Der Gesandte der Götter (German Edition)
dass Chiron zurück ist, wird es sich erheben und mich verjagen, wenn nicht sogar Schlimmeres! Tue endlich etwas, du großer Magier, sonst kostet es dich deinen Hals!“
Auf Xoras‘ hagerer Stirn schwollen die Zornesadern. Hoch aufgerichtet stand er von Menas und blickte drohend auf ihn herab.
„Wie redest du mit mir, du Wurm?“ zischte er. „Um dich zu vernichten, ist meine Macht groß genug. Wage nicht noch einmal, dich so gegen mich zu betragen! Denn wenn ich meine Hand von dir abziehe, du elender Feigling, werfen dich die geringsten deiner Diener den Schweinen zum Fraß vor. Was wärest du denn ohne mich? Ein verhätschelter Niemand, der seine Machtgelüste an seinen Hunden auslässt! Wer hat dich auf den Thron gesetzt und dir die Herrschaft über Varannia gegeben? Bilde dir jedoch nicht ein, du habest jemals auch die Macht gehabt. Der wahre König dieses Landes bin ich! Dich brauchte ich nur als Marionette, um nach außen hin den Schein zu wahren. Kommst du mir jedoch so, werde ich mir überlegen, ob du mir jetzt noch von Nutzen bist. Und jetzt reiß dich zusammen, du Jammerlappen, und tue, was ich dir jetzt auftrage! Dann werde ich vielleicht gnädig sein und deinen erbärmlichen Hals auch retten.“
Menas starrte mit weit aufgerissenen Augen, in denen sich Fassungslosigkeit und maßloses Entsetzen spiegelten, auf die drohend vor ihm aufragende Gestalt des Magiers. Es schien ihm, als käme bei den immer lauter werdenden Worten des Zauberers eine unheimliche Dunkelheit über den Raum und die hagere Gestalt werde größer und größer.
Zitternd kauerte er im Sessel und wagte nicht mehr, sich zu rühren. Und mit einmal erkannte er die furchtbare Wahrheit in Xoras‘ Worten: Er war ein Spielball in der Hand des Magiers gewesen! Xoras hatte ihn manipuliert wie ein Kind, dem man Spielzeug schenkt, damit es die Wege der Erwachsenen nicht stört. Mit Grauen erkannte er die schreckliche Gewissheit seines Schicksals. In seinem Hochmut hatte er nicht gesehen, wie geschickt Xoras bereits die Fäden gewoben hatte, so dass alle Enden in seiner Hand zusammenliefen.
Menas fürchtete im Augenblick nicht so sehr um sein Leben, er ahnte, dass Xoras weit Schlimmeres mit ihm plante. Hatte er nicht oft genug erlebt, wie der Magier Menschen seinen Willen aufzwang, so dass sie wie seelenlose Puppen nur noch seinen Anweisungen folgten? Er hatte Männer gesehen, die nach monatelanger Unterjochung ihres Geistes hilflose Idioten blieben, wenn Xoras sie aus seinem Bann entließ. Die Gesichter der Frauen zogen vor seinen Augen vorbei, die der Magier ihm und sich zum Vergnügen zu willenlosen, hündisch ergebenen Sklavinnen gemacht hatte.
Wenn er also nicht auch als geifernder Idiot enden wollte, musste er sich dem Magier fügen, und wenn auch nur zum Schein, bis sich vielleicht einmal die Gelegenheit bot, Xoras zu beseitigen.
Die Hoffnung auf diese tückische Möglichkeit ließ ihn etwas ruhiger werden. Sollte Xoras doch erst einmal die unmittelbar drohende Gefahr abwenden! Dann würde man weiter sehen.
So zwang sich Menas dazu, mit unterwürfigem Blick zu fragen, welche Anordnungen er für den Magier geben solle. Xoras sagte ihm, was er zu tun habe, und Menas glaubte, den Zorn des Magiers besänftigt zu haben.
Doch dieser hatte den König längst durchschaut. Ein hämisches Funkeln glomm in den dunklen Augen auf und ein spöttisches Lächeln zuckte um den grausamen Mund des Magiers, als Menas hinausging, um die Befehle weiterzuleiten.
Xoras wusste genau, was Menas plante, und er freute sich schon darauf, das Spiel auf seine Art zu beenden. Menas würde sich noch wundern! Er würde sich schon etwas ganz Besonderes für den großspurigen Feigling ausdenken. Und auch mit Chiron und Soradan würde er schon fertig werden, wenn er nur erst herausbekommen hatte, wer hinter den beiden stand.
Xoras war sich seiner Sache sicher, denn er wusste, dass es nur wenige seiner Art gab, die seiner Macht vielleicht etwas entgegenzusetzen hatten. Und das, was er bis jetzt von seinem unbekannten Widersacher zu sehen bekommen hatte, deutete noch nicht auf einen dieser großen Magier hin.
Die finsteren Mächte, derer Xoras sich bediente, waren stark! Er fürchtete nichts.
*****
Soradans Plan schien aufzugehen. Bei der Stadt Koranor stellten sich Menas‘ Truppen zum ersten Mal zum Kampf.
Die varannischen Truppen waren an Zahl jedoch so gering, dass es bald klar wurde, dass dieser Kampf nur begonnen wurde, um Zeit
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