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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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die Israelis allerdings niemals ihr Plazet erteilt hätten, wäre Tel Aviv nicht einbezogen worden. Viele europäische Staaten hatten damals die Absicht, solche Dreiecksbeziehungen anzuknüpfen, doch nur in diesem einen Fall kam sie zustande. Bald entwickelte sich ein lebhafter Austausch zwischen Bethlehem und Köln, die Bläck Fööss traten im Geburtsort Jesu auf, und als dort eine Fußgängerzone angelegt wurde, stiftete die Stadt Köln einen Gedenkstein, der ins Pflaster eingelassen wurde. 2003 wurde dieser Stein, dessen Inschrift von der Freundschaft einer deutschen und einer palästinensischen Stadt kündete, von den Ketten eines israelischen Panzers zermalmt.
    Irgendwann nahmen die Israelis eine ablehnende Haltung gegenüber Wischnewski ein, auch die Politiker der Arbeiterpartei, weil sie den Eindruck gewonnen hatten, er halte es mit den Palästinensern. Umso enger wurden seine Beziehungen zu Arafat. Bereits schwer krank und an den Rollstuhl gefesselt, nahm Wischnewski nach Arafats Tod 2004 sogar den Flug nach Kairo auf sich, um an der offiziellen Trauerzeremonie teilzunehmen, doch war es ihm nicht vergönnt, seinem Freund die letzte Ehre zu erweisen, weil die Maschine der deutschen
Delegation wegen des Andrangs von Flugzeugen aus aller Welt im Luftraum über Kairo nicht rechtzeitig landen konnte. Im Jahr darauf starb auch Ben Wisch.
    Es herrschte nun eine allgemeine Aufbruchstimmung in den deutsch-palästinensischen Beziehungen. Noch im selben Jahr 1994 eröffnete die Bundesrepublik – vor allen anderen Staaten – eine Vertretung bei der Autonomiebehörde in Jericho. Ihr erster Chef war Martin Kobler, ein ungemein engagierter Mann. Selbst wenn es Probleme mit palästinensischen Waren in israelischen Häfen gab, wenn Importe nicht hereingelassen wurden, wenn palästinensische Schnittblumen auf den Hafenkais von Jaffa zu vertrocknen drohten, war Martin Kobler zur Stelle, und während der Bauarbeiten am Flughafen in Rafah war er ständiger Gast auf der Baustelle. Er legte einen Eifer an den Tag, als ginge es um sein eigenes Land; mit ihm zu arbeiten war die reine Freude. Ähnliche Erfahrungen machten wir auch mit seinen Nachfolgern.
    Rasch machte es sich jede deutsche Delegation, die sich in Israel aufhielt, zur Gewohnheit, auch die palästinensischen Autonomiegebiete zu besuchen. Außenminister Kinkel kam nach Gaza, wo er in einem Flüchtlingslager mit Schülern am Strand Basketball spielte. Er galt als proisraelisch, bezeichnete dennoch die israelische Siedlungspolitik in seinen Pressekonferenzen als eine Gefahr, war voll guten Willens und tat alles, was in seinen Kräften stand, um die Umsetzung des Oslo-Abkommens zu unterstützen. Johannes Rau (der Arafat vor dessen Eheschließung den freundschaftlichen Rat erteilt hatte, zu heiraten) besuchte Palästina sowohl als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen als auch als Bundespräsident. Rau ließ sich dabei auch von einem persönlichen Beweggrund leiten. Wie jeder andere absolvierte er ein politisches Programm, legte zum Beispiel in Jenin den Grundstein zu einem Industriegebiet, wandelte als frommer Christ in Palästina aber auch auf den Spuren Jesu Christi und zeigte sich
tief beeindruckt von seinem Besuch in der Geburtskirche zu Bethlehem.
    Im Sommer 1995 reiste Bundeskanzler Kohl mit einer 70-köpfigen Delegation an und wurde von Arafat in Jericho mit ausgesuchter Freundlichkeit empfangen und bewirtet. Kohl kam aus Israel, war vorher mit Peres und Rabin zusammengetroffen, und Rabin hatte ihm bei dieser Gelegenheit ans Herz gelegt, Arafat nach Möglichkeit zu unterstützen. Vielleicht hatte es dieser Empfehlung bedurft, jedenfalls war Kohl wie ausgewechselt, legte seine frühere Reserviertheit vollständig ab und zeigte sich als guter Pfälzer, jovial und genussfreudig – fast hatte ich Angst, Arafat könnte ihn zu sehr umschmeicheln. Der »Weihnachtsmann« stand zwar immer noch in seinem Notizbuch, aber aus seinem Herzen hatte Arafat ihn getilgt.
    Besondere Erwähnung verdient an dieser Stelle Carl-Dieter Spranger, damals Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Es war nämlich Spranger zu verdanken, dass die neuen palästinensischen Briefmarken wie auch die palästinensischen Pässe in Deutschland hergestellt wurden. Das Projekt ging auf eine Idee von Wischnewski und mir zurück, aber Spranger zögerte mit seiner Zusage nicht eine Minute, als ich ihm unseren Plan unterbreitete, obwohl sich die Kosten für die deutsche

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