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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Kellerraum nebenan. Es blieb keine Zeit, es zu holen.
    Der kampferprobte Kahlköpfige hatte den Fremden bereits niedergerungen und schlug ihm zweimal kräftig ins Gesicht. Plötzlich hatte er ein weiteres Messer in der Hand. Tobias hielt sich an der Stuhllehne fest und trat ihm mit Wucht gegen den Kopf. Gurgelnd krachte der Hüne gegen einen Labortisch. Der Fremde rollte sich stöhnend zur Seite und suchte den Raum nach seiner Pistole ab.
    Tobias griff nach dem erstbesten Gegenstand, dessen er habhaft wurde: die Leidener Flasche. Sie war fast oberschenkelgroß und überaus schwer. Er wuchtete sie hoch, doch bevor er seinem Gegner den Konduktor an den Kopf werfen konnte, war dieser wieder aufgesprungen und stürzte sich auf ihn.
    Kaum stieß der Kahlköpfige gegen die Flasche, blitzte am Hals des Gefäßes ein greller Funke auf. Tobias spürte, wie die Flasche stark erzitterte. Sein Gegner erstarrte mitten in der Bewegung und kippte ohne einen weiteren Laut zu Boden. Verblüfft schaute Tobias den Konduktor an. Genau im richtigen Augenblick hatte sich ein Stromschlag entladen.
    Der Fremde, der soeben seine Pistole unter einem Tisch hervorgefischt hatte, eilte an die Seite des jungen Mannes und untersuchte den Niedergestreckten. »Bewusstlos. Ich gratuliere Ihnen. Das war ein grandioser Einfall!«
    »Nein, reiner Zufall«, wiegelte Tobias ab. »Eigentlich wollte ich ihm die Flasche auf den Kopf schlagen. Danke übrigens. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn Sie nicht eingegriffen hätten.«
    Zum ersten Mal kam er dazu, sich den Mann genauer anzusehen. Der Bärtige hatte eine hohe, jetzt blutige Stirn, die von lockigem schwarzem Haar umrahmt wurde. Sein Mantel mit den hohen Aufschlägen machte einen vornehmen Eindruck.
    Wer war das? Und was suchte er hier?
    Der Mann nickte und tupfte sich das Blut mit einem Taschentuch ab, während er sein Gegenüber mit durchdringendem Blick musterte. Vorsichtig stellte Tobias das ummantelte Gefäß ab und trat zu Caroline. Fürsorglich fühlte er nach ihrem Puls. Der Herzschlag war zwar kaum zu spüren, ging jedoch ruhig und gleichmäßig. Erleichtert atmete er auf. Es würde eine Weile dauern, bis sie wieder zu sich kam. Besorgt streichelte er ihre Wange.
    Der Fremde in dem eleganten Mantel schaute ihm aufmerksam zu, dann wuchtete er den Kahlköpfigen gegen einen der Labortische. Anschließend hob er dessen Messer auf, säbelte einen der Lederriemen vom Stuhl ab und fesselte damit die Handgelenke des Mannes. Mit einem zufriedenen Schnauben erhob er sich wieder. Sein Blick glitt von Tobias zum Eingang des Kellers. »Gehört die Ihnen?«
    Erst jetzt entdeckte Tobias die lederne Schultertasche, die an einer Wand stand. Offenbar hatte der Kahlköpfige sie dort abgelegt, bevor er ihn angegriffen hatte.
    »Nein.«
    Der Fremde schritt darauf zu und durchsuchte die Tasche. Er förderte ein Brecheisen, ein Lederetui mit diversen Dietrichen und Bohrern sowie einen dunklen Strumpf zutage, der Löcher aufwies. Offenbar war er dazu gedacht, über den Kopf gezogen zu werden. Als letztes zog er eine Mappe aus rotem Leder hervor, aus der ein halbes Dutzend Zettel hervorlugten. Tobias’ unbekannter Retter blätterte sie durch und schüttelte den Kopf.
    »Können Sie damit was anfangen?«
    Tobias nahm die Mappe entgegen und warf selbst einen Blick darauf. Die Zettel waren über und über mit mathematischen Berechnungen und seltsamen Konstruktionsskizzen übersät. Quer über dem letzten Zettel befand sich eine kurze Notiz: Buten Kayen, Hammonia, 5. Mai, L.
    333-341.
    »Nein.« Tobias zuckte bedauernd die Achseln. »Aber Sie sollten jetzt besser Ihre Wunde desinfizieren.« Er deutete auf die Stirn seines Gegenübers. Der Fremde steckte die Mappe zusammen mit dem Einbruchswerkzeug wieder in die Tasche zurück und sah ihn fragend an. »Desinfizieren? Was soll das sein? Sind Sie Physikus?«
    »Ja«, antwortete Tobias erschöpft. Er suchte den Labortisch nach Alkohol ab. Als er das Gesuchte gefunden hatte, riss er ein Stück Saum vom Rock Carolines und tränkte es damit.
    »Das wird jetzt kurz weh tun. Mit etwas Pech muss die Wunde genäht werden.«
    Misstrauisch gebot der Bärtige Tobias innezuhalten und studierte ernst dessen Gesichtszüge.
    »Vertrauen Sie mir!« bat Tobias.
    Endlich ließ ihn der Fremde gewähren.
    »Ahh! Verflucht. Das ist ja schlimmer als Schröpfen oder Aderlass.«
    »Dafür brauchen Sie sich jetzt keine Gedanken mehr über Tetanus zu machen. Wundstarrkrampf. Darf ich

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