Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
Vom Netzwerk:
nicht, weil sie mich belogen hat, und auch nicht, weil sie vielleicht nicht diejenige war, für die sie sich ausgegeben hat – sondern deshalb, weil sie mir so wenig Vertrauen entgegenbrachte, dass sie nichts davon zugeben wollte.«
    Fina drehte sich zu ihren Eltern um. Roberts Hand lag auf der ihrer Mutter. Er strich durch ihre Haare und blickte in ihre Augen, als würde er eigentlich mit ihr reden.
    »Ich war mir sicher, dass Robert furchtbar enttäuscht wäre, wenn er die Wahrheit erfahren würde«, fuhr ihre Mutter fort. »Die wahre Susanne passte so ganz und gar nicht in seine reiche, verführerische Welt. Wir haben uns nie wirklich gestritten – er wollte manchmal damit anfangen, aber ich habe ihm nur mit meinem Schweigen geantwortet. Er sagte mir, dass er sich von mir trennen würde, wenn das so weiterginge. Und ich habe mich immer mehr in die Vorstellung hineingesteigert, dass meine Armut an allem schuld sei. In meinem Kummer habe ich lange Spaziergänge gemacht. Das habe ich immer schon getan – und dieses Mal habe ich im Grundlosen Moor eine Flüsterstimme gehört, die mir Hilfe angeboten hat. Kurz darauf ist mir ein kleines Männlein erschienen, das mir anbot, mein Problem zu lösen.«
    Fina starrte ihre Mutter an, begegnete der Furcht in ihrem Blick und drehte sich schnell wieder zum Fenster.
    »Er war so hässlich, Fina«, hauchte Susanne. »Er hatte riesige Augen, so groß wie Tischtennisbälle, und klobige Hände mit zwei Daumen.«
    Fina schloss die Augen. Sie hatte Moras Herrn nie wirklich gesehen. Aber es schien eindeutig der Gleiche zu sein.
    »Er sagte, er könne Dinge in Gold verwandeln, und hat es mir an einem Kiefernzapfen vorgeführt. Ich durfte den Zapfen behalten. Er war tatsächlich aus reinem Gold, und ich habe ihn für sehr viel Geld verkauft. Plötzlich sah ich die Lösung vor mir: Ich brauchte nur noch mehr von diesem Gold und könnte damit einfach meine Lügen in Wahrheit verwandeln. Als ich das nächste Mal ins Moor ging, kam mir alles so surreal vor wie in einem Traum. Aber das Männlein war da. Er rupfte Schilf und Gräser aus dem Moor und verwandelte sie in Gold. Als Gegenleistung wollte er den Ring haben, den ich an meinem Finger trug. Robert hatte ihn mir geschenkt, und es war das Wertvollste, was ich besaß. Eigentlich hing ich sehr an dem Ring, weil es das größte Geschenk war, das Robert mir gemacht hatte. Aber das Gold des Männleins hatte einen viel größeren Wert, also ließ ich mich darauf ein. Ich habe nie ganz verstanden, was der Wicht mit einem Goldring wollte, wo er doch so viel Gold erschaffen konnte, wie er wollte. Aber er schien mit dem Tausch zufrieden zu sein und sagte, ich dürfe gerne wiederkommen. Nachdem ich auch die goldenen Gräser gut verkaufen konnte, ging ich zum dritten Mal ins Moor. Dieses Mal hüpfte er vor mir durch den Wald und suchte die schönsten Blätter, Früchte und Pflanzen, um sie ebenfalls zu verwandeln. Er füllte einen riesigen Sack damit. Aber bevor er ihn mir gab, stellte er mir zwei Bedingungen: Ich dürfe niemandem von unserem Pakt erzählen. Und ich solle ihm meine erste Tochter bringen, sobald sie geboren wäre.«
    Fina erstarrte. Sie wagte es nicht, sich zu ihrer Mutter umzudrehen, wollte die Schuld in ihrem Gesicht nicht sehen.
    »Er öffnete den Sack noch einmal und ließ das Gold im Sonnenlicht aufblitzen. Es war so eine seltsame Situation, Fina. Da lag das kunstvollste Gold vor mir, bereit, mich zu einer reichen Frau zu machen – und gleichzeitig wollte er etwas dafür, was es noch gar nicht gab, was es vielleicht auch niemals geben würde. Ich war achtzehn, ich wollte noch keine Kinder, und dieser Wicht vor mir war Rumpelstilzchen, eine Märchenfigur. Ich müsste nur seinen Namen nennen, und er würde sich in Luft auflösen. Falls er überhaupt wirklich existierte. Ich war mir fast sicher, dass ich träumte oder halluzinierte. Und irgendwann in diesem seltsamen Moment sagte ich ihm, dass ich einverstanden sei. Ich nahm das Gold und beschloss, niemals mehr in die Nähe des Moores zu gehen.« Susanne lachte auf.
    Fina warf den Kopf herum und sah sie an.
    Ihre Mutter saß noch immer vor ihrem Apfelkuchen. Nur Roberts Hand hatte sich zurückgezogen. »Ich weiß nicht mehr, wann ich begriffen habe, dass ich doch nicht träume, Fina. Ich habe sehr, sehr viel Geld für die ungewöhnlichen Goldkunstwerke bekommen. Von dem Erlös habe ich das Ferienhaus gekauft, das ich vorher gemietet hatte, und noch zahlreiche weitere

Weitere Kostenlose Bücher