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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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mehr von den Djinn.
    Der Vorfall war ein Zeichen für die zunehmende Gereiztheit und Unruhe der Männer, die Kadar seit zwei Wochen beobachtete. Es lag an dem Zepter. Sie alle waren Zeugen seiner Heilkraft gewesen, dennoch fürchteten sie es. Er konnte es ihnen nicht verdenken. So sehr er die Macht des Zepters genoss, so sehr spürte er auch, dass dessen Kräfte fremd und dunkel waren … und weitaus mehr bewirken konnten, als Wunden und Krankheiten zu heilen. Sein Gefühl auf der Überfahrt nach Trapezunt hatte ihn also nicht getäuscht: Ibn-Marzuq hatte ihm wirklich etwas verschwiegen. Vielleicht war die eigentliche Bestimmung des Zepters eine ganz andere. Sowie die Angelegenheit mit al-Tufail erledigt war, musste er mehr darüber herausfinden.
    Außerdem war da noch die Sache mit Bazerat … Wie konnte er den Männern ihre Beunruhigung vorwerfen, wenn er selbst sich ständig im Sattel umdrehte und den Horizont nach Verfolgern absuchte? Sie kannten ihn als einen Mann, der nur wenige Dinge fürchtete, und ihn so vorsichtig zu sehen verunsicherte sie. Zumal sie immer noch kein Lebenszeichen von dem Ritter und seinen Begleitern entdeckt hatten. Aber immer wenn er sich fragte, ob seine Wachsamkeit nicht übertrieben war, sagte ihm eine Ahnung, dass er Bazerat nicht zum letzten Mal gesehen hatte.
    Ich hätte dabeibleiben sollen, bis die Mongolen ihm den Kopf abgeschlagen haben, dachte er voller Zorn auf sich selbst. Dann könnte
ich jetzt meine ganze Aufmerksamkeit auf al-Tufail richten. Alles wegen meiner verdammten Ungeduld!
    Kadar zwang sich, Bazerat für eine Weile zu vergessen und seine nächsten Schritte zu durchdenken.
    Sie hatten den Euphrat nördlich von Samosata überquert und waren seinem Verlauf mehrere Tage gefolgt. Seit heute Morgen war der Strom außer Sicht geraten, denn er floss in weiten Windungen ostwärts, während sie nach Süden ritten. Gegen Abend änderte Kadar die Richtung und führte seine Schakale zu einer Oase, bei der er als Kind einige Male mit seinem Stamm gewesen war. Damals hatten immer einige Beduinen dort gelagert. Daran hatte sich auch nach zwanzig Jahren nichts geändert: Obwohl einer der zwei Ziehbrunnen inzwischen versandet und der Bestand der Feigenbäume und Dattelpalmen merklich geschrumpft war, säumten Kamelhaarzelte den zwischen niedrigen Hügeln gelegenen Hain.
    Während seine Männer an den Bewässerungsgräben die Pferde tränkten und ihre Schläuche füllten, näherte sich Kadar dem Lager der Beduinen. Es handelte sich um einen kleineren Stamm, dem etwa vierzig Menschen angehörten. Kinder tollten bei den Ziegen herum, die auf einer kargen Wiese weideten. Frauen saßen vor den Zelten, bürsteten Kamelhaar aus und buken Brot auf heißen Steinen. Als Kadar den Duft der frischen Laibe roch, stiegen unwillkommene Erinnerungen in ihm auf, und er sah sich wieder neben seiner Schwester liegen und ihrer Geschichte von Harun al-Rashid lauschen, während draußen in der Dunkelheit Trommeln den Takt für einen wilden Schwerttanz schlugen … kurz bevor Ashwaq al-Tufails Reiter kamen und alles endete. Wenn dein Vater sie zurückgeschlagen hätte, würdest du heute leben wie diese Menschen, flüsterte eine Stimme in seinem Innern. Sein Zorn erwachte, und er rief sich ins Gedächtnis, warum er hergekommen war.
    Er begrüßte einen jungen Beduinen, der im Schatten einer Palme seinen Sattel flickte, und erkundigte sich nach dem
Scheich des Stammes. Der Krieger wies auf ein Zelt in der Mitte des Lagers.
    Der Mann, den er suchte, hatte ein schlankes Gesicht mit harten Augen, lange, sehnige Arme und einen von weißen Haaren durchsetzten kurzen Kinnbart. Er hatte den Turban abgenommen, sein Schädel war blank. Als Kadar die Zeltplane zur Seite schlug und geduckt das Innere betrat, schälte der Scheich mit einem gekrümmten Messer eine Orange. Im Schatten bemerkte er zwei weitere Männer, die sich leise unterhielten. Ihr Gespräch verstummte, und drei Augenpaare fixierten ihn.
    »Wer bist du?«, fragte der Scheich.
    »Kadar al-Munahid, Abduls Sohn.«
    Abdul al-Munahid war vor zwanzig Jahren ein Name gewesen, den in der Wüste viele gekannt hatten. Die Miene des Scheichs verriet nicht, ob er sich an ihn erinnerte.
    »Er ist der aqid der Reiterschar, die von Nordwesten gekommen ist«, sagte einer der beiden Männer. Er war jünger als der Scheich, dem Aussehen nach ein naher Verwandter.
    Die dunklen Augen des Scheichs ruhten auf Kadar. Er legte Orange und Messer auf ein Tuch und sagte: »Ein

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