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Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
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sehen. Aber er wird diese Spuren in den Schnee setzen. Sie werden dunkler sein als die weiße Fläche, weil der Schnee unter seinen Füßen schmilzt und sich mit der Asche vermischt.« Mora sah sie wieder an, der Druck seiner Hand wurde stärker. »Und lass dich nicht täuschen. Du wirst ihn nur hören, wenn er es wünscht, wenn er vorhat, dir Angst zu machen. Wenn er dich wirklich jagen will, ist er lautlos.«
    Fina fing an zu zittern. Plötzlich schien die Kälte sie durch ihre Jacke anzugreifen. Mora wollte sie nicht verraten, er kämpfte auf ihrer Seite. Doch dafür schien ihr Gegner tatsächlich so gefährlich zu sein, wie sie es geahnt hatte.
    Mora legte die Axt auf den Boden und fasste sie an den Schultern. »Du hältst Ausschau, und ich arbeite. Einverstanden?«
    Fina sah sich um, versuchte, sich vorzustellen, wie es aussehen würde, wenn sein Herr weiter hinten durch den Schnee lief. Sie fragte sich, ob sie die Spuren von weitem überhaupt erkennen konnte – oder ob sie die Fährte erst bemerken würde, wenn es zu spät war.
    »Einverstanden?« Moras Stimme war drängend.
    Fina nickte hastig. Ihr blieb keine andere Wahl. »Ich werde es versuchen. Aber sieh dich bitte auch zwischendurch um. Ich weiß nicht, ob ich das so gut kann.«
    Mora lächelte. »Meine Augen werden überall sein.« Er ließ ihre Schultern los, packte stattdessen ihre Hand und rannte mit ihr zu den schwarzen Aschetrümmern.
    Sobald er sie losließ, wurde er schnell, schneller, als sie es jemals bei einem Menschen gesehen hatte.
    Für einen Augenblick vergaß Fina ihre Aufgabe, während sie ihm zusah, wie er sich neben dem Erdkeller in die Kohle fallen ließ und rasend schnell mit den Händen in den Trümmern buddelte. Er schaufelte verbrannte Erde und verkohltes Holz zur Seite und stieß auf schwarze Überreste, die sich kaum noch identifizieren ließen. Womöglich waren es tatsächlich die Überreste ihrer Vorräte – aber was genau, konnte Fina nicht sagen, und Mora warf es so achtlos zur Seite wie das verkohlte Holz. Erst als er ein paar schwarze Kugeln in der Hand hielt, ahnte Fina, dass es Kartoffeln sein mussten. Mora zog in Windeseile seinen Pulli und sein T-Shirt aus, wickelte die verkohlten Kartoffeln in das T-Shirt, knotete es zu einem Sack zusammen und warf ihn Fina zu. Sekunden später hatte er seinen Pulli wieder angezogen und war mit der Axt bei dem verkohlten Gebüsch. Er schlug einen Ast nach dem anderen ab, zerlegte die Büsche mit wenigen gezielten Hieben in handliche Stücke und sammelte das angebrannte Holz auf einem Haufen.
    Erst jetzt fiel Fina wieder ein, was sie eigentlich tun sollte. Sie drehte ihren Rücken in Moras Richtung und ließ ihren Blick durch den Wald schweifen. Mit langsamen Schritten umrundete sie das niedergebrannte Gebüsch, dessen Reste Mora abholzte, ließ ihren Rücken in seiner Deckung und spähte in die Ferne. Dabei wusste sie noch immer nicht genau, wonach sie Ausschau hielt. Nach irgendeiner Bewegung, einer Veränderung im Schnee. Sie hoffte inständig, dass sie nicht finden würde, wonach sie suchte – und fürchtete gleichzeitig, die entscheidende Spur zu übersehen. Jedes Knacken, das Moras Schlagrhythmus widersprach, ließ sie zusammenzucken. Doch die meisten Geräusche wurden von seinem Lärm überdeckt.
    Fina glaubte nicht, dass er auch Ausschau hielt. Er arbeitete noch immer in dem gleichen Wahnsinnstempo. Sein Schlagarm ruhte nicht eine Sekunde, und selbst der Takt seiner Schläge wurde nicht langsamer. Jedes Mal, wenn Fina sich zu ihm umsah, war ein weiterer Busch abgeholzt. Inzwischen war er sogar schon zu dem Nachbargebüsch übergegangen, das den Brand heil überlebt hatte, und der Holzhaufen reichte Fina bereits bis zur Hüfte.
    »Ist das nicht langsam genug?«, rief sie Mora über die Schulter zu. Gleichzeitig starrte sie auf einen bläulichen Fleck weit hinten im Schnee, von dem sie sich fragte, ob er vorhin schon da gewesen war.
    Endlich verstummten die Axtschläge. Mit dem Verklingen des letzten Echos breitete sich eine unheimliche Stille im Wald aus, nur durchbrochen von Moras keuchendem Atem.
    »Wir brauchen auch noch Wasser … und müssen das Holz reinbringen.« Finas Stimme zitterte.
    Mora trat neben sie, folgte ihrem Blick. »Das ist er.« Er klang ruhig, fast beiläufig, während er anfing, das Holz auf seinen Arm zu laden.
    Fina stockte der Atem. Wie konnte er so gelassen bleiben? Warum erschrak er sich nicht einmal? »Wie kannst du wissen, dass er das ist? Das

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