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Der Gärtner von Otschakow

Der Gärtner von Otschakow

Titel: Der Gärtner von Otschakow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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getroffen.
    »Zu was? Zu einem Kaffee?«
    »Na ja, zu einem Tee, zu Kakao«, sagte Igor verlegen und fühlte, wie von ihrem Blick eine so heiße Kraft ausging, dass selbst seinen Wangen warm wurde. »Zu Sekt…«
    »Oh!«, sagte sie nur erstaunt. »Und wieso?«
    Igor breitete hilflos die Arme aus. »Ein bisschen reden… sich miteinander bekanntmachen…«
    »Das ist wohl dienstlich?«, fragte sie misstrauisch.
    Igor schüttelte den Kopf. »Nein, einfach so! Ich… ich bin neu hier in der Stadt… kenne keinen…«
    »Woher hat man Sie denn geschickt?«
    »Eigentlich aus Kiew… auf Dienstreise…«
    »Also, bei uns kann man überhaupt nirgends Kakao [104] trinken«, sagte sie lächelnd. »Und Sekt, dafür muss man ins Restaurant, und da gehe ich nie hin…«
    »Na gut, danke.« Endgültig verwirrt beschloss Igor, das Gespräch zu beenden. »Auf Wiedersehen… und danke für den Fisch!«
    »Den Dank für den Fisch gebe ich an meinen Mann weiter, der riecht auch nach Fisch! Kommen Sie wieder!«
    Igor ging zum Ausgang des Marktes, erfüllt von einer heftigen Aufregung, als hätte er etwas nicht richtig gemacht, und nicht einfach irgendwas, sondern etwas Wichtiges. Oder war es diese rothaarige Marktfrau, die ihn so aufregte?! Mit schnellen, fieberhaften Schritten lief er jetzt, als würde er vor irgendetwas fliehen, und versuchte, nicht zu rennen. Trotzdem führten die Füße ihn von selbst den richtigen Weg zurück in die Straße, in der Wanja Samochin lebte. Und unterwegs erkannte Igor ein bereits bemerktes Haus hier, einen blauen Zaun da, das Schild »Modeatelier Nummer 2« an dem hohen gemauerten Bau mit dem rissigen Putz, der seine Fassade direkt auf den Weg hinausschob, dort, wo bei anderen, bescheideneren Häusern Zäune standen und die Vorgärtchen noch grünten.
    Als Wanja durch das Fenster ›Milizionär‹ Igor bemerkte, der sich am Gartentor herumdrückte, kam er heraus vor die Tür und winkte einladend.
    »Ich dachte, Sie würden sich verlaufen«, sagte er, während er hinter Igor die Haustür schloss. »Was haben Sie da?« Er wies mit dem Kinn auf das Zeitungspaket.
    »Ich habe Fisch gekauft«, antwortete Igor. »Leg ihn fürs Erste in den Kühlschrank!«
    »Wir haben keine Kühleinrichtung«, sagte der Bursche [105] lächelnd. »Wir sind doch hier kein Fleischkombinat! Ich kann ihn in den Keller hinunterbringen!«
    »Nicht nötig.« Igor sah dem Burschen nachdenklich in die Augen. »Ist deine Mutter zu Hause?«
    »Was soll sie denn zu Hause? Sie ist noch auf dem Markt.«
    »Dann lege ich mich ein bisschen hin«, sagte Igor. »Nein, reden wir erst noch. Kochst du einen Tee?«
    »Wie wäre es mit Wein?«
    »Aber du musst doch gleich zur Arbeit?«
    »Bei mir auf der Arbeit riecht es überall nach Wein. Dort schnüffeln sie nicht an uns!«
    »Na, dann schenk ein«, stimmte Igor zu. »Man trinkt ihn hier doch vor dem Schlafen?«
    Sie setzten sich in die kleine Küche. Igor zog, ohne hinzusehen, einen Hunderter aus seiner rechten Tasche und legte ihn auf den Tisch zwischen sich und Wanja. Der warf einen Blick auf Lenin im Oval und straffte sich.
    »Hast du einen Fotoapparat?«, fragte der ›Milizionär‹.
    »Woher denn?!« Der Bursche zuckte die Achseln. »Ich bin ja kein Fotograf!«
    »Und wie viel kostet bei euch hier ein Fotoapparat?«
    »Na, wohl genauso viel wie bei Ihnen.« Wanja kratzte sich die Stirn. »Nicht billig! Vielleicht fünfhundert, vielleicht auch tausend.«
    »Und kannst du damit umgehen?«
    »Ich lerne es, wenn es nötig ist. Was ist schwierig daran? Die Schärfe im Objektiv einstellen und auf den Knopf drücken! Mein Freund hat es mir gezeigt!«
    Igor zog noch zehn Scheine aus dem Packen in seiner Tasche, legte sie auf den Tisch, zählte die Hunderter ab.
    [106] »Hier nimm, kauf einen Apparat und einen Film…«
    »Und dann?«
    »Dann postierst du dich, wenn du Zeit hast, irgendwo in der Nähe von Tschagins Haus und fotografierst die, die zu ihm kommen… Ich werde dich für jedes Bild bezahlen… Verstanden?«
    »Wie viel denn?«
    »Wenn das Gesicht zu sehen ist, dann für jedes… zwanzig Rubel.« Hier zögerte Igor und überprüfte Wanjas Reaktion auf den angebotenen Tarif. Wanja nickte ernst, also passte ihm die Summe. »Und wenn man das Gesicht nicht sieht, dann nichts. Solche Bilder brauche ich nicht…«
    »Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen auch die rote Walja aufnehmen!«
    »Mach das«, stimmte Igor zu. »Und du kannst auch ihren Mann…!«
    »Was wollen Sie denn mit dem? Der ist

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