Der geduldige Tod (German Edition)
Orten.«
Kommissarin Lucia Hernandez: »Sicherlich. Aber niemand ist Opfer eines Serienmörders, der seine Opfer genauso getötet hat, wie die Frauen hier ermordet wurden.«
Zeugin Berger: »Was wollen Sie damit sagen?«
Kommissarin Lucia Hernandez: »Nichts. Ich rege nur zum Nachdenken an.«
Zeugin Berger: »Ich habe genug darüber nachgedacht. Ich weiß nichts. Und ich war es nicht. Bitte lassen Sie mich gehen.«
Kommissarin Lucia Hernandez: »Verlassen Sie nicht den Ort und erst recht nicht das Land.«
Zeugin Berger: »Das kann ich nicht. Mein Pass wurde gestohlen.«
Kommissarin Lucia Hernandez: »Haben Sie das bereits gemeldet?«
Zeugin Berger (zögert): »Nein, ich dachte, ich habe ihn vielleicht verlegt oder so.«
Kommissarin Lucia Hernandez: »Haben Sie ihn verlegt oder wurde er gestohlen?«
Zeugin Berger: »Ich denke, er wurde gestohlen.«
Kommissarin Lucia Hernandez: »Haben Sie auch einen Verdacht, von wem?«
Zeugin Berger (erneutes Zögern): »Nein.«
Kommissarin Lucia Hernandez: »Gut, dann nehmen wir das jetzt auf.«
Kommissarin Lucia Hernandez: »Wer hat Zutritt zu Ihrer Wohnung?«
Zeugin Berger: »Meine Vermieterin und ich.«
Kommissarin Lucia Hernandez: »Wer war noch darin?«
Zeugin Berger. »Sie und Francisco.«
Kommissarin Lucia Hernandez: »Fehlt sonst noch etwas?«
Zeugin Berger: »Mir ist nichts aufgefallen.«
Kommissarin Lucia Hernandez: »Dann können Sie jetzt gehen.«
Ende der Zeugenaussage.
***
Sobald Victoria wieder auf der Straße stand, erlaubte sie sich, Nerven zu zeigen. Drinnen hatte sie sich sehr viel Mühe gegeben, vor den Beamten und der Kamera nicht die Fassung zu verlieren. Sie versuchte, ihre Hände zu kontrollieren, ihre Stimme nicht allzu sehr zittern zu lassen. Doch jetzt ließ sie es heraus. Sie konnte kaum laufen, so sehr wackelten ihre Knie. Sie hatte keine Ahnung, was sie von Franciscos Verhaftung halten sollte. Hatte sie wirklich einen Killer in ihr Bett gelassen? Das war doch nicht möglich!
Mühsam ging sie ein paar Schritte vorwärts. Doch sie kam nicht weit. Gerade, als sie spürte, wie sie an der frischen Luft ruhiger wurde, verstellten ihr mehrere junge Leute den Weg. Sie kamen ihr bekannt vor, vor allem eines der Mädchen. Es war Anfang Zwanzig, trug das dunkle, von blonden Strähnen durchzogene Haar offen, wobei es den Kopf immer wieder nach hinten warf, um das Gesicht von den Haaren zu befreien. Sie hatte am Hafen gestanden, am Ende des Stegs, als Francisco Victoria das erste Mal auf einen Segeltörn eingeladen hatte.
»¿Hey, zorra, que pasa?«, fragte die junge Frau und baute sich direkt vor Victoria auf.
Das war keine besonders nette Begrüßung. Vor allem das Wort zorra , das so viel wie Schlampe bedeutete.
»Was wollen Sie?«, fragte Victoria.
»Was wollen Sie von Francisco?«, erwiderte das Mädchen. »Er ist nicht Ihr Freund. Er gehört zu uns.« Sie beugte sich vor und tippte mit dem Finger auf ihre Brust. »Zu mir.«
»Er hat mir von Ihnen erzählt. Er hat Ihnen gesagt, er bräuchte Abstand, um zu trauern. Er wollte damit sagen, dass Schluss ist.«
»Ach ja? Sind Sie Psychologin?« Sie trat einen Schritt auf Victoria zu, die zurückwich.
»Nein.«
»Dann wissen Sie einen Scheißdreck, was er damit sagen wollte. Ich will Ihnen jetzt aber sagen, dass Sie Ihre hässlichen Finger von ihm lassen sollen. Sonst werden wir noch mehr tun als nur den Pool und den Fisch vergiften.«
Victoria sah sie entsetzt an. »Sie waren das?«
»Nein, wir waren das nicht!« Das Mädchen lachte. »Niemals!« Es wurde aber augenblicklich wieder ernst. »Schade, dass die arme Katze dran glauben musste. Die Dosis war für sie leider tödlich. Hätten Sie den Fisch gegessen, hätten Sie nur Magenkrämpfe bekommen, der Katze jedoch das Leben gerettet. Das arme, unschuldige Katzenleben geht auf Ihr Konto. Das nächste Mal sind wir weniger zimperlich mit Ihnen. Haben Sie mich verstanden?«
Die Gang hinter der jungen Frau kam näher, so dass Victoria noch einen Schritt zurückweichen musste.
»Francisco ist ein erwachsener Mann, er kann sich aussuchen, wen er liebt.« Nun konnte sie doch nicht verhindern, dass ihre Stimme leicht zitterte.
»Das kann er. Aber Sie können sich nicht mehr aussuchen, wohin Sie gehen, wenn Sie im Rollstuhl sitzen.«
Victoria schluckte hart. »Drohen Sie mir?« Sie gab sich Mühe, wieder fest zu klingen, obwohl sie am liebsten davongelaufen wäre.
»Klang das wie eine Drohung?« Die junge Frau drehte sich zu
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