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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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Cardinia waren in einer der Wellblechhütten untergebracht. Helene schlief mit Nellie in dem Zimmer am hinteren Ende des schmalen Flurs. Wenn sie erst ein wenig größer wäre, sollte Nellie ihre eigene Kammer bekommen. Katharina hatte dies wie beiläufig erwähnt, doch Helene bedeutete es viel.
    Ihr Zimmer war klein, aber es hatte ein großes Fenster, das nach hinten in den Garten hinausging. Matthias zimmerte einen Schreibtisch für Helene, der genau zwischen Bett und Fenster passte. Der Ausblick auf Bananenstauden und Mangobäume und die gepflegten Gemüsebeete entschädigten sie für die Tage, an denen es ihr einfach nicht gelingen wollte, die Gedanken von der Vergangenheit zu lösen.
    Vermisste man sie in Neu Klemzig? Sie würde es wohl nie erfahren.
    Dann schweiften ihre Gedanken noch weiter zurück. Sie dachte an Brandenburg, an den Hof, die Eltern. Sie traute sich nicht, mit Katharina darüber zu sprechen, denn für die Schwester waren Vater und Mutter schon vor langer Zeit gestorben. Helene vermisste die beiden, auch wenn sie mit ihnen in vielem nicht einverstanden war – nicht mehr einverstanden war. Sie war es ja, die sich verändert hatte, Vater und Mutter waren die Alten geblieben. Welchen Vorwurf konnte sie ihnen also schon machen?
    Die Eltern … Wie oft saß Helene an ihrem Schreibtisch, die Fensterläden weit geöffnet und begann einen Brief, den sie am Ende immer wieder zerknüllte und in den Papierkorb schleuderte. Sie musste sich endlich mit dem Gedanken anfreunden, dass sie Vater und Mutter nie mehr wiedersehen würde. Nie wieder. Wie konnten zwei kleine Worte nur so grausam sein?
    Helene blickte auf die schlummernde Nellie. Ein Kind ohne Vater. Ein Kind ohne Großmutter, ohne Großvater.
    Im Grunde, das ging Helene gerade erst auf, hatten sich die Eltern selbst abgestraft. Denn was hatte ihnen die Strenggläubigkeit schon beschert? Das ewige Leben? Vielleicht. Mit Sicherheit aber hatte es sie all ihrer Kinder und Enkel beraubt. Helene schaute durchs Fenster, die Kinder tobten im Garten. Katharinas Große, wie Helene die dreizehnjährige Magdalene heimlich nannte, brachte sich gerade auf einer Kokospalme vor der ein Jahr jüngeren Ruth in Sicherheit.
    »Nimm dich vor den Baumschlangen in Acht!«, rief Katharina ihr zu.
    Mit einem Satz sprang Magdalene ins weiche Büffelgras herunter. Ihre Mutter, die darauf bestanden hatte, an diesem Tag Helene von der Gartenarbeit zu befreien, harkte die Tomaten- und Bohnenreihen. Katharina richtete sich auf und sah zu Helene herüber. »Das hat noch immer geholfen, sie von der Palme zu holen.«
    »Schlangen, die auf Bäume klettern? Davon haben mir selbst die Orta nichts erzählt«, erwiderte Helene durchs offene Fenster.
    »Wahrscheinlich, weil sie dich nicht unnötig erschrecken wollten. Es gibt ja ansonsten schon genug giftiges Viehzeugs, da musst du nicht auch noch unbedingt von der Baumschlange hören, die nur dann zum Problem wird, wenn man in den Baumkronen rumturnt.«
    Helene war nach Wochen auf Rosehill noch immer überrascht, wie selbstverständlich die Kinder von Katharina und Matthias in der teilweise doch sehr feindlichen Umwelt aufwuchsen. In Südaustralien hatte sie sich zwar auch vor giftigen Schlangen, Skorpionen und Spinnen vorsehen müssen, doch in den Tropen schien alles mindestens doppelt so riesig und giftig zu sein. Motten so groß wie Vögel und Spinnen, die nicht viel kleiner als Ratten waren. Die Orta hatten Helene im Dschungel auch ihr Totemtier gezeigt: eine Pythonschlange, sieben beeindruckende Meter lang, und, das musste Helene trotz allen Schreckens zugeben, mit einer wunderschönen Zeichnung.
    Helene stand von ihrem Schreibtisch auf und ging zu den anderen in den Garten. Der kleine Peter saß neben Nellie, die auf einer Decke bei den Gemüsebeeten lag, und brabbelte auf das Baby ein, was Nellie sehr zu gefallen schien. Jedenfalls reckte sie ihm lebhaft die kleinen Fäuste entgegen und zappelte mit den Beinchen. Helene setzte sich auf die Bank vor ihrem Fenster. Es war Winter auf Rosehill, die schönste Zeit des Jahres. Die Temperatur kletterte nicht höher als siebenundzwanzig Grad, die Luft blieb relativ trocken. Es war wie an einem dieser himmlischen Sommertage in der Heimat, an die sie sich manchmal erinnerte. Hätte es in Salkau blühende Mangobäume und Bananenstauden gegeben, fast hätte sie glauben können, daheim zu sein.
    Helene schaute sich im Garten um, ihr liebster Platz in Meena Creek. Sie empfand Dankbarkeit

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