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Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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was Ihr tut, auch gut ist, denn ich spüre den Schatten des Bösen über uns allen schweben.«
    All dies brachte der verblüffende junge Mann mit der dunklen, schweren Stimme vor, die nicht seine eigene war, und zweifellos tat dieser Kunstgriff seine Wirkung, denn einige abergläubische junge Brüder regten sich unruhig und gafften und murmelten besorgt. Nachdem er seine Botschaft vorgetragen hatte, hob der Bote wieder die Bernsteinaugen und lächelte, als hätte der Ernst seiner Worte überhaupt nichts mit ihm selbst zu tun.
    Abt Radulfus schwieg eine lange Weile und beäugte den jungen Mann, der ungerührt und heiter seinen Blick erwiderte, offenbar zufrieden, daß er den Auftrag ausgeführt hatte.
    »Das waren die Worte deines Herrn?«
    »Wort für Wort, Ehrwürdiger Vater, genau wie er sie mir vorsagte.«
    »Und er trug dir nicht auf, in dieser Angelegenheit das Wort zu ergreifen? Willst du nichts hinzufügen?«
    Der Junge riß erstaunt die Augen auf. »Ich, Herr? Wie könnte ich? Ich bin nur sein Bote.«
    Prior Robert flüsterte dem Abt herablassend ins Ohr: »Es geschieht nicht selten, daß ein Eremit einem Einfaltspinsel Schutz und Arbeit gibt. Es ist ein Akt der Barmherzigkeit.
    Genau dies ist hier sicher geschehen.« Er hatte leise gesprochen, doch nicht leise genug für Ohren, die scharf und beinahe genauso spitz waren wie die eines Fuchses. Hyacinths Augen funkelten einen Moment, und er lächelte etwas verschlagen. Cadfael, der in etwa den Sinn der geflüsterten Worte verstanden hatte, bezweifelte, ob der Abt hier zustimmen würde. Hinter dem braunen Gesicht schien vielmehr ein äußerst scharfer Verstand zu wohnen, wenn es dem Jungen auch im Augenblick gefiel, den Narren zu spielen.
    »Nun«, sagte Radulfus, »du magst zu deinem Herrn zurückkehren, Hyacinth, ihm meinen Dank für seine Sorge und seine Warnung ausrichten und ihm für die Gebete danken, die er, wie ich hoffe, auch weiterhin für uns alle sprechen wird.
    Bestelle ihm, daß ich Frau Dionisias Beschwerde gegen mich von allen Seiten bedacht habe und daß ich nur tun kann und werde, was ich für richtig halte. Und was die natürlichen Unglücksfälle angeht, die ihm solche Sorgen bereiten, so kann kein gewöhnlicher Mensch sie kontrollieren oder beherrschen, wenn sie auch durch den Glauben zu überwinden sein mögen.
    Was wir nicht verändern können, darein müssen wir uns fügen.
    Das ist alles.«
    Ohne ein weiteres Wort verneigte sich der Junge tief und anmutig, drehte sich um und verließ ohne Eile das Kapitelhaus, schlank und leichtfüßig mit der beinahe schläfrigen Anmut einer Katze.
    Im großen Hof, der um diese Stunde, da die Brüder im Kapitel versammelt waren, fast menschenleer war, zeigte der Besucher keine Eile, zu seinem Herrn zurückzukehren, sondern verweilte, um sich neugierig umzusehen. Er betrachtete die Gemächer des Abtes und den kleinen Rosengarten, das Gästehaus und die Krankenstation und ringsherum den Kreis der Gebäude bis zum Torhaus und der weiten Fläche vor dem Kreuzgang. Richard, der ihm schon seit einigen Minuten auflauerte, kam zuversichtlich aus dem südlichen Bogengang und trat dem Fremden in den Weg.
    Da seine Absicht, ein Gespräch zu beginnen, nicht zu verkennen war, blieb Hyacinth gehorsam stehen und betrachtete interessiert das ernste, sommersprossige Gesicht, das ihn ebenso gründlich musterte. »Guten Morgen, junger Mann!« sagte er höflich. »Was willst du von mir?«
    »Ich weiß, wer du bist«, antwortete Richard. »Du bist der Diener, den der Eremit mitgebracht hat. Ich habe gehört, daß du mit einer Botschaft von ihm gekommen bist. Ging es dabei um mich?«
    »Diese Frage könnte ich besser beantworten«, wandte Hyacinth ein, »wenn ich wüßte, wer dein Herr ist und warum ich mich mit einem so kleinen Jungen abgeben sollte.«
    »Ich bin kein kleiner Junge«, erwiderte Richard würdevoll.
    »Ich bin Richard Ludel, der Herr von Eaton, und die Einsiedelei deines Herrn liegt auf meinem Land. Und du weißt sehr genau, wer ich bin, denn du hast bei der Beerdigung meines Vaters bei den Dienern gestanden. Und wenn du wirklich eine Botschaft gebracht hast, die mich betrifft, dann habe ich das Recht, sie zu erfahren. Es gehört sich so.« Und Richard schob sein kleines, kantiges Kinn vor und baute sich breitbeinig auf, mit unbeirrtem, blaugrünem Blick sein Recht fordernd.
    Hyacinth erwiderte einen Moment verwundert den Blick des Jungen. Dann sagte er unumwunden und ganz sachlich, wie ein Mann zu einem

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