Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
gefällt mir nicht , wie er Sie anschaut. Als wären Sie ein reifes Stück Obst.«
»Er tut nichts dergleichen. Moment mal. Wie können Sie wissen , wie er mich anschaut? Haben Sie mir nac h spioniert?«
Kartik steckt verärgert seine Nase ins Buch. »Er hat Sie so angeschaut. In der Bibliothek.«
»Sie haben die Steine ans Fenster geworfen!«
Kartik springt auf. Das Buch ist vergessen. »Sie haben ihm erlaubt , Ihr Haar zu berühren!«
Das stimmt. Es war unschicklich. Ich kann meine Verl e genheit nicht ganz verbergen. Trotzdem bin ich nicht gewillt , klein beizugeben. »Ich habe Ihnen etwas zu s a gen. Falls Sie e s hören wollen und so lange aufhören kö n nen , sich selbst zu bemitleiden.«
»Ich bemitleide mich nicht selbst« , sagt Kartik aufg e bracht.
»Dann also gute Nacht.«
»Warten Sie ! « Kartik kommt mir nach. Ich grinse schade n froh. Es ist unattraktiv , aber ich kann ’ s mir nicht ve r kneifen. »Es tut mir leid. Ich verspreche , mich mustergültig zu betr a gen« , sagt er. Er lässt sich theatr a lisch auf die Knie fallen , hebt eine Eichel vom Boden auf und hält sie an se i nen Hals. »Ich flehe Sie an , Miss Doyle. Sagen Sie es mir oder ich bin gezwungen , mich mit dieser mächt i gen Waffe zu töten.«
»Oh , stehen Sie schon auf« , sage ich und muss gegen me i nen Willen lachen. »Tom hat eine Patientin in Bet h lehem. Nell Hawkins. Er sagt , sie leidet an Wahnvorste l lungen.«
»Das erklärt ihren Aufenthalt in Bethlehem.« Er grinst. Als ich nicht reagiere , sagt er zerknirscht: »Tut mir leid. Bitte fahren Sie fort.«
»Sie behauptet , ein Mitglied des Ordens zu sein , und dass eine Frau namens Circe versucht , sie zu finden. Sie sagt , sie hat sich selbst in den Wahnsinn getrieben , d a mit Circe sie nicht in ihre Gewalt bekommt.«
Sein Grinsen verschwindet. »Sie müssen Nell Hawkins s o fort aufsuchen.«
»Ja. Ich habe es schon veranlasst. Morgen Nachmittag we r de ich Nell Hawkins Gedichte vorlesen und herau s finden , was sie über den Tempel weiß. Hat er mich wirklich so ang e schaut?«
»Wie?«
»Wie ein reifes Stück Obst?«
»Sie sollten vor ihm auf der Hut sein« , sagt Kartik.
Er ist eifersüchtig! Kartik ist eifersüchtig und Simon ist von mir … bezaubert? Mir ist ein wenig schwindlig. Und ich bin verwirrt. Doch nein , hauptsächlich schwindlig , ste l le ich fest.
»Ich kann gut selbst auf mich aufpassen« , sage ich. Ich m a che auf dem Absatz kehrt und renne direkt gegen die Wand. Auf meiner Stirn wächst eine Beule , die wah r scheinlich für immer bleiben wird.
22. Kapitel
I n meinem grauen Flanellkostüm mit grauem Fil z hut treffe ich am folgenden Nachmittag Tom beim Königlichen Bet h lehem-Hospital. Das Gebäude ist eindrucksvoll. Die Vo r derfront wird durch einen von sechs weißen Säulen getr a genen Portikus g e bildet. Oben sitzt eine Glaskuppel wie der Hut eines Polizisten. Ich kann nur hoffen , dass Tom das Pochen meines Herzens nicht hört. Wenn ich Glück habe , wird Miss Hawkins das Geheimnis des Tempels lü f ten.
»Du siehst ganz präsentabel aus , Gemma , abgesehen von der Beule an deiner Stirn« , sagt Tom , dieselbe eingehend b e trachtend. »Was ist da passiert?«
»Ach , nichts« , antworte ich und schiebe den Hut tiefer in die Stirn.
»Spielt keine Rolle. Du wirst auch so das hübscheste Mä d chen in ganz Bethlehem sein« , sagt Tom.
Aha , schön zu wissen , dass ich hübscher bin als all die Ve r rückten. Wenigstens etwas , das zu meinen Gunsten spricht. Armer Tom. Er meint es gut. Er ist viel netter zu mir , seit Simon Interesse für mich zeigt. Es ist fast so , als würde mich mein Bruder als einen vollwertigen Me n schen betrachten.
Ich beschließe , ihn zu bemitleiden und keinen kratzbürst i gen Ton anzuschlagen. »Danke. Ich freue mich da r auf , Miss Hawkins kennenzulernen.«
»Erwarte nicht zu viel , Gemma. Ihr Geist ist zerrüttet. Manchmal tut und sagt sie unerhörte Dinge. Du bist an solche Anblicke nicht gewöhnt. Du musst dich dagegen wappnen.«
Ich habe Dinge gesehen , d ie du nicht für möglich halten würdest , m ein lieber Bruder.
»Ja , danke. Ich werde mir deinen Rat zu Herzen ne h men.«
Wir gehen durch einen langen Korridor , mit Fenstern auf der einen und Türen auf der anderen Seite. Farne hängen in Körben von der Decke und verleihen dem Gang eine freundl i che Atmosphäre. Ich weiß nicht , was ich erwartet habe , aber so hatte ich es mir nicht vorg e stellt. Wenn ich nicht wüsste ,
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