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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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weißes Oberhemd.
    »Das glaube ich nicht. Egal. Also, wie hast du rausgekriegt, dass ich in Wien bin?«
    »Sie haben’s heute Morgen im Radio gesagt. Kaarla Stään geht als Hääno. Da war es für mich ään läächtes, hierherzufahren. Aber ich habe schon alle Vier- und Fünfsternehotels in Wien angerufen und nach dir gefragt.«
    »Warum?« Heino starrte den schönen Jüngling fassungslos durch Sonnenbrillengläser an. Da hatte der überall rumtelefoniert? Ich wohnte in dem einzigen Sechssternehotel, das hatte er wohl nicht bedacht.
    »Wääl ich dir äänen Blumenstraauß aufs Zimmer schickn wollte. Aber sie geben über promineente Geeste kääne Aaskunft.«
    »Ach so. Danke übrigens noch für den Blumenstrauß in München.«
    »Host den Champagner alläin getrunken?«
    »Nein, mit meinem … doch. Klar. Allein. Vielen Dank. Ich wollt mich noch telefonisch bedanken, aber die Nummer auf der Karte stimmte irgendwie nicht …«
    »Die stimmte nicht?«
    »Vermutlich doch. Ich hab mich verwählt. Und nachdem ich einen unschuldigen Mann aus dem Bett geklingelt hatte, traute ich mich nicht, es noch mal zu versuchen.«
    »Naa, paasst scho. Haauptsache, mään kläänes Preseent ist aangekommen.«
    Ich schluckte. Ja. Danke. Angekommen. Wir haben es direkt daneben getrieben, Emil und ich. Auf dem Tisch. Neben den duftenden Reseden. Aber das verrate ich dir natürlich nicht, Schönling.
    Irgendwie fand ich es nett, dass der hier aufgetaucht war. Der Typ hatte trotz aller meiner geschmacklichen Verirrungen Gefallen an mir gefunden. Das war ja eigentlich sehr, sehr nett. Balsam auf meine vielen offenen Wunden. Und das an meinem vierzigsten Geburtstag. Heute Abend würde ich Champagner mit ihm trinken, wenn er wollte.
    Fast hätte es Oda-Gesine ähnlich gesehen, mir diesen Galan auf dem Silbertablett zu servieren. Aber diese Möglichkeit erschien mir unwahrscheinlich.
    Jo, der zähe Verehrer, kam jedenfalls mit in die Playbackshow, für die er sich ganz bescheiden einen Platz in der 75. Reihe gesichert hatte. Die Show dauerte mit allen Vor- und Nach-Aufzeichnungen, Zwischenmoderationen und Gegenschnitten ins Publikum geschlagene vier Stunden. Ich verging vor Peinlichkeit, als ich mit Hansi im Tangoschritt um den ländlichen Tisch herumschritt und »Tanze mit mirrr in den Morrrgen« sang. Entsetzt stellte ich fest, dass unsere Gesichter in Großaufnahme auf einer riesigen Leinwand zu sehen waren. Die Leute klatschten jedoch und fanden alles, was man ihnen zum Fraß vorwarf, hinreißend. Ich dachte, während ich hinter der schmucklosen Rückseite der Kulisse saß, an den nicht zu bremsenden Jo. Wie würde dieser Abend enden?
    Als wir um 23 Uhr endlich zum Abschminken in der Maske saßen, war ich zum Umfallen müde. Sicher war dieser Jo längst gegangen. Was wohl Emil jetzt machte? Welche Rolle spielte wohl Melanie? Ob die Mutter davon wusste? Aber das sollte mir doch egal sein! Ob sie mit Emil und Paulinchen im Buggy im Englischen Garten spazieren ging? Hoffentlich zogen sie das Kind warm genug an! Überhaupt. Melanie! Sie sollte die Finger von meinem Töchterchen lassen!
    Sie war Oda-Gesines Praktikantin, nicht meine. Ich hatte Emil beim Abschied gesagt, dass ich IHM meine Tochter anvertraute. IHM. Er hatte »Yes, Mam« gesagt. Sonst nix. Hoffentlich hatte er es begriffen. Nicht, dass er meinte, ich sei eifersüchtig.
    Ich war doch nicht EIFERSÜCHTIG! Auf eine Sechzehnjährige! Ich doch nicht! Ich war, wie mein Verehrer Jo so treffend formuliert hatte, eine reife Frau. Ääne rrääfe Fraau. Und rääfe Frauen sind nicht ääfersüchtig. Sie treiben keine Spielchen, sie verstellen sich nicht, sie sagen nicht andere Dinge, als sie meinen, sie machen keine Szenen, und sie unterscheiden klar berufliche und private Interessen. So.
    Ich beobachtete die Maskenbildnerin, die mit Hingabe und Sorgfalt die Heino-Perücke von meinem Haupte pflückte. Darunter sah ich natürlich erst recht bescheuert aus. Angeklebte, festgezurrte Haare unter einem Spinnennetz. Ein hinreißender Anblick für Jo.
    »Bitte, können Sie mir das noch ein bisschen nett machen?«
    »Aber gääan. Soll ich’s tuppian?«
    »Nein. Nur einfach ein bisschen aufrichten.«
    Wenigstens musste sie diesmal keine künstlichen Wimpern abklauben und Mengen von Rouge und Lippenstift abwischen. Dieses Vergnügen hatte nun Hansi.
    Ob ich Emil mal anrufen sollte? Immerhin hatte er ein Handy. Mit Kurzwahl. Es sollte beileibe kein Kontrollanruf sein. Nur mal hören, ob mein

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