Der gemietete Mann: Roman (German Edition)
Geld unauffällig wieder auf die Firmenkonten fließen«, zischte Oda-Gesine. Sie hatte wieder was zwischen den Zähnen.
»Wie soll das gehen, unauffällig?«
»Die Knete vermisst keiner, weil das über eine Schweizer Privatbank läuft.«
»Interessiert mich nicht«, sagte ich. »Mich interessiert, wo Emil und Paulinchen sind.«
»Uns auch«, versicherte Oda-Gesine. »Nur das ist jetzt wichtig. Deshalb schalten wir ja die Jungs von ›Pikant‹ ein. Das ist so ähnlich wie ›Bitte melde dich‹, aber wir brauchen natürlich was VON DEM SENDER. Der Konkurrenz gönnen wir kein einziges Prozent Einschaltquote.«
»Interessiert mich nicht«, wiederholte ich ungehalten.
»O.K. So, jetzt proben wir kurz den Take. Sei so natürlich und fröhlich wie immer.«
»Habt ihr sie noch alle?«, herrschte ich sie an. Ich hatte große Lust, Oda-Gesine eine reinzuhauen, wie sie da so theatralisch über mir lehnte, mit ihren Knackwurstresten zwischen den Zähnen und ihrem intensiven Senf-Frikadelle- Knoblauch-Geruch.
»›Ich bin der unglücklichste Mensch auf der Welt!‹«, inszenierte sie genauso unecht und schlecht, wie sie alle flauen »Wört-Flört«-Sprüche inszenierte. »›Und ich bitte dich flehentlich, mir mein Kind wiederzugeben! Mein Sender und die ›WÖRT-FLÖRT‹-PRODUKTION zusammen mit der Firma ›NESTI-SCHOCK‹ haben die geforderte Lösegeldsumme beschafft. Zehn Millionen Mark in Tausendmarkscheinen, nicht numeriert.« So. Hier. Und dann öffnest du den Koffer – warte mal – geht das mit einer Hand? Nein. Du musst beide Hände nehmen. Ist sie da im Licht? Verdeckt sie mit der Kofferklappe den Scheinwerfer? Warte mal. Mit der anderen Hand. So geht das.« Sie versuchte, mir die Szene vorzuspielen.
»Sie soll erst den Koffer mit den Eislümmeln nehmen«, rief Herr Bönninghausen dazwischen. »Sonst schmilzt die ganze Pampe unter dem Scheinwerferlicht!«
»Und dann verfärben die Tausender«, näselte Sascha ungefragt.
Bönni, der Köter, wedelte mit dem Schwanz.
»Kamera läuft!«, brummte einer von den dunklen Männern aus der dunklen Sitzecke.
»Und Ton!«
»Läuft!«
»Lieber Entführer«, sagte ich säuerlich in Kamera eins. »Bitte, gib mir mein Kind zurück. Du bekommst das geforderte Lösegeld …«
»Stopp, aus! Ende! Sie soll ›WÖRT-FLÖRT-TÖRT‹ sagen!« Herr Bönninghausen war hörbar verärgert.
»Entführung die Zweite!«, brummte der dunkle Mann. »Kamera läuft!«
»Und Ton!«
»Und Licht!«
»Und bitte!«
»Ich kann auch ›SERVUS, lieber Entführer‹ sagen«, bot ich an. »Wegen der Bayern.«
»KAMERA LÄUFT!«
Bönni bellte. Oda-Gesine trat nach ihm.
»Lieber Entführer. ›WÖRT-FLÖRT-TÖRT‹ und die Firma ›NESTI-SCHOCK‹ und DER SENDER und … äh … wer noch?«
»Aus!«
»Mann, Mädchen! Ohne Neger geht bei dir aber auch nichts«, schimpfte Herr Bönninghausen. »Kann ihr das mal einer negern?«
»Frau Stein ist VERSTÄNDLICHERWEISE aufgeregt!« Oda-Gesine malmte nervös knirschend ein kaltes Kotelett. Der fettige Knochen brachte Bönni, den seibernden Köter, schier um den Verstand. Devot hechelte er um seine Herrin herum.
»Wech, Bönni, du störst. Kinder, was macht ihr mich alle nervös!« Oda-Gesine griff nach einem »Wört-Flört-Tört«. »Ich brauch Nervennahrung. Leute, wir sind in Eile! Oder wollt ihr, dass die Konkurr…«, Oda-Gesine unterbrach sich, »… dass das arme Baby nie gefunden wird?«
»Oder wollt ihr, dass die Eislümmel die Tausender versauen?!«, brüllte Herr Bönninghausen dazwischen.
Sascha und einer der dunklen Männer machten sich sehr eifrig daran, mit einem dicken Filzstift auf ein großes Stück Pappe die Worte »NESTI-SCHOCK«, DER SENDER, »WÖRT-FLÖRT-TÖRT« und ZEHN MILLIONEN MARK zu schreiben.
»Los jetzt, Mädchen! Wir sind doch nicht zum Vergnügen hier!«, brummte der dunkle Mann vom Sofa.
»Kamera!
»Ton!«
»Licht!«
»Und: Entführung die Dritte!«
»Lieber Entführer … Servus und Gruezi übrigens … Die Firma ›NESTI-SCHOCK‹, DER SENDER und ›WÖRT-FLÖRT- TÖRT‹ sowie der neue EISLÜMMEL FÜR VERLIEBTE stellen dem Entführer zehn Millionen Mark zur Verfügung, in nicht numerierten Scheinen. Bitte gib ein Lebenszeichen von dir und bring mir mein Paulinchen unversehrt zurück. Ich verzeihe dir, du Regen-Schelm.« Ich schnaufte.
»Was sollte das mit dem Regenschirm jetzt wieder?«, fragte Herr Bönninghausen verärgert.
»Das ist ein internes Kürzel.«
»Dann sagen Sie
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