Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
ich so etwas für diesen schleimigen Widerling getan habe. Außerdem dachte ich, ich würde zu Tode stürzen. Das Brett war so verdammt hoch … Ich konnte auf das Dach seines Hauses blicken. Ich bin immer weiter gehüpft und habe gedacht, dass du jeden Moment auf die Hupe drückst, damit ich aufhören kann. Ich habe gebetet, dass du hupst, ehe ich ausrutsche und mir das Genick breche. Aber du hast ja offenbar am Fenster gestanden und den Anblick genossen …«
    »Die Hupe funktioniert nicht«, sagte Neal.
    »Was?«
    »Ich habe es probiert. Sie ist kaputt.«
    Marta hupte.
    »Merkwürdig«, sagte Neal. »Bei mir hat sie nicht funktioniert.«
    »War die Zündung an?«
    »Nein.«
    »Dann ist es kein Wunder.«
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Nein. Es ist wie beim Radio. Wenn die Zündung aus ist, geht die Hupe nicht.«
    »Das ist bescheuert.«
    Sue sah zu ihm nach hinten. »Du musstest also an der Tür klingeln und Vince die Lichter ausblasen, bloß weil du nicht gewusst hast, wie die Hupe funktioniert.«
    »Anscheinend.«
    »Ha! Was für ein Brüller.«
    »Ich dachte, du wüsstest das mit der Hupe«, sagte Marta. »Was glaubst du, warum ich den Schlüssel stecken gelassen habe?«
    »Ich hätte ihn umdrehen müssen?«
    »Ja. Wie beim Radio.«
    »Tja …« Neal schüttelte den Kopf.
    »Dafür wirst du in der Hölle schmoren«, sagte Sue.
    Er lachte.
    Marta mied soweit wie möglich die Hauptstraßen und bog immer wieder willkürlich ab. Auf Umwegen näherten sie sich langsam ihrer Wohnung.
    Sogar in den meisten Nebenstraßen herrschte dichter Verkehr.
    Die Männer in den Autos um sie herum starrten Marta und Sue an. Einige hupten, pfiffen, gaben lautstark Kommentare ab oder machten ihnen unanständige Angebote. Marta ignorierte sie. Sue hingegen lächelte manche von ihnen an oder winkte ihnen zu. Doch dann formte ein lachender Jugendlicher, der mit seinen Freunden auf der Ladefläche eines Pick-ups saß, mit der Hand ein O und stocherte mit dem Finger darin herum. »Wie charmant«, sagte Sue und zeigte ihm den Mittelfinger.
    »Großer Gott«, platzte Marta heraus. Sie schlug Sue auf den Unterarm. »Lass das! Wir sind hier in L. A. Willst du, dass wir umgebracht werden?«
    »Hast du gesehen, was er gemacht hat?«
    »Das spielt keine Rolle.« Marta fuhr an den Straßenrand und hielt an.
    Neal sah den Pick-up weiterfahren.
    Marta drehte sich zu Sue.
    »Wirfst du mich jetzt raus?«, fragte Sue.
    »Nein, natürlich nicht. Aber mach so etwas nicht noch mal. Es ist völlig egal, was jemand anders tut, ignorier es einfach. Okay?«
    »Also …«
    »Marta hat recht«, sagte Neal. »Die Stadt ist voller Irrer, die nur auf einen Anlass warten, um dich abzuknallen.«
    »Mich?«
    »Irgendjemanden.«
    »Deshalb sollte man auf keinen Fall einen Fremden gegen sich aufbringen«, erklärte Marta.
    »Es würde die Lage vereinfachen«, meinte Neal, »wenn ihr eure Blusen wieder anzieht.«
    »Wir sitzen darauf«, sagte Marta.
    »Wir mussten schnell los«, fügte Sue hinzu.
    »Aber jetzt haben wir angehalten«, entgegnete Neal.
    Sue grinste Marta an. »Er will nur nicht, dass jemand anderes auch was zu sehen kriegt.«
    »Egoistischer Mistkerl«, sagte Marta.
    Sie lachten beide.
    »Ihr Clowns«, sagte Neal.
    Immer noch lachend lösten sie ihre Sicherheitsgurte, rutschten auf den Sitzen herum und zogen die Blusen unter ihren Hintern hervor. Sie beugten sich vor und zogen sie an.
    »Danke, Ladys.«
    »Gern geschehen«, antworteten sie wie aus einem Munde.
    Während der restlichen Fahrt gab es keine Pfiffe, kein Hupen, keine Bemerkungen und keine obszönen Gesten mehr. Doch die Männer in den Autos um sie herum drehten immer noch die Köpfe und gafften sie an.

51
    51
    In Martas Wohnzimmer stellte Neal die Tüte mit dem Geld auf den Couchtisch. Sie starrten sie an und warfen sich gegenseitig Blicke zu.
    »Sollen wir mal reingucken?«, fragte Marta.
    »Es gehört uns«, sagte Neal.
    »Ich muss mal pinkeln, könnt ihr so lange warten?«, fragte Sue.
    »Wir haben es nicht eilig«, entgegnete Neal.
    »Überhaupt nicht«, stimmte Marta zu. »Warum nehmen wir nicht alle eine Auszeit von fünf oder zehn Minuten? Ich will meine nassen Schwimmsachen ausziehen. Sobald ich mich umgezogen habe, mache ich uns ein paar Margaritas. Wir könnten eine kleine Party feiern und die Beute zählen.«
    »So gefällst du mir«, sagte Neal.
    Sue sah ihn an.
    Er war sich nicht sicher, was ihr Blick zu bedeuten hatte, doch er sagte: »Du gefällst mir auch.«
    Sue und Marta

Weitere Kostenlose Bücher