Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
Vom Netzwerk:
Regierung auf nicht weniger als 3 Millionen DM beliefen. Wischnewski sprach daraufhin mit Rüdiger Bock und Hans Zerbel von der Bundesdruckerei, ich bemühte mich um Künstler, die die Briefmarken gestalten sollten, und schließlich machten sich vier deutsche und drei palästinensische Künstler an die Arbeit. Das Ergebnis waren die schönsten Briefmarken der arabischen Welt, nicht zuletzt deshalb, weil die unbezahlbare Erfahrung der Bundesdruckerei auf technischem und künstlerischem Gebiet in unsere Briefmarken eingeflossen war.
    Pässe und Briefmarken waren also ein Geschenk des deutschen Volkes an das palästinensische Volk, und ein großartiges
Geschenk, weil beides die Souveränität und Unabhängigkeit jenes Staates symbolisierte, der im Entstehen begriffen war. Arafat war über alle Maßen erfreut. Und wir revanchierten uns mit den »Freunden Palästinas«, einer Briefmarkenserie, die Arafat in einer Bildmontage mit den deutschen Politikern Gerhard Schröder, Johannes Rau sowie Hans-Jürgen Wischnewski zeigte. Der einzige nicht-deutsche Politiker, der auf diese Weise als Freund gewürdigt wurde, war der französische Staatspräsident Jacques Chirac. Die Zusammenarbeit mit der Bundesdruckerei war eines der erfolgreichsten deutsch-palästinensischen Projekte überhaupt, sie währte über Arafats Tod hinaus bis zum Jahr 2005.
    Leider kam es bei der Auslieferung der Pässe 1996 zu einem Zwischenfall. Damals wurden nicht nur 1,5 Million Pässe in Lastwagen von Kairo nach Gaza transportiert, sondern auch die dazugehörigen Lesegeräte für die Überprüfung dieser Pässe, und während ich die Lieferung in Gaza-Stadt erwartete, hielten die Israelis den Transport in der Grenzstadt Rafah fest und zwangen die Fahrer, die gesamte Ladung von den Fahrzeugen herunterzuholen und in einem Gebäude der israelischen Armee unterzustellen. Als die Israelis die Ladung anderntags wieder freigaben, waren sämtliche Lesegeräte so stark demoliert, dass sie nicht mehr zu gebrauchen waren. Die Israelis gaben den Ägyptern die Schuld. Joachim Demitter von der Bundesdruckerei, der den Transport begleitete, war indes sicher, dass die Ägypter mit den Lesegeräten gar nicht in Berührung gekommen waren – er hatte die Ladung auf dem Flughafen von Kairo keinen Augenblick aus den Augen gelassen.
    Der CSU-Mann Spranger, sicherlich kein Arafat-Freund der ersten Stunde, zeigte sich uns gegenüber jedenfalls außerordentlich hilfsbereit. Als er 1995 nach Gaza kam, gehörten seiner Delegation auch zahlreiche Vertreter der deutschen Wirtschaft an. Viele deutsche Konzerne sahen damals ihre Chance in Palästina, und etliche ließen sich bei ihren Angeboten sogar
von offener Sympathie für das Projekt einer palästinensischen Staatsgründung leiten. So entwickelte Mercedes etwa kostenlos ein Konzept für die Verkehrsplanung in den Autonomiegebieten, und Thyssen-Krupp wurde bei Arafat mit einem Entwurf für kleine Industrieparks vorstellig, durch die, übers ganze Land verteilt, Arbeitsplätze geschaffen werden sollten; Siemens wiederum lieferte die Technik für den Flughafen in Rafah, und RWE (Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk) bildete Palästinenser in Kraftwerkstechnik aus. Mitte der 90er-Jahre ging es wirklich mit großen Schritten voran. Die Aufbruchstimmung teilte sich damals jedem Besucher mit, der Staat Palästina schien zum Greifen nahe, Baustellen bestimmten in Gaza das Bild. Arafat war zuversichtlicher denn je, fuhr unablässig von einem Projekt zur anderen und begutachtete zufrieden die Fortschritte. Seinerzeit sagte Spranger zu mir: »Sie haben sich durch einen Felsen aus Granit gebohrt.«
    Arafat übrigens reiste noch mehrmals nach Deutschland – in den Jahren 1994, 1995, 1998 und 2000 als Gast der Bundesregierung, bei anderen Gelegenheiten auf private Einladung hin. Dazu noch eine Begebenheit, die Arafats Popularität in Deutschland illustriert.
    Arafat hatte 1995 den Deutschen Medienpreis zugesprochen bekommen und in Baden-Baden entgegengenommen. Diese international anerkannte Auszeichnung wurde an Personen verliehen, die im Vorjahr für erfreuliche Schlagzeilen gesorgt hatten. François Mitterrand hatte sie als Erster erhalten, danach waren Helmut Kohl und Nelson Mandela, später auch Bill Clinton damit bedacht worden. 1996 folgte König Hussein auf Arafat als Preisträger, und diesmal war nicht nur Arafat erneut in Baden-Baden anwesend, sondern auch Peres, damals israelischer Ministerpräsident. Arafat wohnte in

Weitere Kostenlose Bücher