Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der gefährliche Traum (German Edition)

Der gefährliche Traum (German Edition)

Titel: Der gefährliche Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Frieser
Vom Netzwerk:
ihn ernst an. »Niemand, wirklich niemand, hat das Recht dazu, einen anderen Menschen so zu behandeln. Dagegen muss man sich wehren. Man muss, hörst du! Wenn du dir das gefallen lässt, wird es nur schlimmer. Und du trägst eine Mitschuld, wenn er auf den nächsten Schwächeren losgeht.«
    »Aber warum sollte uns der Bürgermeister überhaupt um diese Uhrzeit anhören?«
    »Weil am Wochenende Bürgermeisterwahl ist. Wenn er wiedergewählt werden möchte, sollte er sich für das Benehmen seines Sohnes entschuldigen.«
    »Wir wissen doch gar nicht, wo er wohnt«, versuchte es Max zum letzten Mal, aber auch jetzt wieder ohne Erfolg.
    »Mein Schatz, du vergisst, dass ich Journalistin bin. Ich weiß alles. Ich verbringe die Vormittage in der Gemeindebücherei. Ich weiß sogar, wer ihm seine Hemden bügelt.« Sie zwinkerte ihm verschmitzt zu und Max sah das morgendliche Kaffeekränzchen vor sich. Er ergab sich seinem Schicksal und stieg ins Auto.
     
    Der Bürgermeister wohnte am Stadtrand in einem Neubauviertel. Das Grundstück war riesig und das Wohnhaus eine moderne Villa. Max’ Mutter stellte das Auto an der Straße ab und ging mit ihrem Sohn die Auffahrt hinauf. Sofort sprangen Bewegungsmelder an, und der Weg und die Haustür wurden beleuchtet, obwohl es jetzt, im Sommer, noch taghell war.
    »Solarzellen! Fluch und Segen zugleich«, murrte seine Mutter und deutete auf einen Fußweg, der zu einem Pavillon führte. »Überall sind diese hässlichen Solarleuchten in albernen Formen wie Steine und Fackeln. Die reinsten Landebahnen für nächtliche Insekten! Ich möchte nicht wissen, wie es hier zu Weihnachten aussieht.«
    Sie drückte energisch auf die Türklingel und wartete. Dabei beklagte sie sich weiter über den schlechten Geschmack der Bürgermeisterfamilie.
    Es dauerte etwas, bis jemand öffnete. Ein Mann, etwas älter als Max’ Vater, sah die Besucher fragend an.
    »Verzeihen Sie unseren späten Besuch«, begann seine Mutter zu erklären. »Ich bin Britta Schwarz und das ist mein Sohn Maximilian. Er geht mit Ihrem Sohn Julian in eine Klasse. Wir sind erst vor ein paar Tagen in den Ort gezogen und müssten Sie in einer dringenden Angelegenheit sprechen. Sie sind doch der Bürgermeister, oder?« Sie lächelte freundlich.
    »Sie sind genau an der richtigen Adresse, Frau Schwarz. Kommen Sie doch herein und sagen Sie mir, wie ich Ihnen helfen kann.«
    Die Worte des Bürgermeisters waren zwar freundlich, kamen aber nicht von Herzen. Max’ Mutter hatte recht, der Mann war im Wahlkampf.
    »Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«, fragte der Bürgermeister und führte seinen Besuch in das Arbeitszimmer.
    Während seine Mutter dankend ablehnte, sah sich Max um. Entlang der Wände befanden sich Bücherregale und Schränke, in der Mitte stand ein großer Arbeitstisch und in der Ecke war eine modern eingerichtete Sitzecke. Doch sein Blick blieb an etwas anderem hängen. Mit weit aufgerissenen Augen stand er da und starrte auf ein übergroßes Gemälde. Ein älterer Mann, in der Mode des 17 . Jahrhunderts gekleidet, stand in voller Größe mit stolzgeschwellter Brust neben seinem treuen Pferd.
    »Ich sehe, du hast meinen Urururgroßvater entdeckt«, sagte der Bürgermeister stolz. »Er war der Amtmann von Hohenstein in den Jahren 1649 bis 1671 . Der Begründer unserer Dynastie sozusagen. Das Gemälde ließ er kurz nach seiner Amtseinführung anfertigen.«
    Max hatte den Amtmann sofort wiedererkannt.
    »Wir stammen von einer alteingesessenen und überaus angesehenen Familie ab und darauf sind wir sehr stolz. Seit Johann Georgius Dauber«, der Gastherr deutete auf den Amtmann, »hat sich jede Generation um die Stadt verdient gemacht. Ihm wurde sogar für seine heldenhaften Taten bei der Rettung einer entführten Baroness der Adelstitel verliehen. Seitdem dürfen wir uns
von Dauber
nennen. Ich bin mir sicher, dass mein Sohn diese Tradition fortsetzen wird.« Die Aufgeblasenheit des Bürgermeisters war kaum zu ertragen.
    Umso mehr schien Max’ Mutter den folgenden Seitenhieb zu genießen.
    »Wegen Ihres Sohnes sind wir übrigens hier. Nach allem, was ich von ihm gehört habe, zeichnet sich wohl eine andere Laufbahn ab.«
    Der Bürgermeister sah sie verdutzt an. »Wie darf ich das verstehen?«
    Auf das Stichwort berichtete Max’ Mutter von den Missetaten Julians, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.
    Bei der Erwähnung des Waldes fiel er ihr prompt ins Wort. »Sagten Sie, Ihr Sohn war im Wald? Wo denn genau?«
    »In der

Weitere Kostenlose Bücher