Der gefährliche Traum (German Edition)
von Generation zu Generation weitergegeben, so wie in unserer Familie das Schloss«, stellte sie fest. »Womöglich kann er gar nichts dafür, dass er so fies ist.«
»Jetzt übertreib mal nicht! Schließlich hat er ganz alleine gestern Nachmittag zugeschlagen und nicht sein Vorfahr. Mein rechtes Auge ist immer noch blau und meine Lippe geschwollen.« Max deutete auf sein Gesicht.
»Du hast recht. Julian ist ein mieser Kleinkrimineller und sein Vater ein mieser Großkrimineller«, stellte sie fest.
»Warum sein Vater? Nur weil er ein selbstverliebter, machtgieriger Vollidiot ist, macht ihn das nicht automatisch zu einem Verbrecher«, widersprach Max.
»Vielleicht nicht. Er sollte aber trotzdem nicht wiedergewählt werden. Ich kann ihn nicht ausstehen. Hat er dir nicht verboten, in den Wald am
Kalten Stein
zu gehen? Ich frage mich, warum? Und warum hat er mit meinem Vater ein unbebautes Grundstück am Stadtrand gegen das Waldstück getauscht, wenn er es nicht nutzt? Ich hab mit meinem Paps darüber geredet, und er hat gesagt, dass das Holz im Wald verrottet und niemand er herausholt. Zurzeit bekäme man auf dem Holzmarkt einen sehr guten Preis dafür. Er selbst hat dem Tausch nur zugestimmt, weil er eine Erschließung des Stadtrands an dieser Stelle verhindern wollte. Das verwilderte Areal ist nämlich die Brutstätte für viele Vögel. Also, was will er mit dem Wald, wenn er das Holz nicht verkauft?«
»Na und«, meinte Max nur. »Wenn der Bürgermeister das Geld nicht braucht …«
Doch Fritzi fiel ihm sofort ins Wort. »Blödsinn! Es gibt Gerüchte, dass die Firma seiner Frau kurz vor dem Bankrott steht. Er braucht also dringend Geld.« Sie machte eine bedeutungsschwere Pause. »Erinnerst du dich an die gegrabenen Löcher und die freigelegte Grundmauer im Wald?«
Max nickte. »Worauf willst du hinaus?«
»Was, wenn der Bürgermeister nach dem Lösegeld sucht? Wenn er in großen finanziellen Problemen steckt, wären die alten Münzen seine Rettung.«
»Wer sagt, dass Julian und sein Vater die Ausgräber sind?«, hakte Max skeptisch nach. »Außerdem hat doch der Amtmann das Lösegeld an sich genommen.«
»Aber das weiß der Bürgermeister vielleicht nicht. Denk doch mal nach! Julian hat uns von Anfang an aus dem Wald fernhalten wollen. Er hat uns im Keller belauscht und gehört, dass wir das Lösegeld suchen. Dann bekam er Angst, dass wir es vor ihm finden. Wetten?« Fritzi sah Max herausfordernd an.
»Und woher soll der Bürgermeister von dem Räuberversteck wissen?«
»Keine Ahnung. Hab ich schon gesagt, dass ich den Bürgermeister nicht leiden kann? Ich bin dafür, dass wir zu ihm gehen und ihn mit seiner verbrecherischen Sippschaft konfrontieren. Oder noch besser, wir gehen gleich zur Zeitung und erzählen denen die ganze Geschichte. Wenn sie die dann abdrucken, wählt vielleicht am Sonntag niemand mehr den Dauber. Wer will schon einen aus einer Betrügerfamilie als Bürgermeister?«
»Spinnst du!«, rief Max empört. »Der Typ ist im Wahlkampf und versteht zurzeit keinerlei Spaß. Außerdem kannst du das Ganze sowieso nicht beweisen.«
Fritzi blieb stur. »Wir haben doch die Spange. Du hast selbst gesagt, dass der Amtmann auf dem Bild genau so eine trägt.«
»Aber ich habe in meinem Traum auch gesehen, dass ihm keine gefehlt hat. Wer weiß, wie viele damals Schuhe mit solchen Spangen getragen haben? Vermutlich waren sie total angesagt«, warf Max ein. »Außerdem, darf ich dich daran erinnern, dass ich alles nur geträumt habe? Niemand würde mir glauben, und zwar zu Recht. Im Übrigen ist der Bürgermeister momentan gar nicht wichtig.«
»Und warum?«, fragte Fritzi trotzig. Ihren Lieblingsfeind wollte sie so schnell nicht vom Haken lassen.
»Inzwischen bin auch ich mir sicher, dass es meine Aufgabe ist, herauszufinden, was mit Friederike passiert ist. Es wird Zeit, dass die beiden ihren Frieden finden, vor allem Andreas. Er macht sich immer noch Vorwürfe und gibt sich die Schuld am Verschwinden von Friederike. Für ihn muss ich den wahren Schuldigen finden. Und das ist nicht der Bürgermeister.« Max sah Fritzi ernst in die Augen. »Und was ist mit der Sage, an die du doch glaubst? Falls ich der Nachkomme des Räuberjungen bin, muss ich einen Nachkommen von Friederike, also vielleicht dich, aus großer Gefahr retten, und darauf habe ich jetzt echt keine Lust. Mir reichen schon meine Träume. Und mein normales Leben ist momentan auch ganz schön kompliziert. Zum Beispiel muss ich mir noch
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