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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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verstanden es, die Eindringlinge für gezielte militärische Aktionen
gegen israelisches Militär und israelische Einrichtungen zu gewinnen. Die drei planten die Anschläge, sie rekrutierten auch die Freiwilligen in den Flüchtlingslagern, und so kam es tatsächlich zu einem bewaffneten Widerstand, wie ihn Abu Dschihad in zahllosen Reden beschworen hatte, wie ihn Mohammed, er und Hamad el-Aydi bei ihren konspirativen Treffen in unserem Orangenhain in seinen Grundzügen entworfen hatten. Wir nannten diese Partisanen Fedajin – ein Name, der auch im Ausland bekannt wurde.
    Unterstützung erhielten die Fedajin bald auch von ägyptischer Seite. Was keineswegs selbstverständlich war, denn die Ägypter hatten sich verpflichtet, den Waffenstillstand mit Israel zu respektieren und Widerstandskämpfer, deren sie habhaft wurden, ins Gefängnis zu werfen. In Wirklichkeit hielt keine Seite den Waffenstillstand ein. Entlang der Grenze kam es immer wieder zu Gefechten zwischen ägyptischen und israelischen Soldaten, die Aktionen der Fedajin fanden also vor dem Hintergrund permanenter Kämpfe statt, und natürlich waren die Kenntnisse und Informationen der Fedajin dem ägyptischen Geheimdienst willkommen. Doch auch das ägyptische Militär gab seinen anfänglichen Widerstand gegen die Partisanen auf. 1954 beschossen die Israelis Gaza-Stadt mit Kanonen, woraufhin der ägyptische Offizier Mustafa Hafez alle inhaftierten Fedajin aus den Gefängnissen holte und ihnen die Zerstörungen zeigte, die das israelische Bombardement angerichtet hatte. Danach war es ein Leichtes, sie für Racheaktionen in Israel zu gewinnen. Die Ägypter entschlossen sich sogar zur Aufstellung einer eigenen palästinensischen Armee, die den Namen Palestine Liberation Army (PLA) erhielt. Im Februar 1955 kam es dann zu dem Anschlag auf die vierundzwanzig Rekruten, dessen entsetzter Zeuge ich geworden war. Von den Israelis als Abschreckungsmaßnahme gedacht, war er Wasser auf die Mühlen von Mohammed, Abu Dschihad und Hamad el-Aydi.

    Was bekam ich, der Elf-, Zwölfjährige, von der Untergrundarbeit dieser drei mit? Ich bewunderte Abu Dschihad, seitdem ich ihn als Redner erlebt hatte. Zu den geheimen Treffen im Orangenhain war ich natürlich nicht zugelassen. Aber wenn Mohammed auch Stillschweigen bewahrte, so machten seine Freunde doch Andeutungen, ließen hier und da ein Wort fallen, auf das ich mir einen Reim machen konnte, oder ich erlebte, wie Eindringlinge mit ihren Waffen aus Israel zurückkehrten und von ihren Erlebnissen berichteten. Ich wurde nicht fortgeschickt. Sie brachen ihre Gespräche nicht ab, wenn ich dazukam. Und mit der Zeit konnte ich mir aus diesen Andeutungen und Erzählungen ein Bild machen. Vielleicht war es sogar die Absicht meines Bruders, mich auf diese beiläufige Art einzuweihen. Auf jeden Fall genossen Mohammed, Abu Dschihad und Hamad el-Aydi meine Sympathie.

Der Suezkrieg
    Wenn man bedenkt, wie nervös mancher arabische Führer später auf die Gründung der Fatah reagierte, auf welche Skepsis die Strategie der Fatah in der arabischen Welt stieß, wer sich alles zum Vormund der Palästinenser berufen fühlte, wie viele arabische Staaten die Befreiung Palästinas zu ihrer ureigenen Angelegenheit erklärten – dann hätten Abu Dschihad, Mohammed und ihre Fedajin eigentlich nie eine Chance haben dürfen, in den Gang der Ereignisse einzugreifen. Allein von einer autonomen palästinensischen Befreiungsbewegung zu sprechen, war für Staaten wie Syrien, Irak oder Jordanien schon nicht hinnehmbar. Da gab es eifersüchtig gehütete Machtmonopole, die man durch solche palästinensischen Eigenmächtigkeiten gefährdet sah, und davon abgesehen – konnten die Aktionen der Fedajin die arabische Welt nicht in einen Krieg mit Israel stürzen, für den sie nicht gerüstet wäre? Wenn die Gründer der Fatah dennoch erfolgreich gegen den Strom schwammen, dann nicht zuletzt wegen jenes Mannes, den Mohammed und Abu Dschihad im Jahr 1954 in Kairo aufsuchten: Yassir Arafat.
    Es war ihre erste Begegnung. Arafat, 1929 geboren und damit um einiges älter als seine beiden Besucher, absolvierte zu dieser Zeit ein technisches Studium an der Universität Kairo mit dem Ziel, Tiefbauingenieur zu werden, war als Vorsitzender des Vereins palästinensischer Studenten in Kairo aber auch schon politisch aktiv. Unabhängig voneinander hatten Mohammed und Abu Dschihad einerseits, Arafat und etliche seiner Kommilitonen andererseits, dieselben Vorstellungen
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