken zueinander zu setzen. Unter den Augen des Arztes fesselte er die drei aneinander und überprüfte den Strick.
Der Franzose nickte zufrieden. »Und nun wieder zu Ihnen, Monsieur Lewald.«
Er wandte sich an Carolines Vater, der den missglückten Befreiungsversuch mit zusammengepressten Lippen beobachtet hatte.
»Damit werden Sie nicht durchkommen, de Lagarde!« stieß er hervor.
»Aber natürlich werde isch das«, lachte der Franzose. »Und Sie werden mir dabei helfen. Also, machen Sie weiter. Über uns brennt die Stadt ab, und wir beide haben noch eine kleine Reise vor uns.«
Lewald stemmte die Grabplatte nun gänzlich auf. Caroline, die einen ängstlichen Blick auf die Öffnung warf, stieß einen Laut der Überraschung aus. Ihr Vater griff nun nach seinem Spazierstock, der die ganze Zeit über unbeachtet neben Caroline gelegen hatte, und klappte das Griffstück mit dem Engel auf. Darunter kam eine mechanische Vorrichtung zum Vorschein.
»Wussten Sie«, fragte der Franzose, an Tobias gewandt, »dass der Spazierstock, den Monsieur Lewald besitzt, einst Ernst Georg Sonnin gehörte?«
»Ist das noch von irgendwelcher Bedeutung?« ächzte Tobias und spuckte Blut.
»Und ob!« rief der Arzt. »Er birgt einen kunstvollen Schlüssel.«
Tobias blickte auf. »Ist das etwa das Grab von Sonnin?«
»Ah, isch sehe, wenigstens die Neugier der Menschen ist in Ihrer Zeit die gleiche geblieben. Sehr beruhigend. Sehr beruhigend.« Der Franzose stieß einen theatralischen Seufzer aus. »Der Mensch sehnt sich doch nach gewisser Beständichkeit. Aber um Ihre Frage zu beantworten: nein. Sonnin liegt dort hinten.« Er deutete auf eine Grabplatte etwas weiter entfernt.
»Gemäß dieser Platte« – er deutete auf den hochgestemmten Stein – »liegt an diese Stelle ein gewisser Karl von Ecker und Eckhofen.«
Heine fluchte leise.
»Aber wenn isch mir das recht betrachte, hat uns Monsieur Sonnin an die Nase herumgeführt.« De Lagarde beugte sich über die Öffnung. »Sie können das von Ihre Warte aus natürlich nicht erkennen, aber dies ist kein Sarg. Das Ding hier drinnen ist zwar genauso groß, aber es besteht aus Eisen und verfügt über ein sehr kompliziertes Schloss.«
Der Arzt wandte sich wieder seinen drei Gefangenen zu. »Erraten Sie, worum es sich handelt?«
»Een Tresor?« fragte der dicke Konstabler .
»Rischtig«, antwortete de Lagarde mit gespielter Freude. »Mon dieu, hätte ich vorher gewusst, dass mir solch scharfsinnige Männer auf der Fährte sind, niemals hätte isch mich in diese Stadt gewagt.«
Tobias versuchte heimlich die Fesseln zu lockern. Vergeblich.
»Monsieur Lewald«, wandte sich der Franzose nun wieder an Carolines Vater. »Wenn Sie diese
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