Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
jetzt nicht helfen. »Du wirst Tom nichts von all dem sagen , nicht wahr?«
Ich weiß nicht , wen er mehr hassen wird , wenn er de n S chwindel entdeckt , Ann oder mich. »Dein Geheimnis ist bei mir sicher.«
* **
Es ist mir unerträglich , nach Hause zurückzukehren. V a ters Zustand verschlechtert sich stündlich. Er verlangt schreiend nach Laudanum oder der Pfeife , irgendeinem Opiat , um ihn von seiner Qual zu befreien. Tom sitzt vor der Tür zu Vaters Zimmer , die langen Arme auf seine gebeugten Knie gestützt. Er ist unrasiert und hat dunkle Ringe unter den Augen.
»Ich habe dir Tee gebracht« , sage ich und reiche Tom die Tasse. »Wie geht es ihm?«
Wie zur Antwort stöhnt Vater hinter der Tür. Ich kann das Bett unter seinem Gewicht knarren hören , während er um sich schlägt. Er wimmert leise. Tom hält sich beide Hände an den Kopf , als könnte er alle Gedanken aus seinem Schädel he r auspressen.
»Ich habe an ihm versagt , Gemma.«
Diesmal setze ich mich neben meinen Bruder. »Nein , das hast du nicht.«
»Vielleicht ist es mir nicht bestimmt , Arzt zu sein.«
»Natürlich ist es das. Ann denkt , du wirst einmal einer der berühmtesten Ärzte in London sein« , sage ich in der Hof f nung , ihn aufzuheitern. Es ist hart , Tom –den u n möglichen , arroganten , unverbesserlichen Tom –so ni e dergeschlagen zu sehen. Er ist die einzige konstante Größe , das einzig Bestä n dige in meinem Leben , auch wenn die konstante Größe ein beständiger Ärger ist.
Tom grinst verlegen. »Das hat Miss Bradshaw gesagt? Sie ist äußerst liebenswürdig. Und reich dazu. Als ich dich gebeten habe , eine passende Frau mit einem kleinen Ve r mögen für mich zu finden , habe ich nur Spaß g e macht. Aber du hast mich offensichtlich beim Wort g e nommen.«
»Nun ja , was das Vermögen angeht …«, beginne ich. Wie soll ich Tom diese Lüge erklären? Ich sollte ihm die Wahrheit sagen , bevor die Geschichte herauskommt. Aber ich bringe es nicht über mich , Tom zu gestehen , dass Ann keine reiche Erbin , sondern nur ein herzensgutes , hoffnungsvolles Me n schenkind ist , das in ihm einen Gott sieht. »Sie ist in anderer Weise reich , Tom. Vergiss das nicht.«
Vater stöhnt laut und Tom blickt drein , als möchte er aus seiner Haut fahren. »Ich halte es nicht mehr aus. Vielleicht sollte ich ihm eine winzige Menge von irgen d was geben –einen kleinen Schluck Brandy oder …«
»Nein. Warum machst du nicht einen Spaziergang oder gehst in deinen Klub? Ich bleibe inzwischen bei ihm.«
»Danke , Gemma.« Er drückt mir in einer plötzlichen A n wandlung einen Kuss auf die Stirn. Die Stelle fühlt sich warm an. »Gib es ihm nicht. Ich weiß , wie ihr Fra u en seid –zu weich , um ordentliche Schutzengel zu sein.«
»Nun geh schon. Verschwinde« , sage ich.
Vaters Zimmer ist in ein rötliches Dämmerlicht getaucht. Er stöhnt und windet sich auf dem Bett , Kissen und Decken sind ein Schlachtfeld. Vater ist in Schweiß gebadet , das Nachthemd klebt ihm am Körper.
»Hallo , Vater« , sage ich. Ich ziehe die Vorhänge zu und z ünde die Lampe an. Dann fülle ich ein Glas mit Wasser und halte es an seine Lippen , die aufgesprungen und weiß sind. Er trinkt in zögernden Schlucken.
»Gemma« , keucht er. »Gemma , Liebling. Hilf mir.«
Weine nicht , G emma. Sei stark. »Möchtest du , dass ich dir vorlese?«
Er packt meinen Arm. »Ich habe furchtbare Träume. So wirklich , dass ich nicht weiß , ob ich träume oder w a che.«
Mein Magen krampft sich zusammen. »Was siehst du in deinen Träumen?«
»Schreckgespenster. Sie erzählen mir entsetzliche G e schichten über deine Mutter. Dass sie nicht die war , die sie zu sein behauptete. Dass sie eine Hexe war , eine Zauberin , die schreckliche Dinge getan hat. Meine Virg i nia … meine Frau.«
Er sinkt schluchzend in sich zusammen. Mich erfasst ein Grauen. Nicht meinen Vater. Lasst meinen Vater in Ruhe.
»Meine Frau war tugendhaft. Sie war gut. Eine gute Eh e frau.« Seine Augen finden die meinen. »Sie sagen , es ist deine Schuld. Das alles hat mit dir zu tun.«
Ich ringe nach Atem. Vaters Blick wird weich. »Aber du bist mein Herzenskind , mein liebes , braves Mädchen , nicht wahr , Gemma?«
»Ja« , flüstere ich. »Natürlich.«
Sein Griff verstärkt sich. »Ich kann das alles keine M i nute länger ertragen. Sei mein braves Mädchen , Gemma. Such die Flasche. Bevor diese Träume wieder über mich herfallen.«
Mein eiserner Vorsatz gerät
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