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Der Gärtner von Otschakow

Der Gärtner von Otschakow

Titel: Der Gärtner von Otschakow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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einen Schluck von seinem Kaffee.
    »Woher wissen Sie das?«, staunte sein Besucher.
    »Die Gesichtszüge«, erklärte der Fotograf ruhig. »Solche Rothaarigen haben besondere Gesichtszüge, auch eine andere Mimik, frech, ausladend.«
    Igor wurde nachdenklich. Er versuchte sich zu erinnern, ob es unter seinen Bekannten Rothaarige gab. Unter den heutigen Bekannten.
    »Jemand aus der Verwandtschaft?«, erkundigte sich der Fotograf.
    »Ja… also, nicht meine Verwandten… von einem Bekannten«, antwortete Igor wirr, in den Gedanken ganz anderswo.
    »Die Fotos sind gut«, fuhr der Besitzer des Studios fort. »Wenn es ein altes Familienalbum wäre… könnte man damit sogar etwas verdienen.«
    »Wie, verdienen?« Igor kam zu sich.
    »Es gibt Kunden, die Familienfotoarchive sammeln…«
    »Das ist nicht von der Familie«, seufzte Igor und sah die Fotos noch einmal durch, sortierte sie vor sich auf dem Tisch. Inzwischen war ihm auch wieder der Name des Mannes mit [182] dem hageren Gesicht eingefallen, den Wanja viermal fotografiert hatte – Josip. Er und Wanja hatten ihn eines Abends gesehen, wie er bei Tschagin herauskam.
    »Ich habe noch fünf Filme.« Igor sah den Fotografen an. »Das wird dann nur ein bisschen teuer… Fünfhundert Grüne…«
    »Ich habe die Lösungen nicht weggeschüttet.« Der Fotograf lächelte mit den Augen. »Nur für das Papier müssten Sie zahlen. Es sind die gleichen Filme?«
    Igor legte fünf Filmpatronen auf die gläserne Tischplatte.
    »Dreihundert Griwni«, sagte der Fotograf. »Es ist deutsches Papier.«
    Igor nickte.
    Zu Hause, in seinem Zimmer, stellte Igor die Tischlampe auf den Nachttisch und besah sich die Fotos durch ein Vergrößerungsglas. Dabei spürte er, wie ihn von Zeit zu Zeit eine Gänsehaut überlief, so vertraut schienen ihm die Menschen, die Häuser und selbst die Bäume auf den Bildern. Unter der Lupe ähnelte Josip im Gesicht dem Gärtner Stepan, aber auch die rote Walja, hier ganz schwarz-weiß, erinnerte Igor zugleich an Koljans Ex-Freundin Alla und an die Verkäuferin im Kiosk am Irpener Busbahnhof, wo er sich immer ›Drei-in-Eins‹ bestellte.
    ›Ich bin einfach müde‹, sagte Igor sich, gähnte, schob die Bilder zurück in den Pappumschlag und knipste die Lampe aus. Dabei fiel ihm Wanjas Bitte ein: ihm ein paar ausgebrannte Birnen zum Strümpfestopfen mitzubringen.
    Igor musste lächeln.
    [183] 17
    Morgens kam Stepan ins Haus und bat Elena Andrejewna, ihm mit seiner Krawatte zu helfen. Bei eben dieser Beschäftigung traf Igor die beiden an, als er aus seinem Zimmer in den Flur heraustrat.
    Stepan im neuen Anzug, fand Igor, sah mehr als seltsam aus. Das windgegerbte, gebräunte, hagere Gesicht wirkte vor dem neuen grauen Anzug irgendwie fremd. Und die Miene des Gärtners schien es zu bestätigen – Unsicherheit war in Stepans Augen und auf den Lippen zu lesen, die dünn und ausdruckslos zwischen einem Lächeln und seinem Gegenteil erstarrt waren.
    Nachdem sie eine Weile versucht hatte, den Krawattenknoten über den geschlossenen obersten Hemdknopf zu ziehen, seufzte Elena Andrejewna tief und ließ die Arme sinken.
    »Mit dem Knoten stimmt was nicht«, sagte sie und schüttelte den Kopf.
    Stepans Lippen spannten sich noch mehr. Unzufrieden und gleichzeitig verloren sah er Igor an, der ihn beobachtete.
    »Können Sie ihn vielleicht neu binden?«, bat er endlich die Hausherrin. »Ich habe anscheinend vergessen, wie’s geht. Ich trage nicht jedes Jahr Krawatte…«
    Elena Andrejewna löste die Krawatte mit unentschlossenen Bewegungen, zog sie weg und klappte Stepans Hemdkragen hoch. Sie verharrte einen Augenblick, und dann begannen ihre Hände von selbst, die Krawatte zum Knoten zu schlingen, sie schien ihren Händen nur zuzusehen und sich [184] zu wundern, dass die noch immer wussten, wie sie einst die Krawatte auf dem Hemd ihres Mannes gebunden hatten.
    »Na also, jetzt ist es gut.« Igors Mutter trat einen Schritt zurück.
    Die Erleichterung brachte ein Lächeln auf Stepans Gesicht, und einen Ausdruck von Eile. Er lief ins Bad, spähte in den Spiegel und kam schnell wieder heraus.
    »Eine Verabredung?«, fragte Igor nicht ohne Bosheit.
    »Nein.« Stepan warf ihm einen scharfen Blick zu. »Ich gehe ein bisschen in die Stadt…«
    Der Gärtner wartete eine Fortsetzung ihres Gesprächs nicht ab, ging eilig zur Haustür und verschwand.
    Igor zuckte die Achseln. Er zog seine Trainingshose hoch und betrat die Küche. In der Küche war es heiß, beinah wie in den

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