Der Gebieter
gewirkt: Sträucher, Springbrunnen, Pfade, die sich in Schlangenlinien zwischen hüfthohen Blumenbeeten hindurchwanden und es Costis unmöglich machen, so schnell voranzukommen, wie er unbedingt musste.
Wenn er an einem Knochen ersticken und sterben würde, wäre es mir gleichgültig. Das war nicht wahr.
Costis betete, während er rannte. Zu Miras, seinem eigenen
Gott, und zu Philia, der Göttin der Gnade, dass sie den König vor Unheil bewahren möge. »Oh, Göttin, bitte mach, dass es dem kleinen Dreckskerl gut geht«, betete er. »Oh, bitte mach, dass alles in Ordnung ist. Mach, dass ich mich irre. Lass mich wie einen Trottel dastehen, aber behüte ihn. Zehn Goldbecher für deinen Altar, wenn er in Sicherheit ist!«
Die Götter im Himmel wussten, dass der König von einem Kleinkind mit einer Bratengabel hätte niedergestreckt werden können. Welche Hoffnung hatte er, gegen einen Meuchelmörder zu bestehen, der so, wie man ein Schwert schliff, nur zu einem Zweck ausgebildet und gestählt wurde – zum Morden? Costis konnte nur beten, dass er nicht zu spät kommen würde.
Blut auf den Blumen, Blut auf dem grünen Gras, Blut, das wie Rosen in den stillen Wassern eines Springbrunnens erblühte. Vor seinem inneren Auge sah Costis all das. Was würde der König denken, wenn die Mörder auf ihn eindrangen? Er würde nach seiner Garde rufen, damit sie ihn beschützte, und bis auf Legarus war niemand da.
Costis’ Füße trommelten über den Weg. Als dieser ein paar Stufen hinabführte, nach denen er an einem langen, rechteckigen Spiegelteich entlang verlief, sprang Costis vom oberen Ende der Treppe nach unten und am anderen Ende des Teichs mit einem Satz weitere Stufen wieder hinauf. Hinter sich hörte er jemanden stolpern. Ein Keuchen, ein Aufspritzen.
Am Ende umrundete er eine Hecke und stand von Angesicht zu Angesicht Legarus gegenüber, den das Geräusch der näher kommenden Schritte aus dem Heckengang hervorgelockt hatte. Er hatte sein Schwert gezogen; Costis hatte Glück, dass er nicht geradewegs hineinlief.
»AUS DEM WEG!«, brüllte er, und Legarus wich verwirrt zurück.
»Attolia! Attolia!«, rief Costis zur Warnung, während er an der
Hecke entlangrannte. Außer Atem erreichte er den Gang und stürzte sich hinein.
Der König saß am gegenüberliegenden Ende des Ganges auf einer Freifläche zwischen hohen Hecken und Blumenbeeten auf einer steinernen Bank. Ein Springbrunnen sprudelte in einen flachen Teich. Der König hatte die Beine ausgestreckt, an den Knöcheln übereinandergeschlagen und auf die Fliesenumrahmung des Teichs gelegt. Ohne Zweifel hatte er die Spiegelbilder der Wolken im Wasser betrachtet oder die Fische beobachtet. Costis konnte das amüsierte Lächeln sehen, um das er gebetet hatte, die eine hochgezogene Augenbraue. All die Panik und Hast waren grundlos gewesen. Es war niemand hier, bis auf den König, der friedlich am Springbrunnen saß, und Costis, der mit der blanken Waffe in der Hand zwischen den Hecken stand und wie ein Dummkopf aussah, der sich vor den Schatten fürchtete.
Der König war in Sicherheit und lachte Costis wie gewöhnlich aus. Es störte Costis nicht. Er beugte sich erleichtert vornüber und rang keuchend nach Luft. Das Schwert noch in der Faust und die Hände auf die Knie gestützt, erwiderte er das Lächeln des Königs, als die Attentäter in Sicht kamen.
Sie mussten sich hinter den Büschen verborgen haben, aber für Costis erschienen sie wie von Zauberhand. Eben noch waren sie nicht da gewesen – im nächsten Augenblick ragten sie bereits drohend über der schmächtigen Gestalt auf der Bank auf. Costis schrie eine unverständliche Warnung und stolperte vorwärts, aber er hätte genauso gut gleich auf dem Jagdhof bleiben können. Es war hoffnungslos, bevor er auch nur den ersten Schritt gemacht hatte, und schon vorbei, bevor er auch nur die halbe Strecke des langen, dunklen Gangs zwischen den hohen Hecken zurückgelegt hatte. Er konnte nichts mehr tun.
Seine Schritte wurden von selbst langsamer, als er sich dem
Springbrunnen näherte. Dumpf starrte er den Leichnam und das Blut an, das sich im Wasser ausbreitete. Es war ganz so, wie er es sich vorgestellt hatte – und doch zugleich nichts, was er sich je hätte vorstellen können. Er sah das Blut auf dem Kiesweg und den Toten an. Auf dem Gras war noch mehr Blut geflossen. Es war nicht das des Königs. Es war auch nicht die Leiche des Königs. Costis hörte Schritte hinter sich; als er sich
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