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Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Herr von Eaton war, in diesem Augenblick kannte er kein anderes Heim.
    Als er den Wald verlassen hatte, erreichte er einen guten, öffentlichen Weg, der ihn südlich des Dorfes Wroxeter bis fast zur Furt brachte. Er legte die zwei Meilen rasch zurück, doch nicht so überstürzt, daß die Leute auf ihn aufmerksam wurden, denn hier und dort kam ihm jemand entgegen, der seinen Arbeiten auf den Feldern nachging oder ein Nachbardorf besuchen wollte. Er erkannte niemand, und seine beiläufigen Grüße wurden ebenso knapp erwidert, wie sie entboten wurden.
    Schließlich sah er den Waldstreifen an der Furt: Ein paar tief über das Wasser geneigte Weiden, hinter denen die Turmspitze der Stiftskirche hervorragte. Der Rest des Dorfes und das Herrenhaus lagen dahinter. Richard näherte sich vorsichtig den schützenden Bäumen und stieg in der Deckung ab, um von einer kleinen Landzunge aus über das flache Wasser und den Weg, der vom Dorf zur Furt führte, hinauszuspähen. Bevor er sich einen Überblick verschaffen konnte, hörte er Stimmen und hielt inne, um zu lauschen. Er hoffte, die Sprecher würden den Weg zum Dorf einschlagen und nicht in seine Nähe kommen.
    Es waren zwei Frauen, die schwatzten und lachten und am Ufer im Wasser planschten. Dann neckte und schalt eine gelassene, freundliche Männerstimme die Mädchen. Richard wagte sich näher heran, und als er die Sprecher deutlich sehen konnte, hielt er mit angehaltenem Atem und voller Entsetzen abermals inne.
    Die Frauen hatten ihr Leinen gewaschen und zum Trocknen über die niedrigen Büsche gelegt, und da der Tag nicht kalt war und sich ein junger und nicht unansehnlicher Mann zu ihnen gesellt hatte, hatten sie es nicht gerade eilig, das Ufer wieder zu verlassen. Die Frauen kannte Richard nicht, doch der Mann war ihm nur allzugut bekannt, wenn auch nicht dem Namen nach. Dieser große, rothaarige, stolze junge Schürzenjäger war Astleys Aufseher auf dem Herrensitz. Er war einer der beiden, die damals auf Richard getroffen und ihn sofort erkannt hatten, als er eilig durch den Wald zur Abtei wollte. Sie hatten die Gunst der Stunde und die Einsamkeit genutzt, um ihrem Herrn zu Gefallen zu sein. Diese muskulösen Arme, die sich jetzt bei einer kichernden Wäscherin Freiheiten erlaubten, hatten Richard einfach aus dem Sattel gehoben und ihn in der Luft gehalten, wo er nur ohnmächtig strampeln und wüten konnte.
    Und die Arme mündeten in breite Schultern, die aus Eichenholz zu sein schienen, denn Richards Gegenwehr hatte nicht das geringste ausrichten können. Schließlich hatte ihm der zweite Lump die Kapuze über den Kopf geworfen und die Arme mit den Zügeln festgebunden. Am gleichen Abend, weit nach Mitternacht, als es völlig dunkel war und alle anständigen Menschen im Bett lagen, hatten die beiden Schurken ihn festverschnürt in sein Gefängnis auf dem zweiten Landgut gebracht. Richard hatte die Gemeinheiten nicht vergessen. Und jetzt kam ihm genau dieser Mann zum zweiten Mal in die Quere. Richard konnte nicht aus seiner Deckung heraus und fortreiten, ohne dicht an ihm vorbeizukommen, ohne erkannt und mit großer Sicherheit noch einmal gefangengenommen zu werden.
    Ihm blieb nichts übrig, als sich tiefer in die Deckung zurückzuziehen und zu warten, bis sie ins Dorf und zum Anwesen zurückgekehrt waren. Es war zwecklos, einen noch weiteren Bogen um Wroxeter zu schlagen und am Nordufer des Flusses weiterzureiten, denn er war dem Dorf bereits zu nahe, und alle Wege waren gut einzusehen. Außerdem verlor er Zeit, und ohne den genauen Grund zu wissen, hatte er das Gefühl, daß er sich beeilen mußte. Er hatte bereits eine Stunde damit verloren, verzweifelt und nervös an den Fingernägeln zu kauen und darauf zu warten, daß die anderen am Ufer sich endlich davonmachten.
    Als die Frauen schließlich ihre Wäsche zusammenlegten und sich auf den Heimweg begaben, hatten sie es dennoch keineswegs eilig. Sie trödelten den Weg hinauf und scherzten und lachten mit dem jungen Mann, den sie in die Mitte genommen hatten. Erst als ihre Stimmen in der Ferne verhallt waren und sich keine Menschenseele mehr an der Furt zeigte, wagte Richard sich aus der Deckung heraus und hetzte sein Pony unter lautem Platschen in das Flachwasser.
    Die Furt war auf den ersten Metern leicht zu nehmen, sandig und flach, dann ging es ein Stück trockenen Fußes über die Spitze einer kleinen Flußinsel und dann wieder hinab durch viele kleine Sandbänke, zwischen denen das Wasser behäbig glänzte.

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