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Der Gefangene

Titel: Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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worden sei, und erklärte sich bereit auszusagen.
    Der Bericht der Polizei liest sich wie folgt:
    WILLIAMSON sagte: »Okay, 8. Dezember 1982, da war ich oft im Coachlight, und einmal war ich da, da hab ich ein hübsches Mädchen gesehen und dachte, der geh ich bis nach Hause nach.«
    WILLIAMSON machte eine Pause und tat dann so, als wollte er etwas sagen, das mit dem Buchstaben »F« beginnt, schwieg aber. Dann fuhr er fort: »Ich dachte, was, wenn was Schlimmes passiert in dieser Nacht, und folgte ihr bis nach Hause.« WILLIAMSON machte dann eine Pause und erzählte, wie er mal eine Stereoanlage gestohlen hatte. Dann sagte WILLIAMSON: »Ich war mit DENNIS zusammen, wir gingen ins Holiday Inn und erzählten einem Mädchen, dass wir eine Bar im Auto hätten, damit kriegten wir sie, und sie sprang raus.«
    WILLIAMSON gab unzusammenhängende Sätze von sich, und der Beamte ROGERS bat WILLIAMSON, sich zu konzentrieren und auf den Fall DEBBIE CARTER zurückzukommen.
    WILLIAMSON sagte: »Okay, ich hab geträumt, ich hätte DEBBIE getötet, ich war auf ihr, hatte ein Seil um ihren Hals gelegt, hab auf sie eingestochen, ganz oft, das Seil um ihren Hals ganz eng zugezogen.«
    WILLIAMSON sagte: »Ich mache mir Sorgen, was das für meine Familie bedeutet«, dann sagte er: »Meine Mutter ist jetzt tot.«
    Der Beamte ROGERS fragte WILLIAMSON, ob er und DENNIS am fraglichen Abend da gewesen seien, und WILLIAMSON antwortete: »Ja.« Der Beamte FEATHERSTONE fragte WILLIAMSON: »Sind Sie mit der Absicht hingegangen, sie zu töten?« WILLIAMSON erwiderte: »Wahrscheinlich.«
    Der Beamte FEATHERSTONE fragte: »Warum?«
    WILLIAMSON erwiderte: »Sie hat mich wahnsinnig gemacht.«
    Der Beamte FEATHERSTONE fragte: »Was wollen Sie damit sagen? War sie gemein zu Ihnen? Ein Miststück?« WILLIAMSON erwiderte: »Nein.«
    WILLIAMSON machte eine kurze Pause und sagte dann: »Oh mein Gott, Sie können nicht erwarten, dass ich gestehe, ich habe eine Familie, ich habe einen Neffen, den ich schützen muss. Meine Schwester, das wird sie fertigmachen. Ich kann meiner Mutter nicht wehtun, jetzt wo sie tot ist. Das geht mir im Kopf herum, seit es passiert ist.« Um 19:38 Uhr sagte WILLIAMSON: »Wenn Sie versuchen, mich dranzukriegen, will ich TANNER in Tulsa. Nein, ich will DAVID MORRIS.«
    Als Ron nach einem Anwalt verlangte, bekamen die Detectives kalte Füße und brachen das Verhör ab. Sie riefen David Morris an, der sie anwies, das Verhör mit Ron auf der Stelle zu beenden.
    Der Bericht wurde nie von Ron unterzeichnet. Er hat ihn nie gesehen.
    Dank eines weiteren Traum-Geständnisses fügte sich nun also auch der Fall Carter für Polizei und Staatsanwaltschaft allmählich zusammen. Bei Ward und Fontenot hatte man gelernt, dass ein Mangel an Beweisen kein Hindernis für eine zügige Strafverfolgung sein musste. Die Tatsache, dass Debbie Carter in Wirklichkeit nicht erstochen worden war, spielte keine große Rolle. Wenn Geschworene hinreichend schockiert sind, erklären sie jeden für schuldig.
    Ron Williamson saß wegen eines Traum-Geständnisses hinter Gittern. Ein zweites konnte ihn den Kopf kosten. Ein paar Tage nach der Vernehmung kam ein Wärter namens John Christian an Rons Zelle vorbei. Ron und er waren in unmittelbarer Nachbarschaft aufgewachsen. In Christians Familie gab es mehrere Jungs in Rons Alter, und er war oft zum Mittag- oder Abendessen bei ihnen gewesen. Sie hatten zusammen Baseball auf der Straße und in den Ligen gespielt und beide die Byng Junior High School besucht.
    Ron war weder in Behandlung, noch nahm er Medikamente und war folglich alles andere als ein Mustergefangener. Das Gefängnis von Pontotoc County ist ein fensterloser Betonbunker, der aus unerfindlichen Gründen auf der Westseite des Rasens vor dem Gerichtsgebäude erbaut worden war. Die Decken sind niedrig, die Atmosphäre klaustrophob; wenn einer schreit, hören es alle. Ron schrie oft. Und wenn er nicht schrie, dann sang, weinte, heulte oder jammerte er. Er schrie seine Unschuld hinaus oder lamentierte über Debbie Carter. Er kam in eine der beiden Einzelzellen, so weit wie möglich entfernt von den überfüllten Gemeinschaftszellen. Doch das Gefängnis war so klein, dass Ron immer störte - ganz gleich wo er war.
    Nur John Christian konnte ihn besänftigen. Die Mitgefangenen freuten sich irgendwann schon auf den Schichtwechsel der Wärter. Wenn Christian kam, ging er immer sofort zu Rons Zelle. Sie sprachen über alte Zeiten, ihre gemeinsame Kindheit, wie sie

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